0254 - Treffpunkt Leichenhaus
daß ich wieder einigermaßen klar wurde.
Hochkommen ließ man mich nicht. Ich mußte liegenbleiben, und jemand drückte mir die Mündung des Gewehres in den Nacken.
»Was habt ihr hier gewollt?« hörte ich eine rauhe Stimme. »Los, sag es! Wir wollen es wissen!«
»Nichts Bestimmtes.«
»Soll ich dir den Schädel einschlagen?«
»Es…es war wirklich ein Zufall«, erklärte ich stockend und unter großen Mühen.
»Schieß ihn tot!« forderte der zweite.
Als ich diese Worte hörte, erschrak ich bis ins Mark. Waren die Menschen wirklich so brutal und abgebrüht, daß sie einen anderen kurzerhand erschossen?
Klar, sie hatten gemordet, wir hatten den Toten entdeckt und sie praktisch entlarvt, waren unliebsame Zeugen, und die schaffte man eben in gewissen Kreisen aus dem Weg.
»Wir bringen ihn erst zum Wagen. Da können wir ihn erledigen und seine Leiche in den Kofferraum legen.«
»Gut.«
Also bekam ich eine Galgenfrist. Die beiden Kerle, die ich noch nicht richtig erkannt hatte, schienen zur Unterwelt zu gehören. Ich glaubte einfach nicht daran, daß ich es hier mit Zigeunern zu tun hatte, nein, das waren Gangster, Killer der übelsten Sorte. Profis, die ihr Geschäft verstanden.
Ich mußte aufstehen.
Dabei tat ich mich schwer, denn mein Rücken und genau die Stelle, wo der Kolben getroffen hatte, brannte. Ich verzog das Gesicht, versuchte durchzuatmen, was nur zur Hälfte gelang, alles andere wurde vom Schmerz überstrahlt.
Ich ging mit zitternden Knien. Der Schnee peitschte jetzt von rechts gegen mich, und nach rechts mußte ich mich auch wenden, denn die beiden Kerle drückten und dirigierten mich genau in diese Richtung.
Schwer stampfte ich durch den frisch gefallenen und tiefen Schnee.
Wir umrundeten die Hütte, und ich sah, als ich die Rückseite erreicht hatte, Fußspuren, die von den Männern stammen mußten. Hinter der Hütte führte das Gelände ein wenig bergauf. Unter dem Schnee merkte ich den unebenen Boden. Zweimal knickte ich um, und ich hatte meine Bewacher noch immer nicht gesehen.
Sie blieben hinter mir. Hin und wieder spürte ich die Waffe im Kreuz, für mich ein Zeichen, daß sie auf der Hut waren.
Natürlich suchte ich nach einer Möglichkeit, dieser Klemme zu entwischen. Das allerdings würde schwer werden, denn die beiden paßten auf wie Schießhunde.
Auf das Ziel war ich gespannt, und ich sah es schon sehr bald, als wir den Rand der Mulde erreicht hatten. Vor uns lag eine kleine Straße.
Sie teilte praktisch zwei Felder, und am Rand der Straße stand ein dunkler Wagen, dessen Dach eine Haube aus Schnee zierte. Es war ein deutsches Fabrikat, ein Mercedes.
»Geh da hin!« wurde mir befohlen.
Einen Augenblick blieb ich noch stehen, denn ich wunderte mich, daß ich Myxin nicht sah.
»Mach!« Ich wurde angeschrieen, und mir blieb nichts anderes übrig, als dem Befehl Folge zu leisten.
Der Wagen sollte mein Sterbeplatz sein. Ich war inzwischen zu der Überzeugung gekommen, daß die beiden Kerle hinter mir kein Pardon kannten. Vielleicht waren es auch drei, so genau wußte ich es nicht, denn ich hatte mich nicht getraut, den Kopf zu wenden.
Immer stärker war die Gewißheit geworden, es nicht mit Zigeunern zu tun zu haben. Die konnten sich so etwas überhaupt nicht leisten, hier mußte noch eine andere Gruppe mitmischen.
Ein paarmal rutschte ich, weil es bergab ging und sich unter dem Schnee Ackerfurchen befanden.
Ein tanzender weißer Vorhang umgab mich. Die Schneeflocken fielen sehr dicht, der Wagen verschwamm vor meinen Augen, seine Scheiben waren verklebt, und vom Wind war auch Schnee gegen die Kühlerhaube geweht worden.
»Geh bis zum Wagen und drehe dich langsam um. Wir schießen nämlich keinem in den Rücken«, wurde mir befohlen.
»Ich habe verstanden.«
»Wie schön für dich.«
Einer der Typen meinte, und das bekam ich noch gut mit: »Wo sind eigentlich die beiden anderen? Sie wollten doch diesen Zwerg umlegen.«
»Keine Ahnung.«
»Werden schon kommen.«
Ich hatte den Wagen erreicht. Es war ein Mercedes der oberen Klasse.
Er bot auch fünf Personen bequem Platz.
»Dreh dich jetzt um!«
Das tat ich auch. Zum erstenmal sah ich die Kerle richtig vor mir.
Zum Glück waren sie so nahe herangekommen, daß ich sie trotz des Schneefalls erkennen konnte und meinen Verdacht bestätigt bekam.
Das waren keine Zigeuner.
Die Menschen dieser Volksgruppe sahen anders aus. Die Typen vor mir konnte man in die Kategorie Killer einordnen.
Killer, die sich mit Atlantis
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