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0156 - König der Druiden

0156 - König der Druiden

Titel: 0156 - König der Druiden
Autoren: Werner Kurt Giesa
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treffendsten mit dem Begriff Kobold zu bezeichnen. Es glitt über den Regenbogen, als bestände dieser aus fester Materie. Zamorras Augen weiteten sich in ungläubigem Staunen. Federnd kam der Kobold unten an, sprang einen halben Meter in die Luft und entfernte sich dann aus dem Pentagramm, das im Moment seines Auftreffens einen grellen Blitz verstrahlt hatte.
    Klein, kaum eine Elle groß, wirkte der Kobold wie das häßliche Zerrbild eines Menschen mit seinem faltigen Gesicht und den faunischen Hörnern, seiner aschgrauen Haut und den Krallen an den Fingern. Nur das verschmitzte Grinsen dieses kleinen Wesens paßte nicht zu der trotz der Kleinheit gefährlich wirkenden Erscheinung des Kobolds. Hektisch sprang er hin und her, tanzte wild und zirpte irgendwelche unverständlichen Worte. Unwillkürlich fühlte Zamorra sich an einen Irrwisch erinnert.
    »Ich werd’ verrückt«, murmelte Nicole. »Träume ich?«
    »Nur keine leeren Versprechungen, Mademoiselle«, brummte Gryf gemütlich, griff in die Brusttasche seines Hemdes und holte die gestopfte Pfeife heraus. Umständlich setzte er sie mit einem Streichholz in Brand, löschte es aus und warf es zu Boden.
    »He?« staunte Nicole verblüfft über die Unverfrorenheit des Druiden. »Feuer im Wald…«
    Gryf grinste.
    »Erstens ist das Streichholz erloschen, zweitens fällt von meiner Pfeife keine glühende Asche herab«, bemerkte er trocken. »Gönnt mir doch das kleine Vergnügen.«
    »Trotzdem Leichtsinn«, kommentierte Zamorra leise.
    »Nicht mehr Leichtsinn, als sich mit Dämonen anzulegen«, behielt der Druide das letzte Wort. Dann schwieg auch er und starrte auf das Geschehen auf der Lichtung.
    Weitere Kobolde ritten am Regenbogen herab zur Erde und verließen das jedesmal aufblitzende Pentagramm, kaum daß sie es berührt hatten. Endlich sammelte sich eine Gruppe von fast zwanzig Kobolden um den Weißhaarigen.
    »Merlin«, flüsterte Zamorra, der den Alten erkannt hatte. Es gab nur ein Wesen im Universum, das so aussah -jung und uralt zugleich, dabei die gesamte Weisheit des Universums ausstrahlend.
    Er hörte Merlin sprechen.
    Keines der Worte vermochte er zu verstehen, aber als er sie sich in Schriftform ausgedrückt vorstellte, mußte er über seine eigene Fantasie staunen - oder war es keine Fantasie, nur eine besondere Art von Hellsichtigkeit?
    Er sah das Amulett an.
    Er sah die Hieroglyphen, die den äußeren Ring der Silberscheibe bildeten und an denen sich Schrift-Experten der Erde bislang die Zähne ausgebissen hatten. Nicht ein einziges der Zeichen hatte entschlüsselt werden können, weil einfach die Grundlagen zum Verständnis dieser Sprache fehlten, die mit keiner jemals auf der Erde existierenden Sprache, gleich ob vergangen oder noch existierend, auch nur die geringste Ähnlichkeit aufwies.
    In seiner Fantasie sah er Merlins Worte in Schriftform, und die entsprach den Hieroglyphen auf dem Amulett!
    Eine außerirdische Sprache…? Druiden-Sprache?
    Neben Zamorra stand Gryf. »Verstehen Sie, was Merlin sagt?« wollte der Professor leise wissen.
    Zu seinem Erstaunen schüttelte Gryf den Kopf. »Ich muß passen, Zamorra! Kein Wort kommt mir bekannt vor. Beim Silbermond, gibt’s denn die Sprache überhaupt, die der alte Knabe verwendet? Wenn, muß sie entweder einige Milliarden Jahre alt sein oder von einer unsagbar fremden Rasse entwickelt worden sein, die nichts mit uns oder euch Menschen gemein hat!«
    Zamorra zuckte bei dieser Formulierung nicht einmal zusammen, der wieder einmal erkennen mußte, daß Menschen und Druiden zwei völlig verschiedenen Völkern entstammten. Zwar sahen sie gleich aus und besaßen auch genetische Ähnlichkeiten, damit hörte aber alles auf.
    Gryfs Worte hatten es ihm wieder einmal bewiesen.
    Da hatte Merlin zu sprechen aufgehört und klatschte in die Hände. Im nächsten Moment wieselten die Kobolde davon und verschwanden im Unterholz des Waldes.
    Merlin, der Weißhaarige, ließ die Arme sinken. Langsam drehte er den Kopf und sah zu der kleinen Gruppe herüber. »Zamorra! Gryf! Nicole!«
    Die hatte Merlin früher nie gesehen und stand dem Alten jetzt zum erstenmal gegenüber. Zu dritt lösten sie sich aus den Schatten und traten auf die Mitte der Lichtung zu. Dort stand Merlin.
    »Du hast den Weg zu mir gefunden, Zamorra, den sie den Meister des Übersinnlichen nennen«, sagte Merlin, der Zauberer von Avalon. Seine Augen, die so jung und alt zugleich wirkten, hefteten sich auf die Silberscheibe, die vor Zamorras Brust
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