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0230 - Im Land der Unheils

0230 - Im Land der Unheils

Titel: 0230 - Im Land der Unheils
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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scharfer, an einen Raubtierkäfig erinnernder Geruch hing in der Luft. Das Seltsamste war der Boden. Die Halle schien mit unzähligen, rechteckigen Gruben durchsetzt zu sein, schwarze, bodenlose Löcher, die sich wie Felder eines gigantischen Schachbrettes dicht an dicht reihten, so daß dazwischen nur schmale, vielleicht fünfzehn Zentimeter messende Stege blieben. Es sah aus, als ständen sie über einem gigantischen Haus, dessen Decke entfernt worden war.
    Zamorra beugte sich neugierig vor und warf einen Blick in eine der Gruben. Er konnte nicht erkennen, was sich an ihrem Grund befand. Sein Blick verlor sich irgendwo in wesenlosem Dunkel, in dem er nur die Andeutung von Bewegung zu erkennen vermochte.
    Aber er begriff, was der Alte gemeint hatte, als er von einer Schlangengrube sprach. Im ersten Moment hatte er den Eindruck, in ein Nest sich windender Nattern zu blicken. Irgend etwas glitt und schlängelte dort unten, dunkle, kaum erkennbare Umrisse, peitschende Tentakel und zuckende Linien. Er schauderte.
    »Müssen wir… hier durch?« fragte er mit einem Blick auf die schmalen Stege, die über das Labyrinth aus Fallgruben führten.
    »Nein«, antwortete der Alte. »Es gibt andere Wege. Aber dieser hier ist der Kürzeste. Wenn Sie die Gruben überwinden, stehen Sie direkt vor der Schatzkammer.«
    »So einfach ist das?«
    Der Magier lächelte auf eine Art, die Zamorra frösteln ließ. »Ich habe es nie gewagt«, antwortete er. »Einmal bin ich bis zur Hälfte gekommen, aber dann…« Er brach ab, aber sein Schweigen sagte Zamorra mehr als alle Worte.
    Er drehte sich um und sah Nicole an. »Was meinst du? Sollen wir es riskieren?«
    »Natürlich«, antwortete Nicole rasch. Für Zamorras Geschmack beinahe zu rasch. »Ich will hier raus, so schnell wie möglich.«
    Zamorra zuckte die Achseln. Irgendwie hatte Nicole recht - jeder Schritt, den sie taten, konnte eine tödliche Gefahr bergen.
    Sie marschierten los, der Alte an der Spitze, dicht gefolgt von Nicole und Zamorra, der mit gezückter Waffe den Abschluß bildete.
    Es war ein unheimliches Gefühl, auf die schmalen, auf beiden Seiten von scheinbar bodenlosen Abgründen begrenzten Stege hinauszutreten. Der Alte ging rasch, so schnell wie es die schmalen Wege überhaupt zuließen, und Zamorra und Nicole hatten fast Mühe, ihm zu folgen.
    Erneut beschlich Zamorra ein ungutes Gefühl. Dieser Mann, der sich Magier nannte und von dem sie nicht einmal seinen wirklichen Namen wußten, hatte sie praktisch vollkommen in der Hand. Er würde sein Geheimnis ergründen müssen, sobald sie diese Halle durchquert hatten. Und wenn es sein mußte, dachte er grimmig, sogar mit Gewalt. Irgend etwas sagte ihm, daß der Alte ihnen nicht die Wahrheit gesagt hatte, was seine Person anging.
    Der Saal war nicht so groß, wie es zu Anfang ausgesehen hatte. Schon nach kurzer Zeit tauchte die gegenüberliegende Wand vor ihnen auf, eine senkrecht emporstrebende Felsbarriere, die von unzähligen finsteren Eingängen durchbrochen wurde.
    Aber noch etwas anderes geschah. Zamorra fiel plötzlich auf, daß der Raubtiergestank, der wie eine unsichtbare, ätzende Wolke in der Luft hing, an Intensität zugenommen hatte. Und als er einen Blick in den Abgrund zu seiner Rechten warf, bemerkte er, daß das Brodeln und Wallen unter ihnen stärker geworden war.
    Auch ihr Führer schien es zu bemerken. Zamorra sah, daß er immer häufiger nervös in die Runde blickte; fast, als erwarte er etwas Bestimmtes.
    »Schneller«, sagte er. »Wir müssen schneller gehen.« Er beschleunigte seine Schritte und schien nun selbst die Gefahr, auf dem schmalen Steg auszugleiten, in Kauf zu nehmen.
    Etwas Dünnes, Dunkles erschien plötzlich zwischen Nicole und ihrem Führer auf dem Steg. Nicole prallte entsetzt zurück und wäre gestürzt, wenn Zamorra sie nicht gedankenschnell an der Schulter gegriffen hätte.
    »Was… was ist das?« fragte sie. Ihre Stimme bebte.
    Zamorra zuckte die Achseln und wollte sich nach dem Ding bücken, aber ein scharfer Ruf ihres Führers hielt ihn zurück.
    »Nicht anfassen!« keuchte der Alte. »Sie dürfen keines von den Dingern berühren, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist. Machen Sie einen großen Schritt darüber. Und beeilen Sie sich. Es sieht so aus, als hätten wir Glück!«
    Zamorra und Nicole gehorchten. Noch schneller als zuvor, eilten sie weiter. Die dunklen Linien erschienen nun häufiger, aber es waren keine Linien, wie Zamorra zuerst vermutet hatte, sondern dünne, an zuckende
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