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020 - Die Blutgraefin

020 - Die Blutgraefin

Titel: 020 - Die Blutgraefin
Autoren: Hugh Walker
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Nachmittag sein. Wo war Dr. Fiegweil? Er musste Hilfe bringen. Ich klammerte mich verzweifelt an den Gedanken.
    Dann nahm mich die Düsternis des Waschhauses auf. Ich fiel zu Boden, unfähig, mich zu erheben. Im Fallen sah ich, dass die Steinbank leer war, dass man die Leiche entfernt hatte. In dem Kamin brannte ein Feuer, und in ihm sah ich verschiedene Haken und Eisen liegen.
    Noch etwas sah ich in der Mitte des Raumes stehen: den zylindrischen Eisenkäfig. Nun wusste ich, was mir bevorstand.
    Alles in mir bäumte sich auf, aber die Kraft war nutzlos vergeudet. Ich hatte keine Macht über meinen Willen. Es war, als hätte jemand den Körper vom Geist getrennt.
    Aber das war nicht der Fall. Ich fühlte den Schmerz, fühlte ihn, als die Hexe mich an den Haaren hochriss und gegen die Wand stieß, fühlte ihn, als sie meine Hände und Arme auf den Rücken zu fesseln begann und dies mit solcher Gewalt tat, dass ich glaubte, die Arme würden mir brechen. Aber ich brachte keinen Laut hervor, nicht einmal ein Stöhnen. Es war die totale Passivität, in der ich mich befand.
    Als die Fesselung beendet war, drehte sie mich herum und betrachtete mich mit jenem obszönen Wohlgefallen, das so sehr Ausdruck einer sadistischen Seele ist. Eine Weile genügte ihr, mich zu berühren, mich mit jener Schamlosigkeit zu betasten, wie sie nur für ein verschmähtes Geschlecht empfunden werden kann. Denn sie war alt und unmenschlich und weit jenseits aller sinnlichen Lust.
    Dann nahm sie ein Tuch und schlang es um meine Lenden, und ich ahnte auch warum. Ornella sollte nicht sofort erkennen, dass sie nicht ein Mädchen, sondern einen Mann vor sich hatte.
    Nicht bevor der Blutrausch begonnen hatte.
    Warum fürchtete sie es? Oder, noch besser: Was fürchtete sie?
    Nachdem sie mich solcherart ›bekleidet‹ hatte, stieß sie mich auf den Käfig zu und hinein. Alles Aufbäumen half nichts.
    Das Schloss schnappte zu, und ich wusste, dass es kein Entkommen mehr gab.
    Als die Alte den Käfig hoch zu winden begann, erhielt ich einen ersten Eindruck von den Qualen, die mich erwarteten.
    Ich kippte in dem schwankenden Gefängnis hin und her, und die eisernen Dornen bissen in mein Fleisch.
    Der Boden wich unter mir weg, und mit jedem Zentimeter Höhe stieg auch die Angst in mir.
    Dann hing ich oben, mich mühsam auf den Beinen haltend in dem schaukelnden Gebilde. Ich hing eine ganze Weile, während es draußen dämmrig und düster wurde, als langsam der Abend kam. Die Alte eilte geschäftig unter mir hin und her, drehte die glühenden Eisen und Feuer und begann, eine Reihe von Kerzen anzuzünden.
    Als wäre dieses Kerzenanzünden ein Zeichen gewesen, erschien eine weißgekleidete schweigsame Gestalt am Eingang des Waschhauses. Sie warf einen abwesenden Blick auf den Käfig. Ich sah ihr Gesicht, und alles in mir drängte mich, zu schreien, mich bemerkbar zu machen.
    Denn es war Ornella!
    Aber meine Zunge löste sich nicht. Das Mädchen schritt schweigend auf den kleinen Schemel zu, den die Alte direkt unter den Käfig gestellt hatte. Sie setzte sich, zog das weiße Gewand von den Schultern und löste das aufgesteckte Haar.
    Bewegung kam in Darvulia.
    Sie nahm eines der langen Schüreisen aus dem Feuer. Es war rotglühend. Sie hob es hoch. Es reichte bis zwischen die Gitterstäbe meines Gefängnisses. Ich zuckte zurück vor der Glut.
    Die Eisenzacken des teuflischen Käfigs gruben sich in meinen Rücken. Sie drangen ein – zentimetertief. Es lief warm meinen Rücken hinab. Ich wusste, dass es Blut war.
    Alles in mir schrie auf vor Schmerz, aber es kam kein Laut aus meiner Kehle.
    Wieder zuckte das Eisen hoch, verbrannte mir zischend die Haut an den Waden und ließ mich vorwärts taumeln, hinein in die spitzen Zacken. Ich war halbverrückt vor Schmerz, und wie unter einem Schleier sah ich, wie mein Blut hinabsprühte und Haar und Haut und Gewand meiner Geliebten mit wachsender Röte übergoss.
    Ich sank zusammen, aber das glühende Eisen jagte mich hoch, hinein in immer neue Dornen, immer neue Qual.
    Und irgendwann löste sich der Bann in all dem Schmerz. Ich begann zu schreien und Ornellas Namen zu rufen in meiner Pein.
    Darvulia lachte, und es klang wie Hohn in meinen halbbetäubten Sinnen. Aber ich hörte nicht auf, Ornellas Namen zu rufen.
    Und sie hörte mich. Ich sah es durch die Schleier beginnender Ohnmacht. Sie hob den Kopf und blickte hoch.
    Plötzliche Erkenntnis glitt über ihre bleichen, blutverschmierten Züge, gepaart mit Entsetzen.
    Sie
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