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021 - Aufbruch in die 'Neue Welt'

021 - Aufbruch in die 'Neue Welt'

Titel: 021 - Aufbruch in die 'Neue Welt'
Autoren: Jo Zybell
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wie schön sie ist, dachte Matt, und doppelt schön, wenn der Zorn in ihr brodelt. Er sah ein Denkmal am Rande des Platzes. Frauenmarkt… wir sehen uns auf dem Frauenmarkt…
    Der Sklavenzug passierte das Denkmal. Die Menschen beiderseits der Straße tuschelten und feixten. Ein kleiner Junge zielte mit einer Steinschleuder auf den Mann, der vor Matt über das Kopfsteinpflaster stolperte. Der schrie auf, als der Stein ihn am Kopf traf, und presste seine Hand auf die Wunde. Blut sickerte in sein langes quastiges Schwarzhaar.
    Vor dem Denkmal blieb Matt stehen. Es war die schwarze Skulptur eines Mannes in stolzer Siegerpose - Lederwams, Schärpe und Offiziersdegen im Waffengurt. Das kann nicht von ihnen stammen, dachte Matt, das ist aus der Zeit vor »Christopher-Floyd«…
    Und dann las er den Namen auf dem Marmorsockel des Denkmals: Sir Francis Drake. Der Mann, der vor fast tausend Jahren von hier aus in See stach, um die Welt zu umsegeln. Der Mann, der die spanische Armada versenkte…
    Ein Peitschenhieb riss Matt zurück in die Gegenwart. Der Schmerz brannte auf seinem Rücken. Keinen Ton gab er von sich, wankte einfach weiter.
    »He! Seht euch den Gelbhaarigen an!«, rief jemand aus der Menge. Ein feixendes Gesicht schob sich an ihn heran, packte seinen Ärmel und sagte: »Was für einen grünen Anzug trägst du da, Sklave?«
    Hände zerrten an den Resten seiner Uniform, die man ihm in der Community London geschenkt hatte. »Viel zu schade für einen wie dich…«
    Der Schatten einer Androne fiel auf die Menge. »Zurück! Verdammt, zurück mit euch! Keiner rührt Emrocs Eigentum an…!«
    Es war ein Spießrutenlaufen, durch breite Straßen, über Plätze und durch Gassen. Mit stolz erhobenem Haupt lief Aruula an der Menge vorbei. Matt bewunderte sie. Ihn selbst überschwemmte die Bitterkeit. Matthew Drax aus Riverside, Kalifornien, Bürger der Vereinigten Staaten, Absolvent der United States Air Force Academy, Commander der USAF - wie tief bist du gesunken…?
    Bald lösten Holzbaracken die Häuserfronten ab. Dazwischen hüttenartige Verschlage aus rostigen umgestürzten Schiffskörpern. Dahinter ein breiter Streifen, der mit schwarzem Kopfstein gepflastert war. Er grenzte ans Meer. Piere, aus dunklem Stein gemauert, zogen sich ins Wasser. Matt sah Segel und Schornsteine von Schiffen. Der Hafen.
    Dutzende mit Waren beladene Frekkeuscher schaukelten an ihnen vorbei. Auch viele Wakudagespanne zogen mit Frachtgut beladene Karren von den Anlegestellen weg in die Stadt hinein.
    Hier kennen sie Dampfmaschinen, dachte Matt, hier haben sie Glas in den Fenstern…
    Der Sklavenzug wurde an langen Holzhallen vorbei getrieben. Von den Pieren klang Gehämmer und Gesäge herüber. Hohe Holzstapel verdeckten den Blick auf die Baustelle halb; das Skelett eines im Bau befindlichen Schiffes war dennoch zu sehen. Es saß auf Baumstämmen am Rande einer schiefen Ebene, die in ein Hafenbecken hineinführte.
    »Sieh nur«, sagte Aruula. »Hier werden tatsächlich Schiffe gebaut. Die Leute in der Community hatten Recht.« Matt spürte ihren Blick von der Seite. »Wenn du dich aufgibst, dann gibst du auch deinen Auftrag auf!«
    Auftrag… das klang wie ein Wort aus einer fremden Sprache. Wie soll ein Sklave in die Ex- USA gelangen und nach weiteren Bunkermenschen suchen…?
    »Denkst du an deinen Auftrag?« Aruula drängte sich nahe an ihn heran. Wieder der beschwörende Tonfall. »Du hast es versprochen, Maddrax!«
    Wo nimmt sie die Kraft her? Matt blickte in das bronzefarbene Frauengesicht neben sich. Sie ist wie eine Katze, die man sechsmal aus dem Fenster geworfen hat und die mit jedem Mal bedingungsloser um ihr Leben kämpft…
    »Ich denke nicht an meinen Auftrag«, gab er zurück. »Ich denke an das, was dieser Soldat eben gesagt hat. Wenn es einen Frauenmarkt gibt, dann gibt es auch einen Markt für männliche Sklaven. Und das hieße, dass wir getrennt würden.«
    Aruula Miene verfinsterte sich. Doch sie antwortete nicht.
    Sie bogen in eine Straße ein, die ebenfalls am Hafen entlang führte. Hier gab es aber keine Lagerhallen und Baubaracken mehr, sondern schmale, aneinander gebaute Giebelhäuser. Die Sklaventreiber führten die Kolonne durch einen bogenförmigen Hofeingang in eine Art Halle. Zwischen den Fassaden, von gusseisernen Säulen getragen, spannte sich eine Überdachung aus durchsichtigem Material.
    Matt musste zweimal hinschauen, bis er in den Scheiben die abmontierten Kommandobrücken verschrotteter Schiffe
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