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020 - Zug der Verlorenen

020 - Zug der Verlorenen

Titel: 020 - Zug der Verlorenen
Autoren: Michael J. Parrish
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dabeigestanden und das Wiedersehen der beiden mit gütigem Lächeln verfolgt hatte. »Könnt ihr uns verzeihen?«
    »Da ist nichts zu verzeihen«, erwiderte Quart'ol schlicht.
    »Aber wie können wir euch danken?«, fragte Aruula. »Ihr habt uns allen das Leben gerettet.«
    »Was wir getan haben, ist festgeschrieben in unseren Gesetzen und Liedern«, gab Quart'ol zurück. »Die Hydriten waren zu allen Zeiten die Freunde der Menschen. Daran hat sich nichts geändert.«
    »Aber wenn ihr unsere Freunde seid«, wandte Matt ein, »warum besteht ihr dann darauf, dass wir hier bleiben? Freunde vertrauen einander, oder nicht?«
    »Ich wünschte, das könnte ich«, meinte Quart'ol seufzend. »Aber die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass es für uns besser ist, von den Menschen isoliert zu bleiben. Wir sind eure Freunde im Verborgenen, weil wir jedermanns Freund sind. Doch die Menschen sind ein kriegerisches Volk, heute mehr denn je. Die Barbarei ist mit dem Kometen auf die Erdoberfläche zurückgekehrt.«
    »Ich verstehe die Bedenken der Hydriten«, gestand Matt ein, »aber seit der Katastrophe ist viel geschehen. Es ist wahr, dass die Menschen lange Zeit ihre Zivilisation vergessen hatten und von vorn beginnen mussten. Aber nun sind sie auf dem besten Weg, eine neue Kultur zu er- richten - und sie könnten Hilfe dabei brauchen. Denken Sie nicht, dass es an der Zeit wäre, den Menschen eine zweite Chance zu geben? Nehmen Sie Kontakt auf!«
    »Warum sollten wir?« Quart'ols Miene trübte sich ein. »Unsere Erfahrungen haben uns eine andere Lektion gelehrt, und sie reichen sehr lange zurück. Seit den Tagen der Alten sind wir hier und beobachten euch Menschen.«
    »Seit den Tagen der Alten?«, echote Matt.
    »Was soll das heißen? Wie lange sind Sie und Ihr Volk schon hier unten?«
    Quart'ols Kiemenlappen blähten sich. »Da ist sie wieder«, sagte er leise. »Diese Neugier. Diese Ungeduld. Dieses Brennen auf Antworten. Und doch sind es gerade diese Eigenschaften, die wir an euch fürchten.«
    »Das Meiste, von dem, was Sie sagen, ist für mich ein Rätsel«, gestand Matt. »Ich weiß nichts über die Geschichte der Hydriten. Aber ich kenne die Geschichte der Menschheit und weiß, dass sie eine zweite Chance verdient hat. Warum begleiten Sie uns nicht zur Oberfläche und überzeugen sich selbst, Quart'ol? Warum sind Sie nicht selbst ein wenig neugierig? Unsere Völker könnten so viel voneinander lernen, wenn sie einander nur vertrauen würden.«
    »Das ist richtig«, stimmte Quart'ol zu.
    »Warum machen wir nicht einen Anfang?«, schlug Matt vor. »Hier und heute. Hier ist meine Hand, Quart'ol. Ergreifen Sie sie!«
    Eine Weile lang stand der alte Hydrit nur da und starrte die Hand an, die Matt im darbot. Schließlich hob er zögernd seine filigrane Flosse und griff danach - und zum ersten Mal seit undenklich langer Zeit - vielleicht sogar zum ersten Mal in der Geschichteüberhaupt - reichten sich Mensch und Hydrit die Hand.
    »Und?«, fragte Matt. »Werden Sie uns vertrauen? Werden Sie uns gehen lassen?«
    Quart'ol gab ein schnarrendes Geräusch von sich, ließ sich mit seiner Antwort Zeit. »Ja, das werde ich«, sagte er schließlich. »Und ich werde mit Ihnen gehen.«
    Die anderen Hydriten, die dabei standen, machten entsetzte Gesichter, als sie hörten, was Quart'ol vorhatte. In ihrem blubbernden, von Knacklauten durchsetzten Idiom redeten sie auf ihn ein, gestikulierten heftig mit ihren Flossenhänden - doch Quart'ol ließ sich nicht beirren. Der alte Wissenschaftler hatte seine Entscheidung getroffen.
    »Ihr wisst, dass es keine Alternative gibt, meine Freunde«, sagte er in der Sprache seines Volkes zu seinen Artgenossen. »Früher oder später müssen wir den Kontakt zu den Menschen wagen.«
    »Es ist zu früh«, wandte einer der Hydriten ein. »Du weißt, was geschehen ist, als wir es das letzte Mal versuchten, weiser Quart'ol. Die Chroniken warnen uns davor - und das aus gutem Grund.«
    »Ich weiß«, gab Quart'ol zurück. »Aber in den Chroniken steht nur die Vergangenheit, nicht die Zukunft geschrieben. Wie soll es Fortschritt geben, wenn wir nicht nach vorn sehen? Hab Vertrauen, Mer'ol.«
    Er legte dem Jüngeren die Flosse auf die Schulter, worauf dieser verstummte und betreten zu Boden blickte. »Ich beuge mich deinem Willen, weiser Quart'ol«, sagte er, »aber ich habe Angst um dich.«
    »Deine Gefühle ehren dich, Mer'ol«, sagte der Alte leise. »Aber denk daran, dass dies ein neuer Anfang sein könnte. Wir
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