Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0278 - Tupilak, das Schneemonster

0278 - Tupilak, das Schneemonster

Titel: 0278 - Tupilak, das Schneemonster
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
berichten sich lohnte. Und so wurde der Bericht über das Morden des geheimnisvollen Tupilak in vielen großen Zeitungen Europas ausgeschlachtet.
    Einer der Menschen, die diesen Artikel lasen, war Professor Zamorra.
    ***
    Nicole Duval, seine bezaubernde Sekretärin und Lebensgefährtin in einer Person, unterbrach Zamorra. Sie hatte, wie es zu ihren täglichen Pflichten gehörte, wenn sie sich im Château Montagne im schönen Loire-Tal aufhielten, die eingegangene Post sortiert. Werbebriefe, wie sie zum Leidwesen vieler braver Bürger auch in Frankreich immer mehr in Mode gerieten, bekamen den Stempel »Zurück an Absender« aufgedrückt.
    Geschäftspost wurde nach Wichtigkeit sortiert, unwichtige Dinge von Nicole selbst erledigt und die wichtigen dem Professor für Parapsychologie vorgelegt. Zamorra haßte nichts mehr als Post. Täglich trudelten Waschkörbe von Briefen ein, die beantwortet werden mußten. Meist handelte es sich um Leute, die von Zamorras »Wundertaten« gelesen hatten und sich von ihm Ratschläge erhofften, um ihrem Hausgespenst oder ihrer Wermaus erfolgreich zuleibe zu rücken.
    Nicole kannte da keine Gnade. Sie nahm Formblatt drei. Das verschreckte meist auch den hartnäckigsten Bittsteller.
    Der letzte, für Zamorra angenehmere Teil, war die kärgliche Privatpost.
    Eine Ansichtskarte war darunter, mit elegant geschwungener Hand beschriftet. Nicole legte sie Zamorra auf den Zeitungsartikel, den er gerade durchstudierte. Der hochgewachsene, durchtrainierte Mann, der eher einer Mischung aus Filmschauspieler und Sportler glich, hob den Kopf. »Was ist das?«
    »Post«, verriet Nicole überflüssigerweise.
    Zamorra las den Text. »Herzliche Grüße aus der Stadt der Künste und Kongresse – Silvia Roth.«
    »Wer ist das? Woher kennst du sie?« wollte Nicole wissen. Urtypische weibliche Eifersucht war in ihr erwacht.
    Zamorra legte die Stirn in Falten. »Laß mich überlegen… Silvia… ja, ich hab’s! Wir haben sie seinerzeit auf dem wallensteiner Campingplatz kennengelernt, wo auch Petra Gonzales aufkreuzte, die Ungläubige!« Kurz durchfuhr ihn die Erinnerung an jene Zufallsbekanntschaft.
    Petra Gonzales, die sich als in Kalifornien beheimatete spätere wissenschaftliche Leiterin der Antarktis-Expedition entpuppte, die vierzig Meter unter dem ewigen Eis eine Blaue Stadt entdeckte. Nun, damals beim Kennenlernen war auch die sympathische Silvia im Spiel gewesen.
    Nicole zuckte mit den Schultern. »Also keine Konkurrenz«, stellte sie fest.
    Zamorra lächelte, streckte den Arm aus und zog sie zu sich auf die Lehne des Schreibtischsessels. Er küßte sie. »Hast du schon jemals Konkurrenz zu fürchten gehabt, Nici?« fragte er.
    Es bedurfte keiner Antwort. Auch wenn sie beide weder Ring noch Trauschein band – beim Anblick von Eheringen pflegte Zamorra aus J.R.R. Tolkiens »Herrn der Ringe« zu zitieren: »Ein Ring sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu stoßen und ewig zu binden«, worauf Nicole stets etwas von einem »alten Lästermaul« verkündete –, trotz allem waren sie durch ein stärkeres Band miteinander verknüpft, einem Band, das von nichts und niemandem zu zertrennen war: die Liebe. Sie liebten einander, sie brauchten einander, und sie waren einander treu. Für Zamorra gab es keine andere Frau, wie es für Nicole keinen anderen Mann gab. Ohne einander waren sie im Grunde nicht einmal lebensfähig. Vielleicht auch eine Folge des gegenseitigen grenzenlosen Vertrauens…
    Nicole erwiderte seinen Kuß. Dabei fiel ihr Blick auf die aufgeschlagene Zeitung. Die Schlagzeile tat es ihr an. Als Zamorra feststellte, daß sie beim Küssen reichlich unkonzentriert war, war sie bereits in den Artikel vertieft.
    »Was, bitte, Zamorra, ist ein Tupilak?«
    Zamorra stutzte, ließ sich ihren Gedankensprung erklären und las den Artikel quer. Schulterzuckend lehnte er sich zurück.
    »Der Tupilak«, referierte er aus dem Gedächtnis, »gehört zur Sagenwelt der Innuit.«
    Damit konnte Nicole herzlich wenig anfangen. Sie wußte zwar eine ganze Menge, aber derlei Dinge gehören nicht unbedingt zur lebensnotwendigen Allgemeinbildung. Selbst dann nicht, wenn man sich mit übersinnlichen und fantastischen Dingen befaßte.
    »Oh«, murmelte Zamorra. Er begann auszuholen und zu erklären.
    »Die Innuit sind jenes Volk, das von uns Weißen Eskimos genannt wird. In Wirklichkeit ist ›Eskimo‹ ein Spottwort und heißt ›Rohfleischesser‹. Selbst nennen sie sich die Innuit oder in der Einzahl der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher