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0240 - Totentanz im Dollar-Club

0240 - Totentanz im Dollar-Club

Titel: 0240 - Totentanz im Dollar-Club
Autoren: Totentanz im Dollar-Club
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wusste schlagartig mit allen Fasern meines Körpers, dass vor mir jemand in der Dunkelheit war.
    Ich blieb stehen und überlegte. Stieß ich mit dem Kerl zusammen, konnte seine Pistole genauso schnell losgehen wie meine. Oder gar einen Herzschlag früher. Blieb ich hier stehen, konnte es sein, dass seine Instinkte mich ebenso witterten, wie meine Instinkte mir seine Gegenwart verraten hatten.
    Ich brauchte vielleicht eine Sekunde des Zögerns, aber diese eine Sekunde genügte, um die Situation zu klären.
    Weit hinten rief nämlich auf einmal eine laute Stimme: »Los, hoch mit den Armen! Ihr habt keine Aussichten! Die ganze Bude ist von uns umstellt! Wen es interessieren sollte: Wir sind G-men, FBI-Beamte, Special Agents. Sucht euch raus, was euch am besten gefällt! Johnny, du gehst da rüber! Rocky, du übernimmst diese drei Halunken dort! Los, Jungs, hoch mit den Pfötchen! Und keine Dummheiten, Herrschaften, dies ist keine Revueveranstaltung!«
    Schlagartig flammte überall Licht auf. Ich riss unwillkürlich meine Waffe hoch, aber ich ließ sie gleich darauf wieder sinken. Vor mir stand ein junges, relativ hübsches Mädchen von ungefähr zweiundzwanzig Jahren.
    »Sieh vorn nach, ob die Kollegen klarkommen, Joe«, sagte ich. »Ich möchte mich mal mit Miss Opium unterhalten.«
    »Ist gut, Jerry«, nickte Joe Crusader und ging den jetzt taghell erleuchteten Flur hinab.
    Ich schob meine Pistole zurück ins Schulterhalfter, stippte den durchlöcherten Hut, den ich mir wieder aufgesetzt hatte, mit dem Zeigefinger nach hinten ins Genick und sagte: »Ich bin Jerry Cotton, Bundespolizei. Wie ist Ihr Name?«
    Das Mädchen hatte auf einmal einen puterroten Kopf, den sie gesenkt hielt.
    »Ich heiße Mary Sander«, sagte sie tonlos.
    »Beruf?«, fragte ich, weil ich an ihrem Zittern sah, dass jetzt die beste Gelegenheit war, von ihr etwas zu erfahren. Wenn sie sich erst einmal von dem Schreck erholt hatte, blieb sie vielleicht verschlossen wie eine Auster. Deshalb wollte ich die günstige Gelegenheit nutzen und sofort ein paar Fragen anbringen.
    »Studentin«, sagte sie.
    Ich sah sie groß an und brummte: »Sagen Sie’s noch mal. Ich muss mich wohl verhört haben.«
    Sie hielt den Kopf so tief gesenkt, dass ich von ihrem Gesicht praktisch nur die Nasenspitze sehen konnte. Offenbar schämte sie sich sehr, aber das war schließlich nicht meine Schuld.
    »Ich studiere moderne Sprachen an der Columbia Universität«, sagte sie.
    Ich sah, wie ihr Zittern stärker wurde. Auf einmal hörte ich ihr Schluchzen.
    »Okay«, sagte ich. »Wir werden uns weiter unterhalten, sobald wir im Distriktgebäude angekommen sind. Einen guten Rat geb ich Ihnen jetzt schon: Lassen Sie sich so viel wie möglich einfallen, was Sie mir nachher erzählen können. Sonst sieht es mit dem Rest Ihres Studiums mehr als flau aus.«
    Ich ließ sie stehen. Sie weinte jetzt sehr heftig, aber ich hatte nicht allzu viel Mitleid mit ihr. Wer sich dazu hergibt, in einer Opiumhöhle Serviererin zu spielen - oder wie man diese Mädchen sonst nennen mag, die den Süchtigen die Pfeifen bringen -, wer sich also für so etwas hergibt, der kann ruhig mal ein bisschen weinen.
    Wir sammelten drei verletzte Gangster ein, sechzehn vom Opium völlig benebelte Kunden dieser Bude und insgesamt neun unverletzte Leutchen, die zum Personal gehörten. Unter ihnen befanden sich vier Mädchen, Mary Sander eingerechnet.
    Als wir mit unserer menschlichen Fracht im Distriktgebäude ankamen, ließ ich Mary Sander sofort in mein Office bringen. Ich setzte mich hinter meinen Schreibtisch und sah mir das Mädchen gründlich an.
    Sie hatte ziemlich lange geweint, denn ihre Augen waren stark gerötet. Sie trug einen dunkelgrauen Rock und einen schwarzen Pullover. Ein leichter Sommermantel hing über ihrem linken Arm.
    »Den Mantel können Sie erst einmal dort an den Haken hängen«, sagte ich. »Und dann nehmen Sie bitte auf diesem Stuhl da Platz. Möchten Sie eine Tasse Kaffee?«
    »Ja, bitte«, hauchte sie. So leise, dass ich sie kaum verstehen konnte.
    Ich telefonierte mit unserer Kantine, die die löbliche Eigenschaft hat, dass man auch nachts dort bedient wird, und ließ Kaffee für das Mädchen und für mich bringen. Als das kräftige, duftende Getränk brühheiß vor uns stand, bot ich dem Mädchen eine Zigarette an. Sie nahm sie und rauchte fast gierig. Ich hatte sie unterdessen aus den Augenwinkeln scharf beobachtet und war zu dem Schluss gekommen, dass sie wahrscheinlich nicht
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