Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0283 - Im Banne der grauen Schatten

0283 - Im Banne der grauen Schatten

Titel: 0283 - Im Banne der grauen Schatten
Autoren: Im Banne der grauen Schatten
Vom Netzwerk:
die man durch das Schaufenster hindurch gut erkennen konnte. Van Geeren legte zwei Dollar-Noten auf den Tisch.
    »Wenn Sie mal ins Kino gehen wollen«, brummte er dabei. »Vielen Dank, Miss Fairley! Auf Wiedersehen!«
    »Auf Wiedersehen, Sir«, sagte das Mädchen. Aber sie sah nur Handy dabei an.
    Van Geeren bemerkte den Blick wohl, tat aber, als sei er plötzlich blind geworden. Auch der verdächtige Umstand, dass Handy Lords ein bisschen rot wurde, blieb ihm nicht verborgen. Draußen auf der Straße sagte van Geeren: »Für Verheiratete gibt es etwas mehr Gehalt, Handy.«
    Handy verdrehte die Augen. Aber als blutjunger Anfänger wagte er es nicht, seinem Chef zu widersprechen. Schweigend gingen sie über die Straße, zur Ecke und in die Querstraße hinein. Van Geeren hatte sich eine Zigarre angesteckt und machte das friedliche Gesicht eines erfolgreichen Geschäftsmannes, der gerade ein gutes Geschäft abgeschlossen hat. Handy wunderte sich wieder einmal darüber, wie einfältig van Geeren aussehen konnte, wenn er es nur wollte.
    »Wenn Sie mit Ihrer genialen Theorie recht haben, Handy«, brummte der Lieutenant unterwegs leise, »nämlich, dass sich dieser Field den zweiten Karton einfach aus dem Papierkorb geschnappt hat, wohin Bollinger ihn geworfen hatte, dann dürfen Sie in Zukunft Hendrik zu mir sagen.«
    »Ja, Sir«, erwiderte Lords und wusste ganz genau, dass er es gar nicht fertigbringen würde, den Lieutenant so vertraulich anzusprechen.
    Das Haus war ein verfallener Mietsblock, von dessen Fassade der Verputz bröckelte. Einige Fenster waren zerbrochen und nicht ausgewechselt worden. Stattdessen hatte man die fehlenden Scheiben durch Pappstücke ersetzt.
    Schmutzige Kinder spielten in der Gosse. Ein höchstens achtjähriger Bengel rauchte eine Zigarette. An den Hauswänden gab es Inschriften, die selten richtig geschrieben, dafür aber von einprägsamer Deutlichkeit im Wortschatz waren.
    Van Geeren betrat das Haus als Erster. Im Flur lehnte ein vierzehnjähriges Mädchen an der Wand und fragte van Geeren: »Sir, haben Sie zehn Cents für mich?«
    »Zwanzig, wenn du mir sagst, wo Louis Field wohnt«, erwiderte der dicke Lieutenant. »Aber leise! Wir wollen ihn überraschen.«
    »Unterm Dach, Sir. Die letzte Kammer auf der rechten Seite.«
    »Danke.«
    Van Geeren drückte dem Mädchen ein Fünfzigcentstück in die ungewaschene Hand. Ächzend begann er gleich darauf, die ausgetretene Treppe hinaufzusteigen. Als er das Dachgeschoss erreicht hatte, lief ihm der Schweiß in Strömen über Gesicht, Hals und Brust.
    »Sie tun immer genau das Gegenteil von dem, was ich tue«, raunte er Handy Lords zu. »Wenn ich brülle, sind Sie freundlich zu ihm und umgekehrt, kapiert?«
    »Ja, Sir!«
    »Dann los!«
    Van Geeren hielt sich nicht mit überflüssigen Formalitäten auf. Er stieß die Tür einfach auf, war sehr behände trotz seiner Fettleibigkeit über die Schwelle gesprungen und hatte den etwa zwanzigjährigen Burschen, der auf einem schmutzigen Bett lag, auch schon mit einem einzigen Griff heruntergerissen, noch bevor Handy richtig wusste, was geschah.
    »Na also, da haben wir ja unseren Blumenmörder«, sagte van Geeren.
    Der Junge rappelte sich auf die Beine. Er brauchte nur ein paar Sekunden, um den ersten Schock der Überraschung zu überwinden. Dann aber holte er plötzlich aus.
    Van Geeren schlug mit der flachen Hand zu. Zwei-, dreimal klatschte sie abwechselnd von rechts und links in das Gesicht des Jungen. Aber es saß so viel Kraft in diesen Ohrfeigen, dass der Junge gegen die nächste Wand flog.
    »Das versuch noch einmal mit mir«, raunzte van Geeren grob. »Mit Wanzen von deiner Art habe ich schon gespielt, als ich zwanzig Jahre jünger war. Setz dich auf den Stuhl!«
    Mit dem Fuß schob ihm der Lieutenant den einzigen Stuhl hin, den es im Zimmer gab. Der Junge hielt sich das Gesicht, in dem die fünf Finger des Lieutenants auf jeder Wange rot nachgezeichnet brannten.
    »Bitte, setzen Sie sich doch«, sagte Handy fast bittend.
    Er erntete einen ungläubigen Blick des Jungen, in dem doch schon der erste Hoffnungsschimmer aufflackerte.
    »Für wen hast du gestern früh die Rosen gekauft?«, herrschte van Geeren ihn an.
    »Antworten Sie schnell!«, rief Handy rasch, als ob er den Jungen vor etwas warnen wollte. Und tatsächlich fuhr van Geerens Hand bereits wieder in die Höhe. Handy macht das sehr geschickt, dachte der Lieutenant. Hoffentlich fällt der Junge drauf rein. Ich prügle doch nicht so etwas
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher