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022 - Der Sarg der tausend Tode

022 - Der Sarg der tausend Tode

Titel: 022 - Der Sarg der tausend Tode
Autoren: A.F.Morland
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sie ihre Stablampen ein.
    Die hellen Lichtfinger stachen in die Dunkelheit und stießen gegen schwarze Mauern. Es war im Inneren des Fabrikgebäudes so still wie auf einem Friedhof.
    Suchend glitt das Licht über den Boden und die Wände. Es gab finstere Nischen, in denen sich schwarze Schatten bewegten, wenn ein Lichtkegel über sie wischte.
    Manche Mauern existierten nur noch in Bruchstücken. Sie wiesen Löcher auf oder waren teilweise umgefallen. Barner rümpfte die Nase. »Wenn das Mädchen sich hier auskennt, finden wir sie nie.«
    »Wird sich herausstellen«, brummte Dobbic.
    »Hier gibt es Hunderte von Verstecken. In dieser Ruine ist es schon am Tag schwierig, jemand zu finden, aber bei Nacht.«
    »Spar dir deine aufbauenden Sprüche, Jim. Los, packen wir’s. Ich hier, du dort, okay?«
    Die Polizisten trennen sich. Barner stolperte über Ziegelsteine. Er schimpfte, während er den Kegel seiner Stablampe weitergleiten ließ. Rechts befand sich ein schmaler Gang.
    Jim Barner leuchtete hinein. Nichts. Keine Menschenseele.
    Dennoch verstärkte sich in ihm das Gefühl, daß jemand in seiner Nähe war. Vermutlich beobachtete ihn das Mädchen.
    Der Uniformierte übersah eine Eisenstrebe und stieß mit dem Kopf dagegen. Natürlich ging das nicht ohne eine Unmutsäußerung ab. Und Barner nahm sich vor, noch ein bißchen vorsichtiger zu sein.
    Sie steckt hier irgendwo, das Biest, dachte Barner ärgerlich.
    Wahrscheinlich lacht sie sich ins Fäustchen, aber das Lachen wird ihr vergehen, sobald ich sie entdeckt habe.
    Er blieb stehen und lauschte. »Ich weiß, daß Sie hier sind«, sagte er knurrend. »Und ich rate Ihnen, das Versteckenspielen sein zu lassen und zu mir zu kommen.«
    Abermals lauschte er. Wie würde das Mädchen darauf reagieren?
    Barner vernahm ein geisterhaftes Keuchen. Das war endlich ein Anhaltspunkt. Der Polizist eilte auf das Geräusch zu.
    Es kam zwischen zwei eng beisammenstehenden Mauern hervor.
    Jim Barner brauchte nur noch einen Schritt zu machen, dann stach das Licht seiner Lampe voll ins Dunkel, und was er sah, ließ ihm die Haare zu Berge stehen.
    ***
    Zehn Jahre und sechs Monate war Ted Dobbic nun schon Polizist, und er war es immer noch mit Leib und Seele, ohne Abnützungserscheinungen, wie sie nach dieser Zeit bei einigen anderen Kollegen zutage getreten waren.
    Dobbic war der Ansicht, daß Polizist kein Beruf, sondern eine Berufung war. Wer nicht mit ganzem Herzen daran hing, aus dem konnte niemals ein guter Polizist werden.
    Ted Dobbic war verheiratet und hatte zwei Kinder – einen Jungen und ein Mädchen. Er hing an beiden sehr. Manchmal, in brenzligen Situationen, fielen sie ihm ein, wie eine Mahnung, vorsichtig zu sein, damit er ihnen noch recht lange erhalten blieb.
    Auch jetzt dachte er unwillkürlich wieder an seine Familie, doch diesmal konnte das nicht als innere Warnung gedacht sein, denn er war nicht im Begriff, einen Schwerverbrecher zu stellen, sondern suchte lediglich ein junges Mädchen, das ihm bestimmt nichts zuleide tun würde.
    Wenn er an den Einsatz von vor zwei Monaten dachte, war das hier der reinste Spaziergang. Damals waren sie hinter einem Psychopathen hergewesen, der vier Ärzte ermordet hatte, weil er sich einbildete, sie wären schuld am Tode seines Vaters gewesen.
    Das Feuergefecht, das ihnen der Wahnsinnige geliefert hatte, war nervenaufreibend gewesen. Erst ein Scharfschütze von Scotland Yard hatte den Psychopathen mit einer Kugel zur Aufgabe gezwungen.
    Dobbic drehte sich um die eigene Achse. Der Schein seiner Stablampe schnitt waagrecht durch die Finsternis. Er entdeckte einen Abgang, der in den Keller führte.
    Hatte sich das Mädchen dort unten versteckt? Er näherte sich den abgetretenen, teilweise mit Schutt bedeckten Stufen und leuchtete hinunter. Sollte er allein da hinuntergehen? Oder sollte er den Ausflug in die Unterwelt lieber nicht ohne Jim Barner machen?
    Dobbic schaute zurück. Er sah kurz das Licht der anderen Stablampe, entschloß sich, den Keller ohne den Kollegen zu betreten und setzte den Fuß auf die erste Stufe.
    Ihm war ein bißchen unheimlich zumute, doch das hinderte ihn nicht daran, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Er war kein ängstlicher Typ, noch nie gewesen.
    Deshalb unterdrückte er das mulmige Gefühl, das sich in ihm breitzumachen versuchte, und stieg die weiteren Stufen mit noch größerer Entschlossenheit hinunter.
    Wie ein Geisterfinger huschte ihm das Licht voraus. Lautlos.
    Dobbic fragte sich, wodurch dieses
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