Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
023 - Reise ohne Wiederkehr

023 - Reise ohne Wiederkehr

Titel: 023 - Reise ohne Wiederkehr
Autoren: Ronald M. Hahn
Vom Netzwerk:
schlingernden Schiffes hatte krallen müssen, wusste er von Schrecken, die ihm zuvor völlig fremd gewesen waren. Matt erinnerte sich nur sehr ungern an seinen ersten Versuch, ins Krähennest zu gelangen. Die heiteren Kommentare der Matrosen hatten ihm nicht geschmeichelt. Seither hieß er Nichtsnutz und durfte für jeden, der einen Dienstgrad hatte, den Laufjungen machen.
    Einen winzigen Moment dachte Matt daran, den Befehl einfach zu verweigern. Leider bekleidete Tuman aber den Posten des Ersten Lytnants, und jeder Mensch, der seine fünf Sinne beisammen hatte, wusste, dass man es sich nicht leichtfertig mit seinem Vorgesetzten verscherzte. Schon gar nicht, wenn man so schwach war, dass einem das Essen schon aus dem Gesicht fiel, wenn man nur an wankende Planken dachte.
    Also schüttelte Matt gottergeben den Kopf, nickte Kuki zu und wankte los, um den erhaltenen Befehl auszuführen. Mit schlotternden Knien stiefelte er zu dem Niedergang, der in den Mitteldeckladeraum führte. Er schüttelte sich bei der Vorstellung, das Zeug trinken zu müssen, das Colomb und die Offiziere »Wein« zu nennen beliebten. Bisher waren seine Erfahrungen in Sachen Wein in dieser schönen neuen Welt nicht positiv ausgefallen. Die Menschen von heute verfügten offenbar über einen robusten Magen. Denn der aktuelle Wein unterschied sich geschmacklich nur um Nuancen von Essig.
    Mit der flackernden Laterne in der Hand schaute sich Commander Matthew Drax interessiert in dem düsteren Laderaum um.
    Sein Blick fiel auf zahlreiche Stoffballen, die achtlos zwischen den Spanten aufgestapelt waren, und er sah Bündel bunter Wollmützen sowie Fässer voller Glasperlen, Handspiegel und anderem Kokolores. Die Entdecker der Gegenwart unterschieden sich offenbar nicht sehr von denen früherer Zeiten: Auch Kapitaan Colomb rechnete wohl damit, in Meeraka auf dumme Eingeborene zu stoßen, denen er mit einer Handvoll Tand Manhattan abkaufen konnte. Matt grinste, als er an die angeborene Raffgier der New Yorker dachte. Die der Taxifahrer zum Beispiel…
    ***
    Andere Fässer, deren Geruch vermuten ließ, dass sie Branntwein enthielten, hatten die Seeleute im Hafen von Plymeth ohne erkennbares Ordnungsprinzip zwischen Haufen von Beilen, Äxten, Sägen, Schwertern und Messern abgestellt. In den Winkeln häuften sich zerbeulte Kupfertiegel, Pfannen, Kannen, Tauwerk, Bauholz und Plunder aller Art.
    Der abscheuliche Mief von Bilgewasser, Fäulnis und Moder ließ Matts Magen verhalten Samba tanzen, aber zum Glück hatte er sich inzwischen an die Wohlgerüche dieser für ihn so fremden Welt gewöhnt.
    Fiigo, das Schiffsmaskottchen, das aus einem Unterschlupf heraus jeden von Matts Schritten interessiert verfolgte, schätzte unterdessen ab, ob der große hellhaarige Zweibeiner möglicherweise eine Gefahr für ihn und sein trächtiges Weibchen war. Doch strahlte der sich vorsichtig durch den Raum tastende Mann keine feindseligen Impulse aus. Trotzdem beschloss Fiigo, den Zweibeiner im Auge zu behalten. Er kletterte geschickt auf einen Mehlsack und beobachtete weiterhin sein Tun.
    Davon hatte Matt, der sich mehr taumelnd denn gehend durch die nur vom kleinen Lichtkreis seiner Laterne erhellte Finsternis bewegte, natürlich keine Ahnung. Trotz des Laternenlichts erkannte er nur wenig. Um den großen Laderaum taghell auszuleuchten, hätte es schon eines Scheinwerfers bedurft.
    Gerade als Matt eine Reihe kleiner Fässchen mit der Aufschrift »Vino« erspähte, vernahm er unerwartet das Raunen heiserer Stimmen und ein Husten. Darauf folgte ein irgendwie schadenfroh klingendes Lachen, das ihn an das Meckern einer Ziege erinnerte. Matt blieb geduckt stehen und schaute sich um. Auch Fiigo auf dem Mehlsack spitzte die Lauscher.
    »Den machen wir als Ersten kalt«, sagte jemand in der Ferne.
    Wie? Was?
    Matt hob den Kopf und bemühte sich zu erkennen, wer dort redete. Und wo. Er streckte den Arm aus, mit dem er die Laterne hielt, und der äußerste Rand ihres Scheins erhellte in ziemlicher Entfernung eine schmale Tür, die offenbar in einen anderen Raum führte. Noch ein Laderaum?
    Matt blies die Laterne blitzschnell aus und pirschte im Schutz des Knarrens, das die beiden Rümpfe des großen Katamarans erzeugten, auf leisen Sohlen weiter. Hatte da wirklich jemand etwas von Kalt machen gesagt?
    »… hat keine ernsthafte Chance«, sagte jemand abfällig, als Matt vor dem Türrahmen stand. Wieder ein Husten.
    »Wir dürfen aber Tuman nicht unterschätzen«, kam die Antwort. »Er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher