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021 - Aufbruch in die 'Neue Welt'

021 - Aufbruch in die 'Neue Welt'

Titel: 021 - Aufbruch in die 'Neue Welt'
Autoren: Jo Zybell
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erkannte.
    In der Halle mussten sie lagern. Fleisch, Getreidefladen und Wasser wurden verteilt. Emroc hielt eine kurze Ansprache. Sie würden ein paar Tage hier bleiben, dürften sich waschen, Haare und Nägel schneiden und würden sogar zu essen bekommen, so viel sie wollten.
    Klar doch, dachte Matt bitter. Halb- verhungerte abgerissene Gestalten würden sich schlecht verkaufen lassen.
    ***
    Raspun stieß beide Flügel der Tür weit auf und trat hinaus auf den Innenhof.
    Der Blick seiner dunklen Augen flog über die helle Fassade an der rechten Schmalseite des Hofes, dann über den Hof selbst.
    Alles war so, wie der Kapitaan es gewünscht hatte: An den offenen Bogenfenstern des ersten Obergeschosses standen die Frauen des Harems, an der gegenüberliegenden Hofseite die vier Trommler und Tuman, der Erste Lytnant der Santanna. Der Ledersessel mit den gedrechselten Beinen und Armlehnen thronte mitten im Hof auf einem erhöhten Podest. Der Pfahl ragte zwanzig Schritte davor aus dem weißen Kies. Zu seinen beiden Seiten traten fünf Männer unruhig von einem Fuß auf den anderen - die neuen Besatzungsmitglieder der Santanna.
    Und zwischen Sessel und Pfahl standen vier Bewaffnete mit dem gefesselten Steuermann. Raspun trat zu Seite.
    Der Kapitaan schritt aus dem Portal in den Hof hinein, an seiner rechten Seite Nuela, seine Hauptfrau.
    Sie hatte sich bei ihm untergehakt. Raspun fröstelte es beim Anblick ihrer steinernen Miene. Wie schon tausendmal zuvor. Die braunhäutige Frau des Kapitaans war von einer dämonischen Schönheit.
    Kaum knirschte der Kies unter den kniehohen Lederstiefeln des Kapitaans, fiel Fylladschio auf die Knie. »Verzeiht mir, mein Kapitaan!« Er streckte ihm die gefalteten Hände entgegen. »Bei Wudan, verzeiht mir! Bei allen Göttern, lasst Gnade walten…!«
    Die hochgewachsene Gestalt des Kapitaans näherte sich gemessenen Schrittes dem erhöhten Sessel. Ohne dass er den Arm hob, zuckte seine linke Hand.
    »Ich bin das Opfer einer…«
    Die Fäuste der Bewaffneten neben Fylladschio trafen fast gleichzeitig sein Gesicht. Der flehende Satz des Steuermanns erstickte in einem Schmerzensschrei. Mit dem Gesicht voran fiel er in den Kies. Sein bis auf einen Lendenschurz nackter Körper bebte vor Schluchzen.
    Fylladschio wusste, was ihn erwartete. Mehr als einmal hatte er selbst einen Vorurteilten zum Pfahl geführt. Hier im Innenhof von Kapitaan Colombs kleinem Palast oder an Bord des Schiffes. Mehr als einmal hatte er tapfere Männer um ihr Leben winseln gehört. Und jetzt heulte er selbst wie ein kleiner Junge.
    Vor dem Sessel blieb der Kapitaan stehen.
    Nuela ließ seinen Arm los. Der Kapitaan blickte hinauf zu den Fenstern der Schmalseite des Hofes. Seine Frauen deuteten eine Verbeugung an, alle sechs nacheinander.
    Langsam, als hätte er alle Zeit der Welt drehte der Kapitaan sich um. Sein Blick streifte kurz den Ersten Lytnant und die Trommler und wanderte dann über die Gesichter seiner neuen Seeleute. Schlagartig hörte ihr nervösen Getänzel auf. Stocksteif standen sie und wichen dem Blick des hageren Mannes mit der Hakennase aus. Genau wie die Frauen mussten sie Fylladschios Bestrafung beiwohnen. Fylladschio, im weißen Kies, übersah der Kapitaan. Als wäre sein Steuermann Luft für ihn. Er wandte sich dem Sessel zu, stieg die drei Stufen des Podestes hinauf und nahm Platz.
    Er hatte das Gesicht eines Geiers - sehr lang, ungewöhnlich schmal, knochig, mit dünnen Lippen und von einem schmutzigen Braun. Ein grauer Bart aus glattem Haar bedeckte es - die hohlen Wangen nur spärlich, das spitze Kinn dichter. Die gekrümmte Nase ragte aus diesem Gesicht wie der scharfe Schnabel eines Raubvogels. Seine Augen - groß und unter grauen buschigen Brauen - waren nicht braun, nicht einmal bernsteinfarben. Sie waren von einem kalten Gelb. In seinem ganzen Leben hatte Raspun nicht solche Augen gesehen.
    Kapitaan Colomb trug rote Lederkleidung. Die kleine randlose Kappe auf seinem kurzen weißgrauen Haar, der Frack mit den großen Silberknöpfen, die knielange Pluderhose, ja selbst der Griff und die Scheide seines Degens - alles bestand aus rotem Leder. Nur die Schuhe waren schwarz. Und glänzten wie Hose, Frack und Kappe.
    Raspun allein vertraute Colomb die Pflege seiner Garderobe an. Jeden Tag verbrachte der schwarze Leibsklave des Kapitaans eine ganze Stunde damit, sie mit Andronenblut blank zu polieren.
    Nuela stellte sich links neben den Sessel ihres Mannes. Sie trug ein langes schwarzes Kleid und
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