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020 - Die Blutgraefin

020 - Die Blutgraefin

Titel: 020 - Die Blutgraefin
Autoren: Hugh Walker
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Waschhaus sein, jenes geheimnisvolle Gebäude, das Erzsebéth als perfekte Folterkammer gedient hatte. In einem gewaltigen, steinernen Kamin hingen noch immer alte rostige Kesselhaken oder Schürhaken.
    Dann fiel mir etwas auf. Der Boden war feucht und sauber, als hätte jemand vor einiger Zeit hier aufgewischt. Ich erkannte mit pochendem Herzen, dass ich das Versteck gefunden hatte.
    Ich wandte mich um, um hinauszugehen und Dr. Fiegweil zu rufen, da fiel mein Blick auf eine steinerne Bank im finstersten Winkel des Raumes. Auf ihr lag etwas, über das man ein Tuch geschlagen hatte – ein weißes Tuch, auf dem sich große rote Flecke gebildet hatten. Noch bevor ich das Tuch zur Seite gezogen hatte, wusste ich, was ich finden würde. Aber der Anblick war dennoch grauenhaft.
    Auf der Bank lag eine Mädchenleiche. Sie war fast vollkommen schwarz von geronnenem Blut.
    Unvorstellbar, an die Qualen zu denken, die sie erlitten haben musste. Der ganze Körper war von dunklen Schwielen überzogen. Mund und Nase waren vollkommen verkohlt. An den Schenkeln und Armen konnte man tiefe Schnitte sehen.
    Es war so grauenvoll, dass das Tuch meiner zitternden Hand entglitt. Trotz ihres entstellten Gesichtes war erkennbar, dass es sich bei dem Mädchen um keine Ungarin oder Slowakin handelte. Vielleicht war sie eine der Diplomatentöchter, die vermisst waren. Dann musste sich auch die zweite noch hier befinden. Die Chance allerdings, dass sie noch lebte, war gering.
    Ein Geräusch ließ mich herumfahren. Eine Gestalt stand dunkel und mit dem Gesicht im Schatten in der Türöffnung.
    »Ornella?« fragte ich unsicher.
    Ein leises Lachen antwortete mir, das mir nichts als Kälte vermittelte.
    Es klang alt und tot und war doch widernatürlich lebendig.
    Ich fühlte ein leichtes Grauen. Nein, das war nicht Ornella …
    Eine keifende weibliche Stimme sagte ungarische Worte, die ich nicht verstand; sie waren von einem beschwörenden Rhythmus. Ich wusste plötzlich, wem ich gegenüberstand: Darvulia.
    Ich wollte rufen, schreien, Dr. Fiegweil aufmerksam machen.
    Es war, als ob mir meine Zunge nicht gehorchte. Ich konnte keinen Muskel bewegen. Ein unheimlicher Bann hielt mich fest, und ich hatte kein Feuer, mit dem ich mich wehren konnte.
    Sie kam auf mich zu. Ihr altes, hässliches Gesicht musterte mich ohne menschliche Regung.
    Dann trat sie hinter mich. Ich hatte keine Kraft, mich umzudrehen. Ich hörte sie mit den eisernen Haken hantieren.
    Dann ein stechender Schmerz im Nacken, und der Boden kam auf mich zu.
     

     

Vielleicht war es der Gestank, der mich weckte.
    Der Gestank von Kadavern und Verwesung, von Fäulnis und dem Gift des Todes nahm mir den Atem. Die Finsternis um mich war undurchdringlich, ich lag auf kalten und rauhen Steinen. Ich fühlte, dass ich nackt war, und dann, als ich mich zu bewegen versuchte, merkte ich, dass meine Hände gefesselt waren.
    Ich lag eine Weile reglos auf dem Bauch und untersuchte meine Fesseln. Sie waren straff angezogen, so dass ich die Gelenke kaum bewegen konnte. Erschwerend kam noch hinzu, dass meine Hände bereits ziemlich gefühllos geworden waren.
    Ich mühte mich eine Weile ab, die Fesseln zu lockern und den Händen auf diese Weise wieder Blut zuzuführen. Ein mühseliges Unterfangen, bei dem ich mehrmals erschöpft innehalten musste.
    Ich hegte keinen Zweifel daran, dass ich mich in irgendeinem Verlies des Schlosses befand und dass ich keine besonders guten Chancen besaß, wenn nicht Dr. Fiegweil sich als rettender Engel erwies.
    Das brachte mich auf die Frage, wie lange ich mich wohl schon hier befand. Gleichzeitig versuchte ich den entmutigenden Gedanken fernzuhalten, dass Dr. Fiegweil den Eingang in den Hof und damit zum Waschhaus nicht finden könnte. Und ebenso deutlich wurde mir bewusst, dass es sehr wohl möglich oder sogar wahrscheinlich war, dass man mich hier niemals fand. Oder mit größter Wahrscheinlichkeit zu spät.
    Was immer Darvulia vorhatte – sie würde nicht lange zögern.
    Ich war sicher, dass Dr. Fiegweil inzwischen annähernd richtige Konsequenzen gezogen hatte und vielleicht Hilfe holte.
    Aber darauf durfte ich nicht warten!
    Andererseits war ich hilflos. Dem magischen Bann, mit dem sie mich überwältigt hatte, war ich ausgeliefert. Welche hypnotische Kraft sie auch immer besaß, ich war ihr nicht gewachsen. Aber vielleicht kam ich ihr zuvor, wenn ich rasch handelte! Und wenn sie nicht vorhatte, mich in dieser Zelle verwesen zu lassen!
    Ich begann wieder, an meinen
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