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0170 - Entführt in die Schattenwelt

0170 - Entführt in die Schattenwelt

Titel: 0170 - Entführt in die Schattenwelt
Autoren: Uwe Anton
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Mauern der Trutzburg stellten kein Hindernis für sie dar, sie durchdrangen sie, als wären sie gar nicht vorhanden, stießen in den höllischen, grünen Himmel empor, überschauten die Giftflüsse und brodelnden Erdkrumen, in denen die Toten auf ewig gruben. Sie sahen die Spitzdächer und Zinnen des Schlosses, die nach ihnen zu greifen schienen, und sie hörten die wehleidigen Schreie der Seelen, die neben ihnen in den Wolken trieben, ohne sie berühren zu können.
    Der zeitlose Sprung! dachte Zamorra. Warum wollte er nicht gelingen? Was hielt ihn hier fest?
    Höher und höher schwebten sie, in den unendlichen Himmel hinein, bis das Schattenreich winzig wie ein Spielzeug unter ihnen funkelte und schimmerte. Immer schneller wurde ihr rasender Flug.
    Der Sprung! dachte Zamorra. Der Sprung!
    Etwas zerrte an ihm, drohte seinen Verstand auseinanderzureißen. Sein Körper bog sich unter den Gewalten, die ihn im Schattenreich festhalten wollten. Der Sprung!
    Eine glutrote Sonne explodierte vor ihnen, überschüttete sie mit Hitze und Licht und Strahlung und Feuer und… Haß!
    Und dann war Dunkelheit…
    ***
    Auch am hellen Tage wirkte Eldridge Castle unheimlich. Ein düsterer Fluch schien auf den Gemäuern des Schlosses zu liegen, eine Aura, die Doktor Wellington sofort wahrnahm, obwohl seine parapsychischen Sinne kaum ausgebildet waren, wenn überhaupt.
    Als Wellington aus seinem Wagen ausstieg und das halbwegs zerfallene Schloß eingehender betrachtete, stellte er überrascht fest, wie genau Eileen O’Shea es auf ihrer Zeichnung festgehalten hatte. Sogar einzelne Details waren auf der von dem Medium in Trance gezeichneten Skizze verzeichnet.
    So weit, so gut. Eldridge Castle hatte er erreicht. Von hier war Eileens Hilfeschrei gekommen. Aber wo hielt sich das Mädchen auf? Natürlich in der Schattenwelt, aus der er in letzter Sekunde entkommen war, eine überirdische Region, die die gleichen Koordinaten wie das Schloß vor ihm einnehmen konnte, aber eben in einer anderen Welt.
    Und der Parapsychologe wußte genau, daß er diese andere Region nicht aus eigener Kraft erreichen konnte. Er besaß nicht Eileens mediale Fähigkeiten, in übersinnliche Sphären vorzudringen, in ihren Visionen Orte zu sehen, die es nicht gab und die doch existierten, irgendwann, irgendwie, irgendwo.
    Er konnte nur warten. Warten und darauf hoffen, daß es Eileen noch einmal gelang, Kontakt mit ihm aufzunehmen.
    ***
    Sie waren dem Schattenreich entkommen! Verschmolzen zu einem Wesen, zu einem Geist, dessen Führung Zamorra übernommen hatte, waren ihre Kräfte stark genug gewesen, den zeitlosen Sprung einzuleiten und Mhyrwidden Eldridges Sphäre - seine persönliche Hölle, geschaffen von mächtigen Dämonen eigens zu dem Zweck, ihn in eine Falle zu locken - zu verlassen.
    Aber wo befanden sie sich nun? Professor Zamorra nahm Schwärze wahr, unendliche Schwärze, ewige Finsternis und Leere. Er bekam einen Eindruck von dem, was es hieß, wirklich das Nichts, das absolute Nichts kennenzulernen.
    Hier war ich schon einmal, drang Eileen O’Sheas Stimme an sein Bewußtsein. Obwohl das Medium ein Teil von ihm geworden war, all ihre parapsychische Kraft zur Verfügung gestellt hatte, um ein Entkommen zu ermöglichen, existierte sie in ihm dennoch als eigenes, selbständiges Wesen weiter, genau wie Nicole, Penderton, Karmann, McCrofty und Larringer. Am stärksten spürte der Wissende jedoch die Geistesimpulse von Nici und dem Medium - ganz einfach, weil die beiden Frauen über das größte parapsychische Geistesvolumen verfügten.
    In diesem Nichts? fragte Zamorra gespannt.
    Ja! gab das Medium zurück. Bestimmt! Als ich versuchte, aus dem Schattenreich zu entkommen. Aber Vorsicht! Dieses Nichts ist nicht leer, wie es den Anschein hat. Es ist bevölkert von einer Wesenheit, die teilweise identisch mit dem Nichts ist, ein unsagbar bösartiges Wesen mit solch überwältigenden Kräften, daß es mich wie einen Spielball ins Schattenreich zurückschleudem konnte…
    Wie heißt dieses Wesen? fragte Zamorra, obwohl er tief im Innern die Antwort schon kannte.
    Ich habe seinen Namen verdrängt, bis in die tiefsten Schichten meines Unterbewußtseins, so schrecklich war mein Zusammentreffen mit dem Wesen…
    öffne mir deinen Geist! bat Zamorra.
    Zögernd, zurückhaltend, gab Eileen O’Shea den letzten Rest ihres Ichs auf. Für einen Moment verschmolz ihr Geist völlig mit dem Zamorras.
    Und der Wissende gewann Gewißheit.
    Asmodis! Asmodis, Herr der Schwarzen
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