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0230 - Heroin für Gangsterarme

0230 - Heroin für Gangsterarme

Titel: 0230 - Heroin für Gangsterarme
Autoren: Heroin für Gangsterarme
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knirschte ich wütend. »Ich weiß nicht, wo das Haus liegt, zu dem mich die Gangster gefahren hatten. Irgendwo am Hudson, schön. Aber der Hudson ist verdammt lang. Um das Haus zu finden, muß ich mindestens sechs bis zehn Meilen Ufer absuchen. Das kann eine Woche dauern. Die einzige Möglichkeit besteht darin, daß ich wieder in das Speiserestaurant gehe, vor dessen Haustür alles anfing. Vielleicht hat kurz nach uns jemand das Restaurant verlassen und etwas beobachtet.«
    »Aber das Restaurant hat jetzt geschlossen«, wandte der Arzt ein.
    »Eben«, nickte ich. »Sie machen dort auch nicht vor zwölf Uhr mittags auf. So lange muß ich warten. Außerdem habe ich einen Trost bei der Sache: Ich glaube nicht, daß sie uns umlegen wollten. Das hätten sie viel besser gekonnt, als wir bewußtlos waren. Also in direkter Lebensgefahr dürfte Phil kaum sein…«
    Tja, so einfach stellte ich mir damals die ganze Geschichte vor. Als ob der Tod immer das Schlimmste wäre…
    ***
    Der Besitzer des Restaurants war ein Chinese, wie man ihn nicht alle Tage zu Gesicht bekommen kann. Er war für asiatische Verhältnisse ungewöhnlich groß. Er hörte auf den klangvollen Namen Tshuo La-min Teng.
    Als ich ihn kurz nach zwölf aufsuchte, stand er in einem seidig glänzenden Kittel in seiner Musterküche. Als der Chinese mich kommen sah, trat er mir entgegen. »Guten Tag, Mr. Cotton«, sagte er in einem beinahe akzentfreien Amerikanisch. »Es ist mir eine hohe Ehre, daß ich Sie wieder begrüßen kann. Ich hoffe, meine bescheidenen Speisen von gestern abend haben Ihnen gemundet?«
    Ich schüttelte ernst den Kopf. »Nein, Tshuo, leider gar nicht.«
    Er erschrak zutiefst. Es war kein Theater, er war wirklich aufs äußerste erschrocken. »Ich bin ratlos. Mr. Cotton«, stieß er hervor. »Das ist mir völlig unerklärlich, denn ich versuche ständig, vorzügliche Speisen in einer leicht bekömmlichen Weise…«
    »Entschuldigen Sie, daß ich unterbreche«, sagte ich. »Ich weiß, daß das nach Ihren Sitten ein geradezu barbarischer Fehler ist, aber die Sache ist viel ernster, Tshuo, als Sie glauben. Wir müssen uns irgendwo unterhalten, wo wir ungestört sind.«
    Er stutzte, warf mir einen prüfenden Blick zu und deutete dann mit einer Geste auf eine Tür, die von der Küche abführte. Er öffnete mir die Tür und ließ mich vorangehen. Wir betraten einen Raum, der sehr chinesisch war.
    Auf dem Boden lagen Bastmatten, die stellenweise von großen Kissen bedeckt wurden. Bambusrohr teilte ein paar Nischen ab, in denen fremdartige Altäre aufgebaut waren. Räucherstäbchen schwelten und verbreiteten einen würzigen, aber für unsere Begriffe zu starken Duft. An den Wänden hingen chinesische Gobelins, die vermutlich sehr kostbar waren. Farbenprächtige Stickereien auf leuchtendem Grund zeigten immer wieder Drachen und Ungeheuer in bizarren Formen.
    »Außer mir hat noch niemand diesen Raum betreten, Mr. Cotton«, sagte Tshuo La-min Teng nicht ohne Würde.
    »Ich weiß es zu schätzen, Tshuo«, erwiderte ich. »Glauben Sie mir, daß ich es mir nie einfallen ließe, Sie im angehenden Mittagsgeschäft zu stören, wenn nicht ein sehr ernster Grund dazu vorläge.«
    »Ich bin dessen gewiß, Mr. Cotton. Soll ich Ihnen einen Stuhl holen lassen?«
    »Nein, danke, das ist nicht nötig. Ich kann auch auf einem Kissen sitzen.«
    »Dann haben Sie die Güte, Platz zu nehmen.«
    Ich wußte, daß es bei Asiaten nun einmal ohne ein gewisses Zeremoniell nicht abgeht, und versuchte mich dem anzupassen, obgleich ich am liebsten mit der Tür ins Haus gefallen wäre.
    Nachdem wir Platz genommen hatten, schilderte ich ihm in knappen Zügen die Erlebnisse des vergangenen Abends. Er hörte aufmerksam zu. Ich endete mit den Worten: »Sehen Sie, Tshuo, das ist der Grund, warum uns Ihre vorzüglichen Speisen nicht bekommen sind. Es lag also keineswegs an der Mahlzeit, und verzeihen Sie mir, wenn ich mich so ausgedrückt haben sollte, daß Sie diesen Eindruck gewinnen mußten.«
    Mit einem Neigen seines asiatischen Charakterkopfes deutete er an, daß meine Entschuldigung angenommen wurde. Während er nachdenklich vor sich hin blickte, murmelte er: »Sie sind G-man, Mr. Cotton, soviel ich weiß?«
    »Ja«, nickte ich knapp.
    »Dieser Überfall dürfte also vermutlich in einem Zusammenhang mit Ihrem Beruf stehen«, fuhr er fort. »Daß man Sie nicht einfach berauben wollte, ergibt sich aus dem Umstand, daß Sie von den Gangstern in einem Wagen mitgeschleppt wurden.
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