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0207 - Der Steinriese erwacht

0207 - Der Steinriese erwacht

Titel: 0207 - Der Steinriese erwacht
Autoren: Rolf Michael
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Knien. Er bemühte sich, die Füße heraus zu ziehen, versuchte, auf den werdenden Steinhaufen zu klettern, um von dessen Höhe alles Weitere zu beobachten.
    Vergeblich.
    Es war, als wurzelten seine Füße im Boden. Er vermochte kein Glied zu rühren.
    Und die Steine wuchsen an ihm empor. Schon war die Hüfte erreicht. Und wie aus einer unterirdischen Quelle sprudelten neue Steine empor. Fieberhaft versuchte der Puck, mit seinen kleinen Händen, die Steine aus dem Gefüge zu brechen und fortzuwerfen.
    War es sein Schicksal, von den Steinen gefressen zu werden? Waren die Geister, die er gerufen hatte, zu stark für ihn gewesen? Mußte der, welcher die Worte der Macht und des Lebens aussprach, noch über andere Fähigkeiten verfügen?
    Die Gedanken wirbelten im Kopf des Puck. Alle Bosheit war von ihm abgefallen, nur Angst, hündische Angst raste in ihm.
    Und unter ihm schien der Berg zu kreißen und ständig neue Steine zu gebären. Immer wieder wurden von irgendwo aus dem Inneren neue häßlichgelbe Steine nach oben geschleudert, die den Leib des Riesen plastisch formten.
    Quiekende Schreie stieß der Puck aus, als die Steine die Höhe seiner Brust erreichen. Seine Arme ruderten in der Luft, seine Finger versuchten nach irgendeinem Halt in der Luft zu greifen, nach einem Rettungsanker aus dem Nirgendwo, an dem er sich emporziehen konnte.
    Aber da war nichts. Nur Stein auf Stein legte sich gnadenlos weiter um ihn, schloß ihn förmlich ein wie ein Betonklotz.
    Und dann - fürchterlicher Moment -war der Augenblick gekommen, wo die Steine seinen Kopf erreichten. Die unartikulierten Schreie aus seiner Kehle waren nicht mehr der Hilferuf eines denkenden Wesens. Es war das Angstgebrüll der Kreatur, die, den Tod vor Augen, nur eines will - überleben.
    Längst sind dem Wissen der Menschen die Namen der Götter und Gottheiten entfallen, die der Puck in Todesgrauen anflehte, sein erbärmliches Leben zu retten.
    Wie die Eruption eines Vulkans wurden noch einmal Steine emporgeschleudert, ein letztes, verzweifeltes Kreischen des Puck, dann waren nur noch Steine, aus denen noch einige Herzschläge lang zwei kleine Arme in grotesken Verrenkungen zuckten, bis auch sie verschwunden waren.
    Aber der Körper des Riesen wurde von einem Zucken geschüttelt. Wie von einem tiefen Atemzug belebt, hob sich die mächtige, steinere Brust. Ein schnarchender Laut kam aus der Öffnung, die man beim Menschen als den Mund bezeichnet.
    Der Gigant war erwacht.
    Der Steinriese von Cerne Abbas lebte.
    ***
    »Die Gefahr lauert irgendwo!« murmelte Professor Zamorra. »Aber ich kann nicht sagen, woraus sie besteht. Das Amulett«, ein enttäuschter Laut lag in seiner Stimme, »das Amulett versagt diesmal.«
    »Was sollen wir tun?« fragte Carsten Möbius gespannt. »Sollen wir etwa hierbleiben und warten?«
    »Kommt gar nicht in Frage!« bestimmte Nicole resolut. »Eine Gefahr, die man nicht kennt, wächst ins Unermeßliche. Wir müssen den Gegner auskundschaften. Dann können wir uns immer noch überlegen, was wir unternehmen!«
    Hätte Nicole geahnt, daß sich der Gegner gerade erhob, sie wäre nicht so zuversichtlich gewesen.
    ***
    Die Steine waren über dem Puck zusammengeschlagen und das Wesen aus dem Elbenreich erwartete den Tod. Gleich, gleich mußte die Luft knapp werden, dann kam der Todeskampf und das schwere Ende des Erstickens.
    Aber es geschah nicht. Im Gegenteil.
    Das, was ihn vorher wie gehärteter Beton umschlossen hatte, wurde weich und nachgiebig. Der Puck konnte sich in den Steinen bewegen, willig paßten sich die unfügigen Steine seinen Bewegungen an. Und auch Luft bekam er auf sonderbare Weise.
    Da! Dort war so etwas wie Öffnungen - nein, wie kristallklare Steine. Der Puck versuchte, diese Kristalle zu erreichen. Durch die ihn umgebenden Steine schob er sich vorwärts. Dann stand er vor einem mächtigen Quader, der wie geschliffenes Glas erschien.
    Neugierig sah der Puck hindurch und - seine Augen sahen den Mond und die Sterne. Da dämmerte dem Hofnarren der Elbenherrn eine Ahnung.
    Er sah durch die Augen des Riesen. Vielleicht war es völlig gewollt, daß er hier im Schädel des Riesen eingeschlossen war. Vielleicht - ja, ganz sicherlich, hatte er hier eine Aufgabe zu erfüllen.
    Denn durch die Sprüche der Macht bekam der Riese seine Gestalt. Das Wort des Lebens hauchte ihm den Odem ein.
    Aber nur das Leben allein genügt nicht. Selbst das Tier hat vererbte Instinkte, weiß automatisch, was es im Leben zu tun hat. Aber diese
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