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023 - Im Zeichen des Boesen

023 - Im Zeichen des Boesen

Titel: 023 - Im Zeichen des Boesen
Autoren: Ernst Vlcek
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»Anja ist davongelaufen. Sie ist bestimmt im Wald. Wir müssen sie dort suchen.«
    »Nein«, antwortete Dorian und hob die Fackel hoch, um den Korridor auszuleuchten. »Sie sind alle noch da. Wahrscheinlich jagen sie Anja. Die Dämonen werden sie nicht entkommen lassen. Bestimmt irrt sie hier irgendwo umher.«
    »Dämonen!« Vukujev kicherte. »Ich sehe keine Dämonen.«
    »Weil sie vor dir flüchten.«
    »Es gibt gar keine Dämonen. Ich glaube nicht an sie.«
    Dorian mußte sich wieder fragen, wer von ihnen beiden nun geistesgestört war. Vukujev sprach recht vernünftig, und jeder moderne, aufgeklärte Mensch hätte ihm recht gegeben und gesagt, er, Dorian, würde an Verfolgungswahn leiden. Deshalb fragte er sich ernsthaft, ob er nicht verrückter war als Vukujev.
    Bildete er sich alles nur ein? Hatte die Gräfin tatsächlich erklärt, ihn und die anderen acht Männer mit dem Teufel gezeugt zu haben? Es war Wahnsinn! Aber hatte er es sich auch nur eingebildet, daß sie vor seinen Augen zu Staub zerfiel? War es nur seiner Phantasie entsprungen, daß Anja, von einem Scheusal malträtiert, mit unzähligen Wunden am Körper davongelaufen war? Das hatte auch Vukujev gesehen. Und hatte er nicht mit eigenen Augen beobachtet, wie Lilian einen Vampir eng umschlungen hatte?
    Lilian! Was mochte aus ihr geworden sein? Sie hatte den Verstand verloren und war jetzt bestimmt glücklicher als zuvor. Für sie existierten die Schrecken dieses Schlosses nicht mehr. Die Dämonen fürchteten sie. Im Augenblick war es für sie sicher besser so. Aber was würde später sein, wenn das hier vorbei war? Würde Lilian geistesgestört bleiben, wenn sie ins normale Leben zurückkehrten? Dorian ballte die freie Hand zur Faust. Er wußte, daß es für ihn so etwas wie ein normales Leben nie mehr geben würde, selbst wenn er lebend aus dem Schloß kam. Er würde nicht mehr als Reporter irgendwelchen banalen Sensationen nachjagen können. Er konnte nicht einfach Scheuklappen aufsetzen und so tun, als sei nichts vorgefallen. Lilians Schicksal würde ihn immer an die Dämonen erinnern. Sie war das lebende Beispiel dafür, daß die Welt keineswegs in Ordnung war.
    Die Dämonen waren stark. Sie durchsetzten die menschliche Gesellschaft; und vielleicht – würden sie eines Tages die Herrschaft über die Erde antreten, wenn niemand mehr da war, der sich ihnen in den Weg stellte. Dorian fühlte sich berufen, das zu tun. Er schwor sich in diesem Augenblick, diese Aufgabe zu übernehmen, schon deshalb, weil er Lilian rächen wollte.
    Aber bis dahin war noch ein weiter Weg. Im Augenblick war er dem Tod näher als dem Leben, und er verdankte es nur einem Irren, daß ihn die Dämonen noch nicht vernichtet hatten. »Du mußt immer in meiner Nähe bleiben, Vuk«, sagte Dorian zum x-ten Male.
    »Ja, Dorian«, versicherte Vukujev. »Aber hat es denn überhaupt einen Sinn, wie verrückt durch das Schloß zu rennen?«
    »Sie sind noch alle hier«, sagte Dorian und blickte sich suchend um.
    Die Fackel warf ihr Licht in einen engen Gang, aber sie konnte nicht alle Winkel erleuchten. In den Schatten lauerten Dämonen. Wenn ihnen Vukujev zu nahe kam, zogen sie sich zurück; durch die Ritzen unter den Türen, in das Gemäuer, in den Boden und in die Decke. Dorian wußte das, obwohl er diesen Vorgang noch nie genau beobachten konnte. Er hörte die Geräusche und sah die schemenhaften Bewegungen.
    »Da war jemand!« rief Vukujev plötzlich.
    Dorian hatte die Gestalt ebenfalls gesehen, die vor ihnen den Korridor überquert hatte und in einem Seitengang verschwunden war. Er begann zu laufen, in der einen Hand die abgebrannte Fackel, in der anderen den langen, krummen Dolch. Als er den Seitengang erreichte, sah er, wie die gespenstische Gestalt gerade durch eine Tür verschwand. Er folgte ihr. In der Tür blieb er dann erschüttert stehen.
    Die Gestalt, die er beobachtet hatte, öffnete gerade ein Fenster. Es war eine nackte Frau, die im Mondschein zierlich und zerbrechlich anmutete. Sie beugte sich weit aus dem Fenster und breitete die Arme aus, als wollte sie im Mondlicht baden. Als sie den Kopf halb zur Seite wandte, sah Dorian ihr Profil.
    Lilian!
    Er eilte zu ihr, steckte im Laufen den Dolch in die Scheide und zerrte sie vom Fenster weg. Sie zuckte bei der Berührung zusammen, gab aber keinen Laut von sich; sie schien vor nichts mehr Angst zu haben. Arme Lilian!
    Sie blickte ihm erstaunt ins Gesicht.
    »Hast du nicht meine Freunde gesehen, Dorian?« fragte sie mit
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