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022 - Ich der Vampir

022 - Ich der Vampir

Titel: 022 - Ich der Vampir
Autoren: Hugh Walker
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nicht, dass er Schlaf einem unerwarteten Abenteuer vorzog. Nicht wenn das Abenteuer ihm in Gestalt einer solch interessanten Frau begegnete.
    Selbst wenn sie nicht sein Typ war. Er liebte die Frauen weniger selbstbewusst, mädchenhafter.
    Aber hier war es die Schönheit, die ihn faszinierte.
    Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken. „Kommen Sie herein“, rief er halblaut.
    Seine unbekannte Begleiterin trat ein. Von weitem war zu sehen, dass sie Angst hatte. Sie sah ihn unsicher an. Sie trug einen Bademantel. Ihr Haar war aufgelöst. Sie setzte zum Sprechen an, schien aber keinen Ton hervorzubringen.
    „Guten Abend“, sagte Vick rasch, um ihr aus der Verlegenheit zu helfen. „Ich heiße Danner. Viktor Danner.“ Er deutete auf den einzigen Stuhl im Raum – ein Angebot, das sie dankbar nickend annahm. „Diese Fahrt hat Sie einigermaßen mitgenommen“, fuhr er fort.
    „Nein“, sagte sie hastig. „Nein, es war nicht die Fahrt. Es war die Art, wie sie mit dem Mann im Restaurant sprach.“
    „Beschimpfte sie ihn? Ich sah, dass sie ihn zurechtwies, und dass er Angst vor ihr zu haben schien.“
    „Sie drohte ihm.“
    „Womit?“
    „Sie – sie sagte es nicht, aber es war deutlich zu spüren: mit dem Tod!“
    Das klang so bestimmt und überzeugend, dass Vick innerlich erschrak. Aber er ließ sich nichts anmerken.
    „Warum sind Sie dann mitgekommen?“ fragte er.
    Sie sah ihn bleich an. „Weil ich Angst hatte!“
    „Angst? Wovor?“
    „Nein zu sagen, als sie mich aufforderte. Sie bat mich, aber es klang wie ein Befehl.“ Sie schluchzte plötzlich und schlug die Hände vors Gesicht. Stockend fuhr sie fort: „Die ganze Fahrt über dachte ich, bei der ersten Abzweigung verschwinde ich. Aber es kam keine Abzweigung. O Gott, ich habe solche Angst!“
    „Vor der Frau?“
    Sie nickte.
    „Oder ist es die einsame Gegend hier – dieses alte Haus, die Nacht, das Gewitter, das bevorsteht?“
    „Ja, alles zusammen wahrscheinlich. Aber am meisten diese Frau! Sie ist mir unheimlich. Sie ist eine Hexe, alt und hässlich und grausam – ich fühle es. Sie hat etwas mit uns vor, und es ist nichts Gutes. Bitte, Herr Danner, lassen Sie uns zusammenbleiben heute Nacht.“
    Sie stieß es wie einen Hilferuf hervor.
    Vick starrte sie verwundert an. Er schüttelte den Kopf. „Sagten Sie – alt und hässlich?“
    „Ja“, brachte sie schluchzend hervor.
    „Von wem sprechen Sie, Fräulein …?“ Er bemerkte erst jetzt, dass er noch nicht einmal ihren Namen wusste.
    „Marion“, warf sie rasch ein.
    „Welche alte Frau meinen Sie denn?“
    „Die Besitzerin hier, wen sonst? Außer ihr und dem Dienstmädchen sahen wir ja niemanden. Und das Dienstmädchen war kaum zwanzig.“
    „Sie meinen die Dame, die uns auf die Zimmer brachte?“ fragte er erstaunt.
    „Natürlich.“ Nun war sie erstaunt. „Was haben Sie?“
    Vick starrte sie lange an. Schließlich stellte er mit rauher Stimme fest: „Einer von uns muss sich irren, und wir sollten herausfinden, wer!“
    „Irren?“ wiederholte sie verständnislos.
    Er nickte. „Mir erschien die Dame nämlich jung und sehr schön, und ich habe ein Rendezvous mit ihr heute Nacht. Vielleicht sahen wir sie aber beide durch eine Brille, Sie durch eine der Angst und ich durch eine allzu männliche.“
    Sie schwiegen beide einen Augenblick, dann sagte sie entschieden: „Nein, Herr Danner, das glaube ich nicht. Sie sahen sie sehr jung und ich steinalt. Sicher haben Sie recht, wenn Sie ein gewisses sexuelles Element in die Waagschale werfen. Aber dann müsste sie wenigstens über dreißig sein, oder gar vierzig, wenn wir beide zu solch unterschiedlichen Eindrücken kommen konnten. Glauben Sie, dass sie so alt war?“
    „Nein“, erklärte er. „Sie war nicht älter als zwanzig, vielleicht fünfundzwanzig, allerhöchstens.“
    Sie nickte. „Sehen Sie, und ich hielt sie für mindestens sechzig.“
    „Aber das ist doch verrückt“, entfuhr es ihm. „Worauf wollen Sie hinaus?“
    „Dass sie gefährlich ist“, erwiderte sie heftig, und beinah flüsternd. „Vielleicht hat sie hypnotische Kräfte, und wir sehen sie so, wie sie es will.“
    So verrückt auch alles klang, Vick konnte sich eines Schauders nicht erwehren.
    „Wir sind hier beinahe am Ende der Welt“, fuhr sie leise fort. „Niemand wird uns hier suchen, geschweige denn finden.“
    „Nun ist es aber genug!“ rief er ärgerlich über das plötzliche laue Gefühl der Angst im Magen. „Ich gebe zu, dass die
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