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0192 - Die Todessekte

0192 - Die Todessekte

Titel: 0192 - Die Todessekte
Autoren: Gerhart Hartsch
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versteckte Gemach. Er brach durch die Ölpapierbarriere wie ein Kaffernbüffel.
    Er schaute sich um.
    Da gab es Regale mit verstaubten kostbaren Büchern, deren Wissensschatz untergegangen war, weil die geistigen Disziplinen einen anderen Weg eingeschlagen und sich dem Fortschritt verschrieben hatten, ein Kurs, der sicher neben Erfolgen auch zu einer Verarmung geführt hatte.
    Muhara sah mehr als ein Dutzend Dokumente, die Unterschriften von Menschen trugen, die er teilweise kannte.
    Es sah aus, als bestünden die Krakel und Schnörkel aus getrocknetem Blut.
    Ärgerlich registrierte Muhara, daß es außer Sato und Zamorra noch mehr Menschen gab, die sich nicht mit dem begnügten, was mathematisch genau berechnet und beweisbar war.
    Was den Inspektor aber zu seinem Ausruf des Erstaunens veranlaßt hatte, war der Sarg, der auf einem schweren Eichentisch stand und einen großen Teil des Geheimzimmers für sich beanspruchte.
    Ein unbändige Neugier packte den sonst so kühlen Inspektor, veranlaßte ihn, seinen Begleitern zuvorzukommen und das Geheimnis als erster zu lüften. Er öffnete den nicht verschraubten Deckel, und die Spinnenweben rissen.
    Muhara starrte auf einen Toten in einem uralten Prunkgewand.
    So kleideten sich die Samurais der Schogunzeit, wenn sie sich zu Hause aufhielten.
    Was aber Muhara völlig verwirrte, war die Tatsache, daß der Tote auf dem Gesicht ruhte.
    Über die Bestattungszeremonien vergangener Zeiten und fremder Völker wußte Muhara nur das, was er im Fernsehen gesehen hatte: einige überließen die teuren Verblichenen den Geiern, andere verbrannten sie, und wieder andere vertrauten sie der Erde an, errichteten Grabsteine darüber, die sie mit jahrelangen Ratenzahlungen belasteten, sämtliche Nachbarn aber vor Neid erblaßen ließen.
    Niemals aber hatte Muhara, der schon wieder gefährliches okkultes Neuland betrat, gehört, daß jemand auf dem Bauche liegend beigesetzt wurde. Da er von seinem Beruf her allerhand gewöhnt war, machte es ihm wenig aus, die uralte Mumie zu berühren.
    Zamoras Warnruf, der in diesem Moment aufklang, hörte er gar nicht.
    Der Mann schwang herum wie auf Rollen, als helfe er mit, als habe er Jahrtausend auf diesen einen winzigen Moment gewartet.
    Muhara starrte in eine lasterhafte Fratze, die alles um Längen schlug, was sich an Fotos menschlicher Gesichter in den Annalen der Mordkommission angesammelt hatte.
    Die toten Augen glitzerten boshaft und hatten eine unerklärliche Frische behalten. Der schiefe Mund sprach vom stummen Triumph des Erlösten. Ein wahnsinniger Prozeß begann, der einen Nervenschwächeren als Inspektor Muhara leicht um den Verstand gebracht hätte.
    Blitzschnell änderte der Tote die Gestalt. Eine schwarze Katze wischte aus dem Sarg, sprang leichtfüßig hoch und erreichte ein winzige Schlupfloch in der Außenmauer.
    Das Tier verschwand mit einem freudigen Fauchen in den Park.
    Muhara aber faßte sich nachdenklich an die Wange. Dort hatte das Vieh sich auf eine ungewöhnliche Weise verabschiedet, als es ihm bei ausgefahrenen Krallen einen leichten Stupser versetzt hatte. Die Kratzwunde blutete leicht, und nachdenklich wischte sich Muhara darüber.
    »Was haben Sie angerichtet?« fragte Zamorra vorwurfsvoll. »Habe ich Sie nicht rechtzeitig gewarnt?«
    »Ich konnte nicht widerstehen! Was ist passiert?«
    Sato beantwortete die Frage des Inspektors, der plötzlich von einer Depression befallen wurde. Und im Laufe des Gesprächs schloß er mit dem Leben ab, verabschiedete sich im Stillen von seiner Familie.
    »Sie haben No Haido erlöst, den Hexenmeister, der die Yashi-Kulte in Japan eingeführt und populär gemacht hat. Seine Sekte beruft sich auf seine mächtige schwarze Magie, wenn sie ihre okkulten Praktiken betreibt. Er hat ein paar Lehrbücher verfaßt, die als verschollen gelten, wahrscheinlich aber von einem Eingeweihten zum anderen übergeben werden und so die Zeit überdauert haben.«
    »Was mich interessiert, ist, wie sich eine Mumie in eine Katze verwandeln kann«, keuchte Muhara, während er das Gefühl hatte, sein Gesicht schwelle wie ein Hefeteig.
    Diese Empfindung kannte er von der Behandlung beim Zahnarzt. Nachdem der ihm Betäubungsspritzen injiziert hatte, war ihm noch Stunden später, als habe das Gesicht sich auf rätselhafte Weise verdoppelt und das Fleisch sei völlig taub.
    »Ein Priester der Nichirensekte hat es verstanden, durch seine unermüdliche Arbeit und bestimmte Beschwörungszeremonien, No Haido zu
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