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022 - Die wandelnde Tote

022 - Die wandelnde Tote

Titel: 022 - Die wandelnde Tote
Autoren: Bernd Frenz
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aufzuhalten. Navok duckte sich, um die Angriffsfläche zu verkleinern, und rannte mit unverminderter Geschwindigkeit weiter.
     
    Noch fünfzehn Sekunden.
    Ein dunkler Schatten zischte an seiner Lederkapuze vorbei und bohrte sich zitternd in den Boden. Der Speer hatte ihn nur um Haaresbreite verfehlt.
    Während er den in die Höhe ragenden Holzschaft passierte, streifte bereits der Nächste an ihm entlang. Die Rojaals waren verdammt gute Werfer - es war nur eine Frage der Zeit, bis sie seinen Rücken trafen.
     
    Noch neun Sekunden.
    Ohne im Lauf inne zu halten, warf Navok einen Blick zurück.
    Er wurde von drei Coop'rals verfolgt. Der Mittlere hatte sich etwas mehr Zeit zum Zielen genommen als seine Kameraden. Nun holte er zum Wurf aus.
     
    Noch eine Sekunde.
    Der Rojaal wollte den Speer gerade schleudern, als hinter ihm ein dunkles Grollen ertönte. Die Lichtung begann zu beben. Der Speerwerfer kam ins Stolpern und schlug lang hin.
    Hinter ihm brach die Erde auf.
    Eine riesige Flammenwand schoss mit ohrenbetäubendem Lärm in die Höhe und schnitt eine kilometerlange Spur der Vernichtung in den Wald. Es folgte ein mächtiges Rauschen. Ein heißer Sturm fegte durch die Mammutbäume, der das Laub in Sekunden verdorren ließ.
    Navok wurde von der Druckwelle erfasst und durch die Luft gewirbelt. Instinktiv kauerte er sich zusammen und rollte sich geschickt über die Schulter ab, bis er wieder ins Grasmeer eintauchte. Auf dem Boden wucherndes Rankengeflecht dämpfte seinen Aufprall und er kam neben einem dicken Ahornstamm zu liegen.
    Keuchend verfolgte er, wie über ihm ein gewaltiger Feuerball in den Himmel stieg. Erdklumpen und Betonstücke, hagelten herab, doch die über Navok aufragenden Baumkrone schützte ihn vor dem Trümmerregen.
    Seine Kapuze war durch die Explosionswucht verrutscht, aber seine empfindliche Haut nahm keinen Schaden. Die dunkle Rauchwolke, die sich langsam über dem Tal ausbreitete, dämpfte die Sonnenstrahlen auf ein ungefährliches Niveau. Es wurde so dunkel, als ob die Abenddämmerung einsetzen würde Stöhnend rappelte sich der Nosfera auf. Seine Ohren klingelten von der Explosion. Jeder Knochen in seinem Leib tat weh, aber als er schwankend auf die Beine kam, war jeder Gedanke an Schmerzen wie weggeblasen.
    Ihm bot sich ein Bild des Grauens.
    Wo einst die unterirdische Schießbahn verlaufen war, klaffte ein zwei Speerwürfe breiter Erdspalt, der tief ins Waldgebiet führte. Dieses Inferno konnte niemand im Bunker überlebt haben. Der Gen'rel und unzählige Rojaals waren tot, verbrannt im heißen Atem des Feuers.
    Links und rechts der Todeslinie waren die Bäume wie Streichhölzer abgeknickt worden. Das Trümmerholz und der dahinter liegende Wald standen in Flammen. Dunkle Schwaden drang aus dem Boden hervor wie Blut aus einer Wunde. Die Rojaals, die am Waldrand gestanden hatten, waren vom Erdboden verschwunden. Die Detonation hatte sie hinweg gefegt wie Laubblätter im Sturm. Nur die drei Speerwerfer waren noch zu sehen.
    Langsam wankte Navok zurück. Zwei Coop'rals lagen mit verrenkten Gliedern im Gras. Die Explosion hatte sie durch die Luft geschleudert und unglücklich aufprallen lassen. Über den Mittleren war die Druckwelle hinweg gegangen, weil er am Boden lag. Dafür hatte ihn ein Betonbrocken getroffen. Seine Beine waren zertrümmert.
    Obwohl der beschriftete Helm fort war, erkannte Navok den Coop'ral sofort wieder. Eleven hatte ihn während der Gefangenschaft mehrfach misshandelt.
    Mitleidlos sah der Nosfera auf ihn hinab.
    »Hilfe«, bettelte Eleven. »Bitte, helfen Sie mir.«
    In Navoks vertrocknetem Gesicht zuckte es kurz, dann hatte er sich wieder in der Gewalt.
    »Ich werde helfen«, versprach er.
    »Und zwar all den Sklaven, denen ihr Rojaals die Freiheit geraubt habt. Ich werde nach Plymeth gehen, um Emroc genau so für seine Taten büßen zu lassen wie dich und den Gen'rel. Damit ich den langen Marsch überstehe, muss ich mich zuvor aber stärken. Ich hoffe, du hast Verständnis dafür…«
    Eleven spürte, wie ihm das Blut in den Adern gefror. Er wollte vor Entsetzen aufschreien, als sich Navok neben ihn kniete, doch seine Kehle produzierte nur ein trockenes Krächzen.
    Der Nosfera beugte sich über die pochende Oberschenkelwunde, um von dem roten Strom zu trinken, der aus der zerfetzten Arterie quoll.
    Erst als Eleven spürte, wie er bei lebendigem Leib ausgesaugt wurde, drang ein unartikuliertes Kreischen über seine Lippen.
    Sein Hilferuf hallte über die Lichtung
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