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025 - Die Spinne

025 - Die Spinne

Titel: 025 - Die Spinne
Autoren: Maurice Limat
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konnte sie Teddy nichts vormachen.
    Alles schien sich plötzlich gegen sie verschworen zu haben. Die Fetische, denen sie seit ihrer Kindheit geweiht war, und die über eine so gefährliche Macht verfügten, schienen sich an ihr rächen zu wollen.
    Jose blieb finster und in sich gekehrt. Offenbar war er mit seinem Latein am Ende.
    Teddy redete auf ihn ein: „Gibt es ein Insektenmittel im Haus? Dann müssten wir es in allen Räumen versprühen, damit keine kleinen Vogelspinnen ausschlüpfen.“
    Jose zuckte mit den Schultern. Nein, er wusste es sicher nicht.
    Elna saß zusammengesunken da und stöhnte: „Nein, Sie dürfen sie nicht töten. Die Kleinen, das macht nichts aus. Aber sie nicht, um keinen Preis.“
    Teddy sah sie einen Augenblick durchdringend an. Ein finsterer Schatten lag über Elnas Schönheit. Sie verging fast vor Angst.
    „Gut“, sagte Teddy. „Bleiben Sie hier, Fräulein Elna. Und Sie“, dies galt Jose, „kommen mit mir. Und passen Sie bloß auf: Aus jeder Ecke, jeder Vorhangfalte, kann eine Vogelspinne herauskommen, entweder das ausgewachsene Scheusal oder ein kleines.“
    Er hatte den Hut tief in die Stirn gezogen, den Kragen hochgeschlagen, die Handschuhe übergestreift. Obwohl er vom Liegen am Strand noch durchnässt war, freute er sich über die Möglichkeit, sich vermummen zu können. Nur das Gesicht sah noch ein wenig heraus. So stapfte er aufmerksam durchs Haus.
    Wo war die Vogelspinne?
    Noch krabbelten keine Jungen herum, zumindest entdeckte Teddy noch Eier. Er zertrat sie sorgfältig mit dem Absatz.
    Sie ließen Elna zurück. Auf dem Treppenabsatz überzeugte sie ein schneller Blick, dass die Vogelspinne nicht da war. Teddy meinte lebhaft:
    „Wir dürfen sie nicht töten, nicht wahr? Sie wissen warum?“
    Jose antwortete nicht. Teddy, der keine Zeit verlieren wollte, packte ihn ungestüm am Arm:
    „Und ob Sie es wissen! Geben Sie es doch zu! Sie sind miteinander verflochten, Elna und die Spinne. Und sie sind nur eins. So sehr, dass Sie in gewissen Augenblicken selbst nicht mehr wissen, ob Sie es mit einer Frau oder einem Monster zu tun haben.“
    Jose riss sich mit einem Ruck los:
    „Lassen Sie mich doch in Ruhe, Menschenskind!“
    „Hören Sie mal, Sie hochgelehrtes Haus! Wenn Sie so reagieren, heißt das doch bloß, dass Sie Angst haben. Stimmt’s, Herr Forscher. Sie gehen baden mit Ihrer ganzen Wissenschaft. Sie stehen vor dem Unsichtbaren, Schrecklichen, wenn nicht gar Unerklärlichen. Vielleicht ist es auch nicht so schlimm, aber Sie wissen es nicht. Sie machen lieber die Augen zu und lassen diese Satansviecher in hellen Scharen hier herumwimmeln, bevor Sie Gefahr laufen, das Mädchen zu verlieren. Denn stirbt die Spinne, ist es auch um Ihre Freundin geschehen.“
    Silvias Mann blieb völlig stumm. wie es Schwächlinge und Feiglinge oft tun.
    „Die Lasiodora ist nun eine öffentliche Gefahr, und ich weiß, wie man ihrer Herr werden kann.“
    Jose erwachte aus seiner Erstarrung. Die Augen traten ihm fast aus den Höhlen, und er bat: „Nein, bitte, tun Sie es nicht. Nachdem Sie es schon wissen. Das werden Sie doch nicht tun wollen.“
    Teddy gab keine Antwort. Dann machte er sich emsig auf die Suche nach weiteren Eiern.
    Die Lasiodora hatte ihre Eier auf den Weg gelegt, den sie ging und so eine Spur hinterlassen. Man brauchte ihr nur zu folgen.
    Dann aber zwang ihn etwas, stehen zu bleiben und zu lauschen.
    Jose, der immer noch auf dem Treppenabsatz stand, hob ebenfalls den Kopf und war ganz Ohr.
    Elna sang!
    In fremder Sprache zwar, aber es klang wie eine Psalmmelodie, verzweifelt und klagend, wie in tiefster Not.
    Die Frau, die es so trefflich verstand, den Zaubertanz der Spinnen auszuführen, schien beim Singen alles Menschliche abzustreifen und auf eine Tonhöhe zu geraten, die zweifellos mehr zur Tierwelt gehörte.
    Teddy fühlte sich seltsam bedrückt. Sein Herz schlug wie im Vorgefühl einer schrecklichen Gefahr. Das einzige, was er noch begriff war, dass er es hier mit einer Art Zauberei zu tun hatte, die über seine Begriffe ging. Dabei hatte er sich so eingehend mit dem Studium okkulter Kräfte befasst, so mächtig gegen Übel angekämpft, die von außerhalb kamen.
    Jose stand immer noch wie gebannt da. Aber seine Hände zitterten.
    Und dann sahen sie beide die Vogelspinne.
    Sie ging an der Wand entlang. Zuerst war sie unter einem Vorhang heraus gekrochen, nun orientierte sie sich langsam. Dann blieb sie stehen, schien zu lauschen und ging stracks auf das Zimmer
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