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0230 - Heroin für Gangsterarme

0230 - Heroin für Gangsterarme

Titel: 0230 - Heroin für Gangsterarme
Autoren: Heroin für Gangsterarme
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hätten sie uns durchgeprügelt und liegenlassen. Oder sie hätten uns umgebracht, wenn ihr Haß auf uns groß genug dafür war. Beides aber war offensichtlich nicht der Fall. Also was, zum Teufel, wollten die Burschen eigentlich?
    Tshuos Worte fielen mir ein: »Dieser Überfall dürfte also vermutlich in einem Zusammenhang mit Ihrem Beruf stehen.«
    Schön - aber wieso? Jeder G-man, der im Außendienst eingesetzt ist und also ab und zu einen Gangster einzukassieren hat, damit ihm ein Gericht endlich sein Konto abrechnen kann, erwirbt sich in der Unterwelt zwangsläufig Feinde. Aber dieser Gedanke lief ja wieder auf meine erste Überlegung hinaus: Feinde rächen sich, indem sie das Objekt ihres Hasses entweder töten oder gründlich durch die Mangel drehen. Durch die Mangel gedreht hatten sie mich und Phil vermutlich auch. Wozu aber schleppten sie uns in ihren Wagen mit sich herum?
    Ich drückte die Zigarette aus. Es war sinnlos, weiter über diesen Punkt nachzugrübeln. Das Problem war im Augenblick eine Katze, die sich selber in den Schwanz biß. Bevor ich mir weiter den Kopf darüber zerbrach, was die Gangster mit uns vorgehabt hatten und jetzt nur noch mit Phil verwirklichen konnten, mußte ich erst ein paar Anhaltspunkte besitzen, die mich in die Lage versetzten, den ganzen Komplex gleichsam aus einer anderen Perspektive zu sehen. Bis ich diese Anhaltspunkte besaß, war es auf jeden Fall gescheiter, sich nicht durch fruchtloses Grübeln verrückt zu machen.
    Nach einiger Zeit kam Tshuo La-min Teng wieder herein. Er schloß die Tür sorgfältig hinter sich und glitt auf das Kissen zu meiner Rechten. »Es gibt einen Herrn, der höchstens zwei Minuten nach Ihnen mein Lokal verlassen hat«, sagte er.
    Ich fuhr auf. Meine Handflächen wurden feucht vor Erregung. »Wer ist es, Tshuo?« rief ich. »Wissen Sie, wer dieser Mann war?«
    Der Chinese nickte würdevoll. »Ja, Mr. Cotton. Ich weiß es. Es war Mr. Thomas B. Chease, der Chefredakteur der Underhand.«
    Underhand bedeutet soviel wie ›unter der Hand, heimlich, unter uns gesagt‹. Und hinter diesem beziehungsreichen Namen verbarg sich das übelste Skandalmagazin, das je in New York erschienen ist. Das FBI hatte bereits viermal einen Zusammenstoß mit den Leuten von diesem Blatt gehabt.
    ***
    Auf dem Schild unter dem Parkzeichen stand in großen Buchstaben: NUR FÜR UNSERE MITARBEITER. Ich stellte meinen Jaguar genau dahinter. Als ich ausstieg, kam ein Bulle von einem Türsteher auf mich zu. Er mochte an die zwei Meter groß sein und wog sicher über 200 Pfund. Dem Gesicht nach hatte er sich früher auf Jahrmärkten als Preisboxer betätigt.
    »Können Sie nicht lesen?« raunzte er mich an.
    Ich lächelte freundlich. »Doch. Aber ich spreche kein Englisch.«
    Sprach’s und ließ ihn stehen. Als ich mir selber die Glasschwingtür aufdrückte, sah ich, wie er sich nachdenklich das nicht einwandfrei rasierte Kinn rieb. Denken war sicher nicht seine stärkste Seite.
    Ich war schon zweimal hier gewesen und kannte mich deshalb aus. In der ersten Etage wollte ich gerade in den Flur einbiegen, als ich Duff Spranger oben auf dem Treppenabsatz der nächsten Etage hastig seinen Kopf zurückziehen sah. Ich konnte mir schon denken, warum er keinen Wert darauf legte, von mir gesehen zu werden. Immerhin wußte ich, daß da oben die Kantine war, und wenn Spranger erst einmal einen Raum betrat, wo Alkohol ausgeschenkt wurde, durfte man sicher sein, daß er so schnell nicht wieder gehen würde. Ich wußte also, wo ich ihn finden konnte.
    Die dritte Tür auf der rechten Seite führte ins Vorzimmer des Chefredakteurs. Ich klopfte an und öffnete, bevor jemand von drinnen »Keine Zeit« brüllen konnte. Solche Sitten waren hier üblich. Wie gewöhnlich hockten ein paar Männer in diesem Zimmer auf allen möglichen und unmöglichen Sitzgelegenheiten wie etwa Heizkörpern oder Blumenständern herum. Der Grund für die Anwesenheit der Herren sprang einem ins Auge.
    Er hieß Juanita. Den Familiennamen hatte ich bei meinen beiden früheren Besuchen noch nie gehört. Juanita sah genauso aus, wie man sich ein Mädchen mit diesem Namen vorstellt: schlank, glutäugig und schwarzhaarig. Dazu kam, daß sie die herausforderndste Figur besaß, die je über New Yorker Pflaster trippelte. Geistig gehörte sie zu dem Typ, der glaubt, man habe einen doppeldeutigen Witz erzählt, wenn man irgendwas über Shakespeare sagte.
    »Tag, die Herren«, sagte ich. »Hallo, Mädchen.«
    Ich nahm meinen Hut ab.
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