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0186 - Höllenfahrt um null Uhr zehn

0186 - Höllenfahrt um null Uhr zehn

Titel: 0186 - Höllenfahrt um null Uhr zehn
Autoren: Höllenfahrt um null Uhr zehn
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Steigen Sie nur ein!«
    Sie griff hinter sich und öffnete die hintere Tür. Ich beugte mich rasch zu ihr und raunte ihr ins Ohr: »Ich bin Johnny!«
    Sie erwiderte nichts. Der Doc kletterte hinten hinein. Er zog die Tür zu und sagte dabei: »’n Abend, Johnny!«
    Ich brummte eine leise Erwiderung, während ich mich vorgebeugt hatte und nach dem Griff der Handbremse tastete.
    Wir fuhren weiter.
    »Meine Frau wird sich längst Sorgen machen, daß ich immer noch nicht zu Hause bin!« kicherte der Doc auf dem Rücksitz. Seine Stimme klang fistelnd, hoch, heiser — und irgendwie unnormal.
    Ein paar Minuten schwärmte er von seiner Frau. Von einer Frau, die es nicht gab. Dann fing er plötzlich an, über die Unmoral der heutigen Jugend herzuziehen. Ich hörte kaum zu.
    Alle meine Sinne waren angespannt. Ich fuhr nicht schnell, aber ich schwitzte, daß mir schon nach kurzer Zeit das Hemd am Körper klebte. Einmal hatte ich den Eindruck, als wäre eine Fliege im Wagen. Irgendwas war an meinen Augen vorbeigehuscht. Ich fuhr mit der Hand vor meinem Gesicht vorbei, spürte aber nichts.
    Bis hinter uns auf einmal ein gellendes, wahnsinniges Kichern laut wurde. Im selben Augenblick fühlte ich die dünne, aber kräftige Schlinge, die sich ruckartig um meinen Hals zusammenzog. Und ebenfalls im gleichen Sekundenbruchteil stieß das Mädchen einen schauerlichen, gellenden Schrei aus, der mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    »Fahr hübsch langsam, Johnny!« geiferte die hohe, irre Stimme hinter uns. »Da vorn geht ein Weg nach rechts ab in den Wald hinein! Du fährst diesen Weg entlang, oder ich erdroßle dich!«
    Ich fühlte, wie die dünne Schlinge sich in meine Haut grub. Schon machte das Atmen Schwierigkeiten. Ich tastete verzweifelt mit den Fingern der rechten Hand an meinen Hals. Es war unmöglich. Entweder war es ein dünner Draht oder so was Ähnliches. Und er lag schon so eng um meinen Hals, daß kein Finger dazwischenzukriegen war, wenn ich mich nicht selbst erwürgen wollte.
    »Ja, das könnte euch so passen!« geiferte der Alte hinter uns. Seine Stimme überschlug sich fast. »Nachts allein im Auto. Keine Moral! Das ist es ja, woran die ganze Welt krankt! Keine Moral! Keine Moraaal! Versteht ihr?«
    Das Mädchen neben mir keuchte und röchelte. Ich rang nach Luft. Vor meinen Augen begann die Straße zu verschwinden. Wie in einem Nebel sah ich die Einfahrt zu dem Waldweg. Die Schlinge wurde enger, und ich riß das Steuer herum. Sofort ließ der Druck der Schlinge etwas nach.
    »So ist es brav, Johnny!« kicherte der Alte.
    Der Weg war noch breiig vom Regen der letzten Tage. Das Auto schlidderte durch den Schlamm.
    »Anhalten!« befahl der Alte. »Los, anhalten!«
    Wenn ich anhalte, dreht er uns endgültig die Luft ab! schoß es durch mein Gehirn. Andererseits kann ich den Wagen nicht mehr steuern. Ich kann ja nichts mehr sehen außer diesen roten Nebeln vor meinen Augen. Also anhalten! Nicht anhalten! Anhalten!
    Das Mädchen neben mir schnappte verzweifelt nach Luft. Hinter uns kicherte und schrie der Verrückte. In meine Haut fraß sich eine Kunstfaserschlinge, die keinen halben Millimeter dick und doch unzerreißbar war. Das Blut tobte in meinem Gehirn. In den Lungen stachen tausend glühende Nadeln. Ich warf beide Arme nach hinten, erwischte Stoff, krallte mich darin fest, und riß den Kerl mit aller Kraft nach vorn.
    Etwas krachte, ein schneidender Schmerz war rings um meinen Hals, und auf einmal drang kalte, frische nächtliche Waldluft mächtig in meine Lungen.
    ***
    »Danke«, seufzte das Mädchen mit rauher Stimme. »Danke, es… es geht schon wieder halbwegs…«
    Wir standen neben Johnnys Wagen. Phil war mit dem Jaguar aufgekreuzt. Verabredungsgemäß hatte er uns aus weiter Entfernung verfolgt und war sofort mißtrauisch geworden, als wir von der Straße abbogen.
    Stumm blickten wir durch die offenstehende Tür hinein in den Wagen. Der Liebespaarmörder war gefaßt. Ein altes, gebrechliches Männchen, dem sich jeder Junge gewachsen fühlte, wenn er ihn am Straßenrand als bittenden Anhalter sah. Ein Männchen, das mit seinen 84 Pfund auf hartem Grund keine Fußspuren zurückließ. Ein Männchen, das mit zwei Kunstfaserschlingen mordete…
    Der Irre war bewußtlos. Ich hatte seinen Kopf gegen den Handschuhkasten gerammt. Nach einer Weile brachte Phil ein Paar Handschellen. Er hielt sie mir hin: »Besser ist besser, Jerry. Und er wird gleich wieder zu sich kommen.«
    Ich beugte mich vor. Johnnys Wagen
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