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020 - Die Blutgraefin

020 - Die Blutgraefin

Titel: 020 - Die Blutgraefin
Autoren: Hugh Walker
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Fesseln zu arbeiten. Ich hatte kein Gefühl für Zeit. Die Finsternis und der, Gestank waren das einzig Reale um mich.
    Schließlich versuchte ich mich aufzurichten, was auch gelang.
    Aber als ich endlich auf den Beinen stand, schwach und keuchend, stieß ich mit dem Kopf schmerzhaft gegen die Decke. Die Zelle konnte nicht höher als eineinhalb Meter sein.
    Ich vermochte mehrere Schritte zu gehen, bis ich gegen eine Quermauer stieß. Mit den Füßen fand ich etwas, das mich dann lange Zeit intensiv mit meinen Fesseln beschäftigen ließ. Ein Stück scharfkantigen Steins, das irgendwo vom Gemäuer gesplittert sein musste, vielleicht durch die Feuchtigkeit, denn die Mauern fühlten sich glitschig an.
    Eine endlose Zeit verstrich so, während ich mit den Stricken an dem Stück Stein schabte und so schließlich tatsächlich eine Lockerung der Fesseln herbeiführen konnte. Von da an stieg mein Mut wieder – und mit ihm meine Kräfte.
    Als ich endlich die Fesseln los war und meine Hände frei hatte, war meine Erleichterung grenzenlos.
    Ich begann um mich zu tasten und meine Zelle auszukundschaften. Sie mochte etwa drei mal zwei Meter messen. Dabei stieß ich auf etwas, das mich mit Entsetzen erfüllte.
    Ich befand mich nicht allein in der Zelle. Ganz an die Wand gerollt lag noch jemand. Aber er rührte sich nicht. Ich rief, aber er antwortete nicht. Ich berührte ihn zögernd, aber er regte sich nicht. Ich hatte den fürchterlichen Verdacht, dass es sich um Dr.
    Fiegweil handeln könnte – und dass er tot war.
    Schließlich gab ich mir einen Ruck und begann die Gestalt abzutasten. Schon nach den ersten Berührungen erkannte ich, dass sie tot war. Sie war kalt und steif – und nackt wie ich.
    Gleich darauf fühlten meine Hände weibliche Formen. Das Fleisch fühlte sich zerschnitten an, und einmal war mir, als hätte ich statt ihres Fußes ein Stück nackten Knochens in der Hand.
    Der Geruch war beinahe unerträglich. Ich übergab mich und empfand die Übelkeit beinahe als Erleichterung, weil sie für eine Weile meine Gedanken und Gefühle beschäftigte.
    Eine für mein Empfinden endlose Zeit verstrich, in der Zweifel und Angst und Hoffnungslosigkeit in meinem Herzen ein- und ausgingen, als wären sie die Herrn.
    Dann endlich war ein Geräusch in der Dunkelheit zu hören.
    Schritte.
    Eine kleine, viereckige Öffnung tat sich auf und ließ einen Schimmer von Kerzenlicht ins Innere dringen. Ein Gesicht verdeckte die Luke kurz.
    Dann fühlte ich, wie etwas über mich kroch – die lähmende Kraft. Ich wehrte mich dagegen, kämpfte verzweifelt an, schlug mit den Fäusten und dem Kopf gegen den feuchten Stein, um mich durch den Schmerz zu ernüchtern.
    Aber es war ein sinnloses Aufbäumen. Ich konnte meine Fäuste nicht gegen sie gebrauchen, denn sie stand außerhalb meiner Zelle. Es war nicht wie in Wien, dass ich auf sie losstürzen konnte mit dem Feuer und damit verhinderte, dass sie ihre dämonischen Kräfte auf mich zu konzentrieren vermochte.
    Hier lag ich hilflos in einem Käfig. So hilflos wie ein Vieh auf der Schlachtbank. Und viel Besseres hatte ich auch nicht zu erwarten.
    Als Darvulia schließlich die Zellentür öffnete, war es so gut, als wäre ich gefesselt. Ich wartete stumpf auf das, was sie tun würde.
    Sie fasste mich an den Haaren und zerrte mich ins Freie und stieß mich in dem schwach beleuchteten Gang vorwärts. Sie stieß ungarische Worte aus, Schimpfworte dem Ton nach, und benützte ihre Hände wie Krallen. Wo sie mich berührte, brannte es wie Feuer auf meiner Haut.
    Solcherart trieb sie mich eine steile Treppe hoch und schließlich hinaus auf den Hof. Ich wollte schreien, um Hilfe rufen, aber ich brachte keinen Ton hervor. Die Tatsache, dass Erzsebéth mit Hilfe Darvulias nur junge Mädchen gefoltert hatte, beruhigte mich keineswegs. Ich wusste, dass sie mich als Feind erkannt hatte und dass sie mich nicht auf das Waschhaus zutreiben würde, wenn sie nicht auch vorhatte, mich zu foltern.
    Denn ebenso gut hätte sie mich in der Zelle tief unter dem Schloss vermodern lassen können. Da mochte eine irrsinnige Einsicht in ihr sein, dass alles Mädchenblut, nicht einmal blaues, ihre einstige Herrin nicht vor dem Alter und der Hässlichkeit und dem Tod gerettet hatte, und dass auch männliches Blut einen Versuch wert war, wenn man schon einen Gefangenen hatte.
    Und ich fragte mich, wer wohl damals die Herrin und wer das Geschöpf gewesen war.
    Dem Sonnenstand nach zu schließen, musste es bereits
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