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0219 - Das Grab im Korallenriff

0219 - Das Grab im Korallenriff

Titel: 0219 - Das Grab im Korallenriff
Autoren: Rolf Michael
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nicht ziellos. Auf geradem Weg bemühte er sich, zu dem unterseeischen Berg zu kommen.
    Denn die Todesfurcht trieb ihn. Und hier, hier wußte er eine Art Asyl. Hier war etwas, was ihm Schutz gewähren konnte.
    Wie in der Welt der Menschen Kirchen und andere sakrale Heiligtümer Schutz gewähren können, wie der, welcher zu Füßen der Gottheit kriecht, zum mindesten fürs erste sicher ist, so walten auch über manchen Stätten, die kein Mensch kennt, unsichtbare Mächte, die den Verfolger abwehren.
    Wer kennt den wahren Kern der Legende von dem wilden Jäger, der das Getier des Waldes an heiliger Stätte hetzte und damit bestraft wurde, bis zum Jüngsten Tage von Höllenhunden gejagt zu werden?
    »Raum für alle hat die Erde! - Was verfolgst du meine Herde?« ruft der Berggeist dem Alpenjäger zu, der die Gemse vor der abgrundtiefen Schlucht stellt.
    Und die Heiligenlegende um Sankt Hubertus, der einen Hirsch bis zum Rand der Klippe trieb, in dessen Geweih dann ein Kreuz erschien.
    Überall auf der Welt sind, nach dem Glauben der Uralten, Freistätten geschaffen, wohin die gehetzte Kreatur flieht. Auch auf dem Grund des Meeres. Und zu einer solchen Freistätte floh der Manta jetzt. Denn der hartnäckige Gegner hinter ihm wollte ihn töten.
    Nur noch wenige Meter. Gleich würde er über der Stätte sein. Und der Manta schickte das, was man einen Hilferuf nennen kann, aus. Nicht vernehmbar für Sinn oder Ohr eines lebendigen Wesens, aber zu hören in dieser Welt, die über, hinter oder neben der unseren liegt.
    Im selben Moment gurgelte hinter dem Manta das Wasser.
    Fred Pounder hatte die Harpune abgefeuert.
    ***
    »Ich wünsche, die Leute in spätestens dreißig Minuten hier zu sehen. Es ist dringend!« Eine feingliedrige, gepflegte Hand legte den Telefonhörer auf. Aus einem goldenen Etui fischte er eine Zigarette. Genüßlich sog der Mann hinter dem rustikalen Schreibtisch den Rauch ein. Der ganze Raum schien weniger die Führungsetage einer Organisation zu sein als eine Art Museum, in der alles, was in mehreren Stildekaden als vornehm-protzig gegolten hatte, zu finden war.
    Der Schreibtisch des Mannes, der in einen Maßanzug aus mitternachtsblauem Samt gekleidet war und dessen Hemd wie polarer Schnee leuchtete, war im streng klassizistischen Stil gearbeitet. Der große Schrank und die Vitrine mit zahlreichen antiken Schaustücken wiesen den Luxus des Barocks auf. Und die römische Büste auf der Säule sah nicht nach einer Fälschung aus, ebensowenig wie der ägyptische Sarkophag gegenüber oder die mannshohe, goldene Buddhastatue hinter dem Scheibtisch.
    Es war die Zentrale eines Mannes, der skrupellos danach strebte, das internationale Verbrechen unter seine Herrschaft zu bekommen. Nach Art der amerikanischen Mafia hielt er seine über den ganzen Erdball verstreuten Gangs und Syndikate unter Kontrolle. Jedes Mittel, wirklich jedes, war ihm recht, wenn es darum ging, seine Pläne durchzusetzen oder seine Ziele zu verwirklichen.
    Niemand kannte ihn wirklich, niemand wußte, welche Staatsangehörigkeit er hatte. Er nutzte Büroräume, die von Strohmännern gemietet waren. Hier, in Frankfurt am Main, der Drehscheibe in Europa, war sein Hauptquartier. Nicht nur die große Wirtschaft, auch das Verbrechen blühte unter dem Deckmantel des Big-Business.
    Mochte es der Polizei auch manchmal gelingen, seine Geschäfte empfindlich zu stören, ihm selbst und seinem engsten Kreis war nie etwas nachzuweisen. Wie ein König von Rittern und Vasallen umgeben ist, so stand auch er ziemlich unangreifbar.
    Freund und Feind nannten ihn den Patriarchen.
    Aus einem Geheimfach seines Schreibtisches zog er eine Art Maske in der Farbe seines Anzugs hervor. Die Männer, die gleich erscheinen würden, gehörten zur zweiten Garnitur. Sie hatten noch nie das Gesicht ihres Chefs gesehen.
    Die Gesichter der Männer, die einige Minuten später den Raum betraten, hätten den Erkennungsdienst von Interpol in Verzückung ausbrechen lassen. Trugen die Herren auch maßgeschneiderte Anzüge aus feinsten Stoffen, ihre dunklen Geschäfte waren in ihre Visagen geschrieben.
    Mit wenigen Worten wurden sie durch die unter der Maske etwas verfremdet klingende Stimme des Patriarchen unterrichtet.
    »Die Ausgabe für die Abhöranlagen in den Chefetagen des Möbius-Konzerns hat sich also gelohnt, meine Herren!« beendete der Patriarch etwas selbstzufrieden seinen Vortrag. »Und auch die, nun, sagen wir, Zuwendungen an unsere Kontaktperson im Gebäude. Ich
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