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0227 - Stellas Rattenkeller

0227 - Stellas Rattenkeller

Titel: 0227 - Stellas Rattenkeller
Autoren: Jason Dark
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weit vor sich die Kulisse der Riesenstadt. Dazwischen die Grünanlagen, der Londoner Südwesten öffnete sich ihm. Konnte er schon den Brompton Cemetery sehen?
    Vielleicht, und er wünschte sich, so weit weg zu sein, wie irgendwie möglich.
    Ein schneller Blick auf die Uhr am Armaturenbrett. Ja, er befand sich noch in der gesetzten Zeit. Der Professor wollte es auf alle Fälle vermeiden, sich zu verspäten. Stellas Stimme hatte sehr bestimmend geklungen, als sie verlangte, daß Gardener pünktlich sein müsse.
    Er beruhigte sich wieder. So langsam gewöhnte er sich an seinen seltsamen Mitfahrer. Der Rover rollte nicht nur nach London hinein, sondern auch in den heranbrechenden Abend. Dunkel war es zwar noch nicht, aber die Sonne hatte bereits eine rote Farbe angenommen und näherte sich dem Horizont, ein Zeichen, daß sie bald verschwinden würde.
    Rocky Koch schien sich ausgetobt zu haben. Wenigstens verhielt er sich ruhig. Kaum ein Wort drang noch über seine Lippen. Er blieb im Fond, preßte sich gegen die Rückenlehne und hielt den Kopf gesenkt. Der Professor sah ihn, wenn er in den Innenspiegel schaute.
    Er hielt sich strikt links, überholte kaum und ließ andere Wagen vorbeifahren.
    Dann sah er die ersten Wegweiser zum Chelsea Stadion. Von dieser Fußball-Arena aus war es bis zum Friedhof nur noch ein Katzensprung.
    »Wann sind wir da?« Hastig stellte Koch die Frage, und der Arzt zuckte zusammen.
    »Gleich.«
    »Wann?« kreischte Koch, der urplötzlich durchdrehte, sich nach vorn schwang, über die Lehne des Fahrersitzes hinweggriff und mit beiden Händen den Nacken des Professors umspannte.
    Sofort nahm Gardener den Fuß vom Gas. Der Rover wurde langsamer. Hinter ihm hupte jemand. Fast wäre der Fahrer noch mit seinem Wagen gegen den Rover gekracht.
    »Lassen Sie mich los!« keuchte Gardener. »Sind Sie denn…« Die anderen Worte verschluckte er, denn wahnsinnig war der Mann, der seinen Hals umklammert hielt.
    Koch ließ tatsächlich los, und der Arzt atmete tief ein. »Es dauert wirklich nur ein paar Minuten. Verdammt, gedulde dich noch. Du kommst früh genug zu deinen Ratten.«
    Rocky Koch knurrte wie ein Tier. »Sprich nicht so mit mir, verdammt, so darfst du nicht mit mir sprechen.«
    »Entschuldige.« Der Professor empfand es als besser, wenn er auf seinen Patienten einging.
    Koch kicherte. »Jetzt hast du Angst, wie?«
    »Ja, aber nicht um mich, sondern um dich. Wenn ich hier durch deine Schuld einen Unfall baue, kommst du nicht mehr zu deinen Ratten.«
    »Unterstehe dich.«
    »Dann laß mich auch in Ruhe.«
    »Fahr weiter.«
    Gardener betätigte den Blinker und ordnete sich ein.
    Der fließende Verkehr nahm ihn auf. Weit durfte er die Straße nicht fahren, da er gleich rechts abmußte. Er ordnete sich ein und rollte auf der Fulham Road weiter.
    Hier lief der Verkehr zügiger. An der linken Seite sah er das Rund des Stadions, wenig später tauchten schon die südlichen Ausläufer des Friedhofs auf.
    »Gleich ist es soweit, nicht?« meldete sich Rocky Koch.
    »Ja.«
    »Fahr nicht zum Haupttor, sondern an das nordwestliche. Das habe ich mit Stella vereinbart.«
    »Geht klar.« Der Professor gab seiner Stimme einen ruhigen Klang. In die Ifield Road mußte er einbiegen. Sie führte direkt am Friedhof entlang. Die Bäume standen dort wie eine gewaltige grüne Wand. Die große Begräbnisstätte war noch nicht geschlossen worden. Das geschah im Sommer erst kurz nach Sonnenuntergang.
    So genau kannte sich der Professor auch nicht aus. Er konzentrierte sich jetzt sehr stark, und er war froh, als er einen Wegweiser fand. Er bog ein.
    Schmal war der Weg, der sich weitete, um in einen Parkplatz zu münden.
    »Sind wir da?« hechelte Koch.
    »Ja.«
    Koch kicherte. Er konnte nicht mehr ruhig sitzenbleiben: Das Ziel seiner Wünsche lag vor ihm, und ehe sich Gardener versah, hatte er schon die Fondtür aufgestoßen und war aus dem Fahrzeug geschlüpft. Er blieb breitbeinig stehen, drehte sich ein paarmal und nahm wie ein Tier schnuppernd die Atmosphäre auf, die den Friedhof umgab.
    »Ich rieche sie!« schrillte seine Stimme. »Ich rieche die herrlichen Ratten. Ja, sie sind da. Sie warten auf mich. In der Nähe lauern sie. Sie haben mich nicht vergessen.« Er legte seinen Kopf in den Nacken und lachte lauthals, so daß einige Besucher, die den Friedhof verließen, aufmerksam wurden und Rocky vorwurfsvolle Blicke zuwarfen.
    Der Professor lief um den Wagen herum. Er packte Koch an der Schulter. »Reißen Sie sich
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