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023 - Im Zeichen des Boesen

023 - Im Zeichen des Boesen

Titel: 023 - Im Zeichen des Boesen
Autoren: Ernst Vlcek
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der sich Asmodi nannte, öffnete einer der Türen und führte sie in einen großen Prunksaal. Bei ihrem Eintritt verstummte der Lärm, und die Gäste wandten sich alle dem Eingang zu. Es waren an die hundert Männer und Frauen, die alle vornehme, moderne Kleider trugen. Sie saßen an Tischen mit Kerzen, standen gruppenweise herum oder tummelten sich paarweise auf der Tanzfläche. Die Musik war ebenso abrupt verstummt wie die Gespräche.
    Anja wurde es unheimlich, aber ihre Scham war größer als ihre Angst. Sie fühlte, daß aller Blicke auf sie gerichtet waren. Es war ihr schrecklich, daß die Leute sie so anstarrten und sich dann hinter ihrem Rücken über ihr Aussehen lustig machten. Sie bildete sich sogar ein, das spöttische Lachen einer Frau zu hören.
    Eine sagte deutlich: »Schön ist sie gerade nicht.«
    »Aber vielleicht hat sie versteckte Qualitäten«, äußerte sich ein Mann und erntete amüsiertes Gelächter.
    Anja wollte davonlaufen, aber Asmodi hielt sie fest.
    »Hiergeblieben, Mädchen«, sagte er leise, daß nur sie es hören konnte. »Wir wollen doch den Schuldigen finden.«
    Laut sagte er: »Hört einmal alle her! Dieses Mädchen behauptet, daß einer von uns sie so zugerichtet hat. Sie ist eine Bedienstete der Gräfin und lag schlafend in ihrem Zimmer. Dort wurde sie von einem Kerl überfallen, vergewaltigt und zusammengeschlagen. Wir wollen herausfinden, ob das jemand von uns getan hat.«
    »Wieso kann sie behaupten, daß es jemand von uns getan hat?« wollte ein Mann wissen.
    »Weil sonst niemand auf dem Schloß ist«, antwortete Asmodi.
    »Vielleicht aber doch«, erwiderte derselbe Mann. »Sagt man nicht, dies sei das Schloß des Teufels? Vielleicht hat sich der Teufel höchstpersönlich an das Mädchen herangemacht.«
    Alle lachten, selbst der Mann, der Anja hergebracht hatte, konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
    »Trotzdem wollen wir das nicht auf uns sitzenlassen«, erklärte er wieder ernst. »Ich schlage vor, daß alle Männer eine Defiliercour vornehmen, damit sie jedem ins Gesicht sehen kann.«
    »Was ist das?« fragte Anja ängstlich.
    Ihr wurde immer unheimlicher.
    »Ich sagte nur, daß alle Männer an Ihnen vorbeimarschieren sollen, damit Sie sie betrachten können«, beruhigte Asmodi sie. »Merken Sie sich die Gesichter genau! Wenn Sie den Schuldigen zu erkennen glauben, dann zeigen Sie ihn mir!«
    »Aber ich möchte das nicht«, sagte Anja.
    »Doch! Es muß sein.«
    »Bitte, bitte, machen Sie das nicht mit mir!« flehte sie. »Ich möchte lieber gehen. Ich fühle mich so schwach.«
    »Nein«, sagte der Mann an ihrer Seite. Er machte ein Zeichen mit der Hand, und der erste der männlichen Gäste trat vor Anja hin.
    Er war groß und schlank und dem Mann an ihrer Seite wie aus dem Gesicht geschnitten.
    »War er das?« fragte Asmodi. Anja schüttelte den Kopf.
    Der nächste trat vor sie hin. Anja schwindelte, als sie ihm ins Gesicht blickte. Er sah ebenso aus wie der Mann an ihrer Seite. Und auch der nächste und der übernächste hatten das gleiche Gesicht.
    Aber das konnte nicht wahr sein! Sie mußte sich täuschen. Begann sie den Verstand zu verlieren?
    Sie schloß die Augen. Als sie sie wieder öffnete, schwebte dasselbe Gesicht vor ihr.
    »Seien Sie tapfer!« raunte ihr Asmodi zu. »Sie haben es bald überstanden. Oder sollen wir aufhören?«
    Sie atmete erleichtert auf. »Ja, bitte! Lassen Sie mich gehen!«
    »Nein, nein, das kommt gar nicht in Frage. Sie haben Anklage erhoben und werden den Prozeß bis zum Ende durchstehen.«
    Anja fühlte sich unsäglich schwach. Welches teuflische Spiel trieben diese Leute mit ihr?
    »Es wird alles wieder eingerenkt«, versprach Asmodi. »Wir werden den Schaden wiedergutmachen - auch wenn Sie den Schuldigen nicht erkennen.«
    »Sie sehen alle gleich aus«, sagte Anja müde.
    »Weil äußerlich alle gleich sind. Sie müßten in sie hineinsehen können!«
    »Bitte, lassen Sie mich gehen!«
    »Und die Wiedergutmachung? Nein, zuerst wird Safirna Ihre Wunden pflegen. Sie kennt Wunderheilmittel, die schon längst in Vergessenheit geraten sind. Sie werden bald wieder so schön wie früher sein, Anja.«
    Er legte ihr die Hand auf die Schulter. Da sah sie die Ringe mit den Dornen und dem geheimnisvollen Zeichen. An jedem seiner Finger, außer am Daumen, steckte ein solcher Ring.
    Anja schrie aus Leibeskräften. Dieselben Ringe hatte das Untier getragen, daß sie heimgesucht hatte.
     

     
    »Es ist niemand mehr im Schloß«, sagte Vukujev.
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