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0230 - Heroin für Gangsterarme

0230 - Heroin für Gangsterarme

Titel: 0230 - Heroin für Gangsterarme
Autoren: Heroin für Gangsterarme
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Schlagartig war das Gespräch verstummt. Ein paar Köpfe wandten sich langsam in meine Richtung. Die Burschen kannten mich alle, und wenn sich auch nur einer über meine plötzliche Anwesenheit freute, wäre ich bereit gewesen, eine Lage Whisky zu spendieren.
    Juanita hatte den Mund geöffnet und sah mich sprachlos an. Seit ich ihrem Chef einmal ein paar grundsätzliche Dinge so deutlich klargemacht hatte, daß er eine halbe Stunde danach noch gezittert hatte, hielt mich Juanita für etwas, das gleich nach dem lieben Gott kommen mußte.
    »Oh, hallo, Mr. Cotton!« sagte sie, als sie sich vom ersten Schreck erholt hatte. »Los, Jungs, schert euch raus! Tempo, Tempo!«
    Sie scheuchte mit bemerkenswerter Energie ihre Anbeter hinaus. Als sie die Tür hinter dem letzten ins Schloß warf, lächelte sie in einer Art, die sie für verführerisch hielt. Der Ausdruck in ihrem Gesicht erinnerte mich dabei lebhaft an das warme Glotzen einer Kuh.
    »Was kann ich für Sie tun, Mr. Cotton?« gurrte sie.
    Sie hatte sich so gesetzt, daß ihre Figur betont zur Geltung kommen sollte. Es mußte schrecklich unbequem für sie sein. Ich legte meinen Hut mitten auf den Schreibtisch.
    »Ich möchte Chease sprechen«, sagte ich. »Thomas B. Chease.«
    »Um Gottes willen!« hauchte Juanita. »Wenn Sie es so sagen, hört es sich an, als ob Sie ihn umbringen möchten.«
    »Ich bin G-man«, sagte ich. »Manchmal bin ich versucht zu sagen: leider.« Juanita musterte mich vorsichtig aus den Augenwinkeln: Nach einiger Zeit meinte sie mit einer Stimme, die nach Mitleid klingen sollte: »Was haben Sie denn gemacht, Mr. Cotton? Ihr Gesicht ist ja ganz zerschunden?«
    »Ich bin ausgerutscht und in eine Ladung Kies gefallen«, sagte ich, wobei ich sie nicht aus den Augen ließ. »Es kann auch Splitt gewesen sein. Ich konnte es nicht erkennen, denn es war dunkel.« Ihr Gesicht zeigte keine Reaktion.
    Ich fuhr fort: »Der Kies oder der Splitt lag vor einem Haus.«
    Noch immer zeigte sich kein Erschrecken in ihrem Gesicht.
    Ich knallte meine Frage raus wie einen Pistolenschuß: »Wo wohnt Chease?«
    »In Queens«, stotterte sie. »Irgendwo in…«
    Ich hörte schon nicht mehr zu. Queens liegt nicht am Hudson. Zumindest schied sein Haus damit aus. Ich war in den Hudson gestürzt, nicht in den East River.
    »Los, Mädchen«, sagte ich. »Gehen Sie rein und sagen Sie Ihrem Herrn und Meister, daß ich ihn sprechen möchte! Und sagen Sie gleich dazu, daß ich mich nicht abweisen lasse! Nicht einmal von dem Preisboxer, der unten am Eingang steht,« Juanita senkte den Kopf. Sie schien über irgend etwas nachzudenken. Als sie sich entschieden hatte, stand sie auf und öffnete wortlos die Doppeltür, die ins Allerheiligste führte. Von der Schwelle aus konnte ich das geräumige Zimmer überblicken. Chease war nicht drin.
    »Wo ist er?« fragte ich.
    Das Mädchen zuckte die Schultern: »Sie glauben’s mir vielleicht nicht, Mr. Cotton. Aber es ist Tatsache: Er hat sich eine Woche Urlaub genommen. Er war gestern nachmittag noch genauso lange hier, bis er wußte, daß die neue Nummer stand, dann sagte er, daß er essen gehen wolle. Heute früh, sehr früh, vermute ich, ist er abgeflogen.«
    »Wohin?«
    Sie zuckte die hübschen Schultern: »Nach Alaska. Jetzt fragen Sie mich bloß nicht, wohin in Alaska. Das weiß niemand. Wenn Mr. Chease Urlaub macht, will er auch wirklich Urlaub haben und nicht ständig angeklingelt werden. Deshalb verrät er nie, wohin er fliegt.« Obgleich ich mir vorgenommen hatte, nichts in diesem Hause zu glauben, kam es mir doch beinahe so vor, als ob das Mädchen die Wahrheit sagte.
    »Schön«, brummte ich ärgerlich, »ich krieg’s raus, Mädchen. Verlassen Sie sich drauf! Und wenn sich mein Verdacht bewahrheitet - dann gnade ihm Gott.«
    »Was für ein Verdacht?«
    »Das sage ich Ihnen, wenn ich sicher bin, daß er stimmt.«
    »Wie Sie wollen, Mr. Cotton. Sie sind heute nicht besonders höflich. Trotzdem will ich Ihnen noch einen Tip geben: Sie brauchen keine Zeit darauf zu verschwenden, bei den Fluggesellschaften die Passagierlisten nach Alaska durchzusehen. Mr. Chease besitzt ein eigenes zweimotoriges Sportflugzeug. Und ich wette ein Jahresgehalt gegen Ihre Beulen, Mr. Cotton, daß er auch auf dem Privatflugplatz, wo er gestartet ist, nicht mehr gesagt hat, als daß er nach Alaska fliege. Er will eine Woche völlig ungestört jagen gehen, und er wird’s tun, verlassen Sie sich drauf!«
    Ich nahm meinen Hut und winkte ihr einen stummen
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