Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0163 - Um das Leben meines Freundes

0163 - Um das Leben meines Freundes

Titel: 0163 - Um das Leben meines Freundes
Autoren: Um das Leben meines Freundes
Vom Netzwerk:
blieb nicht das einzige Ei, das auf das Denkmal geworfen wurde. Der Massentaumel hatte alle gepackt. Sie schrien, brüllten, tobten, sprangen auf und nieder, verdrehten die Augen und steigerten sich immer mehr in eine Art Hysterie hinein.
    Ich kümmerte mich nicht darum. Mein Augenmerk hatte Slack Rolly, der auf einmal anfing, sich leise zu verdrücken. Ich drehte mich um und blickte hinauf zum ersten Stock des Zollhauses. Hinter dem Fenster sah ich Mister High und den Einsatzleiter stehen. Sie hatten jetzt beide Ferngläser in den Händen.
    Ich nahm meinen Hut ab, strich mir einmal über die Haare und setzte den Hut wieder auf.
    Dann machte ich mich auf die Verfolgung von Slack Rolly. Auf der linken Broadwayseite sah ich ihn eilig hinauf zum Cunard Building gehen.
    Ich lief und holte ihn kurz vor der Ecke des Gebäudes ein. Mit der linken Hand riß ich ihn an der Schulter zurück.
    Er sah mich an, fuhr zusammen, riß seine Hand aus der Hosentasche und ließ die Klinge seines Schnappmessers hervorschießen. Dabei ertönten schon aus der Richtung des ersten Reviers zwei Polizeisirenen. Mister High mußte direkt aus dem Zollhaus angerufen haben, als er mein Zeichen sah.
    Bei den Kollegen lief also alles wie verabredet. Jetzt kam es darauf an, daß auch bei mir alles klappte. Ich hielt den Blick fest auf Rollys Messer gerichtet, als er ganz langsam auf mich zukam. Die Klinge stand nach oben, und sie blitzte hell und scharf und kalt.
    ***
    Rollys Augen waren vor Wut blutunterlaufen. Die nackte Mordlust stand in ihnen.
    Ich sprang vor, als er es auch tat. Meine beiden Hände legten sich um seinen rechten Unterarm, und wenn ich je gedrückt habe, was ich konnte, so war es bei ihm. Er verzog schmerzlich das Gesicht, aber ich ließ ihn nicht dazukommen, Hilfe von seiner hysterischen Armee herbeizubrüllen.
    Mit einer raschen Drehung bewegte ich mich links rückwärts. Seinen Arm zog ich über meine rechte Schulter mit, bückte mich ruckartig nach von und ließ ihn los.
    Er segelte über meinen Rücken hinweg und landete unsanft an der Hausmauer. Aber er war nicht nur flink, er war auch zäh wie eine Ratte. Im Nu stand er wieder auf den Füßen, sprang mich an und krallte seine Hände um meinen Hals.
    Dabei hat man die Fäuste frei. Er merkte es eine Sekunde später, als ihm die ersten Hiebe in die ungedeckten Flanken fuhren. Sein heißer Atem streifte mein Gesicht, ein Ächzen kam mühsam aus ihm heraus, seine Finger wurden schlaff, und zwei Sekunden später ließ er los.
    Ich setzte ihm noch einen Schlag gegen den Brustkorb, der ihn auf Abstand trieb. Rings um uns tobte und brandete das Geschrei der Jungen. In ein paar Minuten würden die ersten Fensterscheiben zerklirren.
    Es war unmöglich, mit Rolly hier zu reden. Man verstand ja sein eigenes Wort nicht, wie hätte man die eines anderen verstehen sollen? Ich packte mir den keuchenden Helden, drehte ihm mit einem harten Polizeigriff den rechten Arm auf den Rücken und stieß ihn vor mir her.
    Der Lärm blieb hinter mir zurück. Als wir sechs oder sieben Yard vor der Ecke zur Morris Street waren, dröhnte ein Polizeilautsprecher auf. Man verstand nur die ersten beiden Worte, dann ging die Stimme unter im empörten Geheul der wahnsinnigen Menge.
    Rolly wollte nicht weiter. Wie ein trotziges Kind stemmte er die Füße nach vorn und widersetzte sich mit aller Kraft.
    Ich schlug ihm das linke Bein weg und zerrte ihn weiter.
    »Stopp, G-man!« schrie er mir zu. »Stopp!«
    Ich blieb stehen. Er mußte brüllen, damit ich ihn verstehen konnte. Und er tat es:
    »Nicht in die Morris Street!« schrie er mich an.
    »Warum nicht?« schrie ich zurück.
    Er zögerte nur eine Sekunde. Dann war ihm eine lahme Ausrede eingefallen.
    »Da wohnt mein Onkel! Wenn der sieht, daß ich hier dabei bin, kriege ich Schwierigkeiten! Tun Sie mir einen Gefallen und lassen Sie uns woanders hingehen!«
    Ich sah ihn einen Augenblick lang an.
    Vielleicht glaubte er wirklich, gegen mich eine Chance zu haben. Seine Faust schoß vor und landete in meiner Magengrube.
    Ich schlug zurück. Jetzt nicht mehr mit halber Kraft, sondern mit allem, was in meinem Arm steckt. Slack Rolly taumelte fünf, sechs Schritte rückwärts, stieß gegen die Hauswand und verdrehte die Augen.
    Ich hatte keine Zeit mehr zu verlieren. Zehn oder zwölf Schritte weiter sah ich Morty in einem Hauseingang stehen. Morty war einer der Kollegen aus unserem Bereitschaftsdienst.
    Ich winkte ihn heran. Er schob sich durch die neugierigen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher