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020 - Die Blutgraefin

020 - Die Blutgraefin

Titel: 020 - Die Blutgraefin
Autoren: Hugh Walker
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und Weise, wütend zu sein, und verfluchte meine Unentschlossenheit.
    Madame Ferenczek kam ins Zimmer und sah mich verwundert an. »Was haben Sie ihr gesagt? Sie wirkte so verändert. Jemand wird wenig erfreut sein, dass sie fort gegangen ist. Aber ich bin froh darüber. Es war nicht recht, was man von ihr wollte. Ich muss Ihnen danken, Herr Clement.
    Seien Sie versichert, dass Sie in meinem Haus immer willkommen sind – solange es noch steht«, fügte sie sarkastisch einschränkend hinzu. »Aber kommen Sie jetzt, es ist Zeit, dass wir nach unten gehen. Hier, nehmen Sie diese Augenmaske.
    Zwar kennt Sie niemand, aber es könnte die anderen unangenehm berühren, wenn Sie als einziger unmaskiert gehen.«
    Ich setzte die Maske auf und folgte ihr erwartungsvoll die Stiegen hinab in den Halbstock. Wir traten in ein Zimmer, aus dem ich bereits bei meiner Ankunft Stimmen vernommen hatte.
    Der Raum war verhältnismäßig klein, vier mal vier Meter vielleicht. Die Wände waren vollkommen mit dunklem Stoff verhangen, dessen Farbe im unruhigen und spärlichen Kerzenlicht nicht auszumachen war. Es war auch nicht erkennbar, ob der Raum ein Fenster besaß. Keine Spur von Tageslicht drang durch.
    Ich hatte das Gefühl, wenn man die Kerzen auslöschte, würde die Finsternis vollkommen sein.
    Sechs Menschen, vier Männer und zwei Frauen saßen auf einfachen Stühlen in einem Kreis. Sie trugen alle Masken, manche sogar über das ganze Gesicht. Sie blickten uns neugierig entgegen. Ich nickte grüßend, und die anderen erwiderten meinen Gruß stumm, als hätten sie Angst, den Klang ihrer Stimme preiszugeben.
    Madame wies mir einen Stuhl an. Dann saß ich schweigend und abwartend zwischen zwei ebenso schweigenden Herren.
    Auch Madame setzte sich in den Kreis. Alles schien bereit.
    Aber dann läutete eine Klingel irgendwo. Jemand wollte zur Tür, aber Madame bat ihn, sitzen zu bleiben. Sie ging selbst nach draußen.
    Es dauerte fast zwanzig Minuten, bis sie wiederkam, und die Anwesenden wurden einigermaßen unruhig, ich nicht ausgenommen.
    Als sie endlich erschien und für die Verzögerung um Entschuldigung bat, trat eine maskierte Dame in einem schwarzen Abendkleid mit ein. Das erschien mir ein wenig seltsam, denn es war noch immer Nachmittag, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Frau in diesem festlichen Kleid durch den schwülen Nachmittag gewandelt war. Aber war sie neu in diesem Kreis und wusste nicht, dass bei Seancen eine festliche Garderobe nicht üblich ist? Wenigstens nicht dort, wo man Seancen nicht um der Schau willen machte.
    Madame Ferenczek führte die Frau zu mir und bat meinen Nachbarn: »Kommen Sie, ich hätte Sie heute gern an meiner Seite.«
    Als der Herr sich erhoben hatte, bat sie die fremde Dame, Platz zu nehmen.
    Diese nickte mir zu und setzte sich. Etwas im Schuh schien sie zu drücken, denn sie beugte sich hinab, zog ihn aus und erneut an. Aber dieser Augenblick reichte aus, um mir zu enthüllen, wer neben mir saß. Ich sah nämlich, dass ihr Fuß unter dem dünnen Strumpf schmutziggrau war. Mein Blick glitt hoch. Ihr schwarzes Haar war aufgesteckt. Ich sah nicht viel von ihrem Gesicht, aber ich war ziemlich sicher, dass das Mädchen Ornella neben mir saß.
    Sie sah mich an, und ich lächelte ihr zu. Aus irgendeinem Grund war sie zurückgekommen in dieser Maskerade. Ich ertappte mich dabei, dass ich mich darüber freute.
    Es wurde dunkler. Ich ließ den Blick von Ornella. Es schien loszugehen. Einer der Anwesenden löschte alle Kerzen bis auf zwei, die rechts und links neben Madame Ferenczek standen.
    Madame sah sich im Kreise um.
    »Meine treuen Freunde«, sagte sie, »wir haben heute zum ersten Mal seit langer Zeit zwei Fremde unter uns, und ich möchte daher über jene Dinge ein paar Worte sagen, die uns schon längst vertraut sind. Es ist nicht wichtig, dass Sie sich konzentrieren, aber nur wenn Sie sich entspannen, kann ich von Ihren Kräften Gebrauch machen. Es ist nicht voraus erkennbar, was geschehen wird. Mit Ihnen kommen neue psychische Emanationen in unsere Gesellschaft, welche Bellamy beflügeln, aber auch hemmen können. Bellamy ist der Name meines Kontrollgeistes oder astralen Führers. Es mag geschehen, dass er nur seine Stimme hören lässt aus meinem Mund, und es mag sein, dass er sich materialisiert. Sprechen Sie zu ihm. Sprechen Sie ihn mit seinem Namen an. Nur Bellamy.
    Berühren Sie ihn nicht, und haben Sie keine Furcht. Die Toten sind ohne physische Macht. Ihre Substanz ist von den
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