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017 - Blick in die Vergangenheit

017 - Blick in die Vergangenheit

Titel: 017 - Blick in die Vergangenheit
Autoren: Jo Zybell
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Bogenschützen spannten die Sehnen, Speerträger schleuderten ihre Spieße. Ein Hagel ging auf der. Außenhaut des EWATs nieder.
    »General an Gefechtsstand!«, blaffte Yoshiro. »Geschütztürme ausfahren!«
    »Wir geben nur einen Warnschuss ab«, sagte der König kühl.
    »Ich bitte Euch, Sire!« Der General tat entrüstet. »Je weniger Stinkstiefel die Ruinen verunreinigen, desto…!«
    »Wir geben nur einen Warnschuss ab!«, wiederholte der König. »Wollen Sie schon wieder einen Krieg gegen die Socks provozieren?!«
    »Leben wir denn in Frieden mit ihnen?« Trotz seines Unwillens beugte sich der General dem Befehl des Königs. Er gab entsprechende Anweisungen an den Gefechtsstand. Die Strahler der Gefechtstürme feuerten mit reduzierter Energie. Noch bevor der Glutball sich hoch über ihnen aufblähte, rannte die Socks Hals über Kopf davon. Ein zweiter Feu- erball explodierte vor den Mauerresten, von denen aus sie den EWAT beschossen hatten.
    »Was jetzt?«, wollte Jefferson wissen.
    »Ich warte auf Ihre Vorschläge, Gentlemen«, sagte König Roger III…
    ***
    »…zumindest die befürchtete Flutwelle ist ausgeblieben. Aber es ist entsetzlich heiß geworden. Staub dringt durch alle Fugen in den Keller ein. Ich vermute, dass Brände in der Stadt wüten. Noch wage ich nicht den Schutzraum zu verlassen…«
    Der Mann auf dem kleinen Bildschirm sprach schnell und hektisch. Immer wieder unterbrachen ihn Hustenanfälle. »13. Februar 2012, 20:34 Uhr« lautete die Datumsanzeige am oberen Bildschirmrand. Im Hintergrund war der Generator zu erkennen. Ein kleiner blonder Junge kurbelte das Schwungrad.
    Der Mann hatte eine schwindelerregende Menge von Daten auf dem Medienpiayer gespeichert.
    Die Verzeichnis- und Dateilisten erschienen Matt endlos. Stichworte aus allen Bereichen des Lebens fanden sich auf ihr - Technik, Wis- senschaft, Musik, Literatur, Geschichte, Kunst. Vermutlich würde es Jahre dauern, die Dateien auszuwerten.
    Ein Verzeichnis hieß »Chronik vor C.F.« Es enthielt Mitschnitte von Nachrichtensendungen, Politikerreden, Filmaufnahmen des nahenden Kometen, Interviews mit Wissenschaftlern - auch ein Interview mit Jacob Smythe fand Matt -Zeitungsberichte, sechsundsiebzig vollständige Ausgaben der TIMES und dreiundfünfzig der SUN, Notizen aus dem persönlichen Alltag Jaggers und so weiter. Etwa zweieinhalb Monate hatte der Historiker auf diese Weise dokumentiert.
    Die elf Wochen vor der Katastrophe. Elf Wochen, die Matt selbst erlebt hatte. Wenn auch an einem anderen Ort, aus einer anderen Perspektive, in einem anderen Leben.
    Das nächste Verzeichnis interessierte ihn weit mehr; »Chronik nach C.F.« hieß es. Es enthielt bedeutend weniger Dateien als die
    »Chronik vor C.F.«. Meist Diktate und Filmdokumente. Die Dateien waren chronologisch geordnet. Matt lud die erste.
    Eine Filmaufnahme von sehr schlechter Qualität. Sie trug das Datum vom 17. Februar
    2012. Man sah einen weitgehend dunklen Himmel, an dessen unterem Rand ein rötlicher Streifen glühte. Undeutliche Konturen von zerfransten Mauern, weit entfernte Flammen und Qualm wölken waren mehr zu ahnen als zu erkennen. Das Bild zitterte. Dazu Jaggers atemlose Stimme: »Der Sturm hat nachgelassen. Zum ersten Mal wage ich mich aus dem Keller. Ich stehe vor dem Lesesaal der British Library. Es ist 11:23 Uhr und finsterste Nacht. Vermutlich hat sich die Atmosphäre in einen einzigen Staubund Rußschleier verwandelt. Viele Gebäude in London scheinen noch zu brennen. Ich entsinne mich, dass Wissenschaftler einen ›heißen Orkan‹ angekündigt hatten, der nach dem Einschlag über die Erdoberfläche toben würde. Die Brände scheinen auf sein Konto zu gehen. Bis zu den Knöcheln stehe ich im Wasser. Ich habe den Verdacht, dass die Themse über die Ufer getreten ist und die ufernahen Stadtteile überschwemmt hat…«
    Das nächste Filmdokument stammte vom 3. März 2012. Ein Lichtkegel huschte über Ruinen und strich über ausgedehnte Wasserflächen. Gesteinsbrocken ragten aus dem Wasser. Und ein Ampelmast. Nur stichwortartig kommentierte Jagger die kurze Sequenz. Er hatte sich aus dem teilweise zerstörten Museum bis auf die Straße hinaus gewagt. Dort sah er seinen Verdacht bestätigt: Ein Teil Londons stand unter Wasser.
    Das nächste Dokument war auf den 17. Mai datiert - eine Diktataufzeichnung.
    Jaggers Stimme klang erschöpft und schwermütig: »Es ist kalt geworden. Noch immer finsterste Nacht über London. Über der ganzen Erde, fürchte ich.
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