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0160 - Der Spiegel des Grauens

Titel: 0160 - Der Spiegel des Grauens
Autoren: Unbekannt
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im ersten Augenblick völlig unbekannt gewesen. Erst, als sich der Eingang zum Kolleg vor ihm öffnete und er das rothaarige Mädchen am Fenster in einem bequemen Sessel sitzen sah, erinnerte er sich daran, daß seiner Gruppe noch ein Mitglied fehlte: Dr. Barbara Spencer, Biologin. Jetzt, nach Barbaras freundlicher Einladung, saß Joel ihr gegenüber, auf einem ziemlich unbequemen Stuhl, mit wirren Haaren, die vor dem Aufbruch zum Frühstück nur flüchtig die Bekanntschaft eines Kammes gemacht hatten - und auch sonst so, wie ein unbekümmerter junger Mann aussehen würde, der auf dem Weg zu seinem Kantinenfrühstück um halb acht Uhr morgens keineswegs damit rechnet, einer Dame zu begegnen. „Ja, der bin ich", gab Joel linkisch zu. „Und Sie sind Doktor Spencer, das fehlende Mitglied unserer Mannschaft. Ich bin froh, daß Sie es schließlich doch noch geschafft haben, vier Stunden vor dem Start."
    Er versuchte, sich mit ein bißchen Sarkasmus aus der Sackgasse herauszuhelfen. Aber Barbara war nicht im geringsten beeindruckt. Sie lächelte mit einer Art intimer Freundlichkeit und schlug mit einer faszinierend eleganten Bewegung die Beine übereinander. „Ich habe mich für diesen Auftrag freiwillig gemeldet", erklärte sie. „Außer allgemeinen Hinweisen wie, daß es mir unter Umständen ans Leben gehen könnte, daß ich wochen oder monatelang auf jede Bequemlichkeit verzichten müßte ... aber auch, daß es sich um eine äußerst interessante biologische Aufgabe handele, weiß ich nichts. Wollen Sie mich nicht ein wenig eingehender aufklären?"
    Joel kannte seine Vorschriften. Gewisse Gründe bewogen die Galaktische Abwehr, das Unternehmen, zu dem die CAROL D. in ein paar Stunden startete, so geheim wie möglich zu halten. Die eigentliche Mannschaft bestand aus Freiwilligen, denen man, als sie sich meldeten, die Gefahren des Sondereinsatzes deutlich geschildert hatte, ohne auf Details einzugehen.
    Außer Joel selbst wußte vorläufig niemand, worum es eigentlich ging. Und Joel hatte den Auftrag, die Leute erst dann einzuweihen, wenn die CAROL D. die Erde verlassen hatte.
    Außerdem mochte er es nicht, wenn eine Frau glaubte, es bedürfe nur eines freundlichen Blicks und ein paar sanfter Worte, um ihn weichzum achen.
    „Nein, ich will nicht", antwortete er bestimmt und stand auf. „Das wissen Sie im übrigen. Sie bekommen die Informationen, sobald das Schiff gestartet ist." Barbara lächelte noch immer.
    „Ja, ich dachte es mir. Haben Sie wenigstens angenehme Gesellschaft an Bord?"
    „Darüber würde ich mir an Ihrer Stelle keine Sorge machen. Nachdem Sie sich einmal verpflichtet haben, werden Sie mit den Leuten auskommen müssen, ob sie Ihnen zusagen oder nicht."
    „Aha", machte Barbara. „Und es gibt wirklich gar keine Unterhaltung?" Joel sah auf die Uhr.
    „Hören Sie, Miß Spencer ...", begann er ungeduldig.
    „Mistress Spencer", unterbrach sie ihn mit Betonung. „Aber das soll Sie nicht irritieren. Unsere Ehe war glücklich, aber leider nur kurz. Mein Mann starb an den Folgen eines Unfalls."
    Joel wurde durch die Unverfrorenheit der Andeutung aus dem Konzept gebracht.
    Unfreundlicher, als er es vorgehabt hatte, fuhr er fort: „Also schön, Mrs. Spencer. Ich habe jetzt keine Zeit. Begeben Sie sich an Bord, das Weitere wird sich fügen." Die Tür öffnete sich vor ihm.
    Er drehte sich noch einmal um und fügte hinzu: „Im übrigen würde ich mir an Ihrer Stelle weder um den Verzicht auf alle Annehmlichkeiten noch um die Zusammensetzung der Besatzung oder unsere bevorstehende Aufgabe Sorge machen, sondern allein darum, ob Sie den Kopf noch oben auf den Schultern tragen, wenn wir in ein paar Monaten wieder zur Erde zurückkehren."
    Er sah Dr. Spencer erst wieder, als die CAROL D. schon gestartet war. Er hatte alle Mitglieder der Gruppe in den kleinen Messeraum besteilt, und da jedermann wissen wollte, was ihm bevorstand, waren sie ohne Zögern gekommen. Als Joel Carso in der Messe erschien, hatten sie schon die Tische zur Seite geschoben und aus den Sitzmöbeln einen weiten Halbkreis gebildet. Sie befanden sich mitten in einer lauten Diskussion, als Joel eintrat. Sobald sie seine Gegenwart bemerkten, erstarb jedoch alles Gespräcn.
    Joel trat in den Halbkreis und beobachtete sie, während sie sich setzten. Am linken Ende saß Harney Creeser, ein Hüne von einem Mann, in dem von hundert Leuten neunundneunzig einen Berufssportler vermuteten. In Wirklichkeit war er Geologe, und nicht einer der
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