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025 - New York, New York!

025 - New York, New York!

Titel: 025 - New York, New York!
Autoren: Claudia Kern
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anzeigte. Eis, nichts als blitzendes weißes Eis. Die Männer, die an der Reling standen, hatten sich Matt zugewandt und warteten stumm auf das Ergebnis seiner Beobachtung. Mit jeder Minute, die ohne seinen Ruf verging, wich ein Stück Erleichterung aus ihren Gesichtern und machte einer dumpfen Resignation Platz.
    Cosimus irrt sich, dachte Matt schließlich, hier ist kein Land.
    Er wollte schon den Kopf schütteln und zurück an Deck springen, da irritierte etwas in der eintönigen weißen Landschaft sein Auge. Etwas stach wie ein Fremdkörper daraus hervor…
    Und endlich fand sein Blick die Eisformation, hinter der etwas in das Weiß hinein ragte, mehrere gelbe Farbflecke, die sich wie die Finger einer Hand in das Eis zu krallen schienen. War das gelber Sand? Matt kletterte noch ein paar Meter weiter. Er ignorierte den schneidenden Wind und kniff die Augen zusammen. Tatsächlich…!
    »Land!«, gellte sein Ruf über das Deck.
    »Das soll Amerika sein?«, fragte Cosimus. Als seine Meldung bestätigt worden war, hatte ihn nichts mehr im Ausguck gehalten. Nun lehnte er gemeinsam mit der restlichen Besatzung an der Reling und betrachtete die backbord liegenden Dünen. Bis auf den verletzten Tuman, der seit dem Kampf gegen Delleray seine Beine nicht mehr spürte, hatte es niemand mehr unter Deck gehalten. Selbst Colombs Hauptfrau Bieena und die Bordschwalbe Yuli hatten ihre Kajüten verlassen, um die ausgelassene Stimmung zu genießen.
    Mittlerweile sank die Laune der Besatzung jedoch wieder, denn das heiß ersehnte Meeraka, Land aus Legenden und Mythen, bot einen enttäuschenden Anblick.
    Eine Wüste löst die andere ab, dachte Matt. Die meterhohen Dünen wirkten ebenso trostlos wie das Eis. Der einzige Unterschied war, dass sie nicht unbewohnt waren.
    Matt sah eng zusammenstehende Zelte, zwischen denen Feuer brannten, und riesige Skelette, die wie urzeitliche Fossilien aus dem Eis ragten. Einige der Rippenbögen waren mehr als drei Meter hoch. Wie die Knochen von Mammuts, dachte Matt schaudernd.
    »Da!«, rief in diesem Moment einer der Männer und zeigte auf die Dünen. Dort war eine Gruppe dunkler Gestalten aufgetaucht, die Speere in den Händen hielten. Es mochten rund dreißig Menschen sein, die sich in den Sand hockten und ihre Speere drohend auf die Santanna richteten.
    Nur einer blieb stehen. Er reckte den zugespitzten Holzstab in die Luft und schrie etwas in einer Sprache, die Matt nicht verstand.
    Seine Körperhaltung drückte jedoch unmissverständlich aus, dass er nicht etwa »Hallo, schön euch zu sehen. Wir hätten gern ein paar Glasperlen« rief, sondern eher
    »Verschwindet, oder wir schmücken unsere Dünen auch mit euren Skeletten«.
    »Die sind uns wohl nicht freundlich gesonnen«, erkannte auch Colomb.
    Matt nickte. »Ja, Kapitaan. Ich schlage vor, dass wir die Dünen umfahren und die weitere Küste erkunden.«
    »Ein guter Vorschlag, Lytnant.«
    Der Kapitaan drehte sich um und rief Jochim, dem Steuermann den entsprechenden Befehl zu. Die Kufen knirschten über die ersten Ausläufer der Dünen, als das kleine Schiff wendete, und für einen Augenblick fürchtete Matt, Jochim würde die Santanna auflaufen lassen. Dann aber fanden die Kufen auf das Eis zurück. Das Schiff wurde schneller.
    Matt sah zurück zu den dunklen Gestalten mit ihren vermummten Gesichtern. Sie sahen aus wie Beduinen, die ein unfreundlicher Gott aus ihrem ursprünglichen Lebensraum gerissen und an diesen Ort versetzt hatte.
    ###
    ***
    ###
    War dies alles, was von seiner Heimat übrig geblieben war? Ein paar speerschwingende Nomaden?
    Matt schlug den Kragen seiner Felljacke hoch, als ihm die Kälte plötzlich deutlicher bewusst wurde. Er wollte nicht daran glauben, dass alles, was hier einmal existiert hatte, vom Eis überdeckt worden war.
    Murmelnde Stimmen rissen ihn aus seinen Gedanken.
    »Wudan«, flüsterten die Männer um ihn herum. »Bei Wudan, seht nur…«
    Matt drehte den Kopf zurück in den Wind. Die letzten Reste der Dünen blieben hinter ihm zurück und gaben den Blick frei auf eine glatte weiße Fläche. Er sah Eissegler, die darauf kreuzten, und lange, von hirschähnlichen Tieren gezogene Schlitten.
    Hinter ihnen erhoben sich die Häuser einer mittelalterlich wirkenden Stadt. Rauch stieg aus Hunderten von Schornsteinen und verlor sich in der winterlichen Luft. Zwischen den rußgeschwärzten Häusern ragten eckige Gebäude wie hingeschleuderte, überdimensionale Legosteine aus dem Eis. Von einigen waren nur
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