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020 - Die Blutgraefin

020 - Die Blutgraefin

Titel: 020 - Die Blutgraefin
Autoren: Hugh Walker
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eine Ruine.«
    »Also nicht bewohnbar?«
    »Wer weiß. Für Geschöpfe wie Darvulia, die so wenig menschlich sind. Was haben Sie vor?«
    »Ich werde hinfahren. Vielleicht ist alles nur ein Irrtum – aber ich muss es wissen!«
    »Haben Sie die notwendigen Papiere? Man ist dort ziemlich heikel an der slowakischen Grenze.«
    »Ja, ich habe alles. Ich hatte eigentlich eine Reise in den Osten vor – ehe das alles diesen Lauf nahm.«
    »Wie ist es mit der Sprache? Verstehen Sie Ungarisch?«
    »Nein«, gestand ich ein.
    »Dann werden Sie Schwierigkeiten haben, mit den einfachen Leuten dort zu reden, geschweige denn, von ihnen etwas zu erfahren.«
    Ich nickte. »Ja, das befürchte ich auch. Aber es schreckt mich nicht ab.«
    Er grinste. »Das ist eine Einstellung nach meinem Geschmack. Wenn Sie es erlauben, komme ich mit Ihnen.«
    Ich sah ihn überrascht an und sagte erfreut und erleichtert:
    »Es gibt nichts, das mir lieber wäre, Dr. Fiegweil!«
     

     

Wir erreichten Cachtice ohne Schwierigkeiten am späten Abend. Vielleicht hatte ich mich nur die ganze Fahrt über zu sehr mit der Vergangenheit beschäftigt, mich von ihr beeinflussen lassen, mir zu deutlich bewusst gemacht, dass ich mich hier in den Karpaten befand, wo die Dinge nicht so rasch starben und vergessen wurden wie anderswo. Deshalb wohl wirkte das nächtliche Cachtice, das einstige Csejthe, auf mich düster und der Realität entrückt.
    Wir aßen in einem Wirtshaus und bekamen dort auch ein Nachtquartier. Bis nach Mitternacht saßen wir in der Wirtsstube, in der uns die Einheimischen misstrauisch musterten.
    Wir sprachen kaum. Dr. Fiegweil war damit beschäftigt, den Gesprächen der Dorfbewohner zu lauschen. Er sprach ein wenig Ungarisch und verstand eine ganze Menge von dem, was er hörte.
    Ein Wagen war um diese Abendstunde nicht mehr zu kriegen, so mussten wir unsere Exkursion zum Schloss der Bathorys auf den Morgen verschieben – was mir gar nicht gefiel, denn ich wusste, welche Macht die alte Hexe über Ornella gewann während der Nacht, in der offenbar die Abwehr des Mädchens infolge der Müdigkeit nachließ. Aber vielleicht hatte sie Ornella bereits ganz in ihrer Gewalt – Tag und Nacht!
    Als wir zu Bett gingen, berichtete mir Dr. Fiegweil, was er gehört hatte. Wir waren auf der richtigen Spur. Man munkelte von allerlei seltsamen Begebenheiten in der Ruine und von zwei Frauen, die hier kurz gesehen worden waren. Ob es sich um Ornella und Darvulia oder um die beiden Töchter des österreichischen Diplomaten handelte, hatte er nicht erfahren können. Aber angeblich waren auch ein einheimisches Mädchen und zwei aus benachbarten Dörfern verschwunden.
    Die Menschen sprachen nicht ohne eine gewisse Scheu. Das war mir auch bereits aufgefallen, obwohl ich kein Wort verstand. Es ging aus ihren Gesten, ihren Mienen hervor. Etwas bedrückte sie, ließ sie manchmal flüstern, wenn sie sprachen, und flößte ihnen offenbar Furcht ein.
    In den Herzen dieser Menschen lebte eine andere Welt. Ich fühlte sie fast, sah sie in ihren Augen oder eingekerbt in ihren Gesichtern. Die Nacht war ein Alptraum. Ich fieberte dem Morgen entgegen.
    Wir waren in aller Frühe auf den Beinen und frühstückten hastig. Zwei Männer kamen währenddessen in die Wirtsstube, Einheimische und Jäger, wenn mich nicht alles täuschte. Sie unterhielten sich mit dem Wirt, und ich sah, wie Dr. Fiegweil plötzlich aufmerksam wurde.
    »Was ist?« fragte ich ihn leise.
    Er winkte hastig ab. »Später!« Er lauschte interessiert dem Gespräch.
    Als die beiden schließlich aßen und das Gespräch beendet schien, sagte Dr. Fiegweil aufgeregt: »Unsere Vermutungen waren richtig. Ihre Freundin ist hier.«
    »Was haben die Männer gesagt?« entfuhr es mir.
    »Sie kommen aus der Gegend der Ruine. Sie erzählten dem Wirt, sie hätten Lichter in dem verfallenen Schloss bemerkt und hätten deutlich Schreie vernommen. Die alten Geister seien wieder lebendig geworden …«
    »Fragen Sie nach dem Weg zum Schloss«, drängte ich ihn.
    »Er zweigt am Ende des Dorfes ab und ist nicht zu verfehlen«, erwiderte er. »Ich habe den Wirt bereits gefragt.
    Ich habe auch schon ein paar Vorbereitungen getroffen, während Sie sich ankleideten. Ein Bauer wird uns mit seinem Fuhrwerk abholen und uns in die Nähe des Schlosses bringen.
    Er hat Kühe im Tal weiden und arbeitet dort.« Er blickte auf seine Uhr. »Wir haben noch ein wenig Zeit. Essen Sie kräftig, wahrscheinlich kommen wir erst am späten Nachmittag
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