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015 - Das Blutmal

015 - Das Blutmal

Titel: 015 - Das Blutmal
Autoren: Jens Lindberg
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Wagen und stürmten zusammen mit Veit die Treppen hoch. Der Qualm vor Menz’ Bude war dichter geworden. Einer der Männer fummelte kurz mit einem Dietrich im Schlüsselloch herum. Als die Tür nicht aufging, brach er sie auf.
    Der Qualm wälzte sich jetzt in dicken Schwaden ins Treppenhaus.
    »Jemand drinnen?« fragte der Feuerwehrmann.
    »Keine Ahnung. Auf mein Klingeln hin öffnete niemand«, antwortete Veit und hustete.
    An ihm vorbei drängten sich drei Männer mit Gasmasken in die Wohnung. Polizisten kamen hinzu, Türen und Fenster im Haus öffneten sich, ein Unfallarzt öffnete seine Bereitschaftstasche. Männer mit Handfeuerlöschern rannten in die dunkle Qualmwand.
    Dann sah Veit durch den Nebel Menschen auf sich zukommen, Feuerwehrleute mit Gasmasken. Sie trugen eine Bahre. Mit ihrer Last stolperten sie eine Treppe hinab und gingen in die Wohnung der Alten, die Veit so unfreundlich abgefertigt hatte. Er und der Arzt folgten.
    Auf der Bahre lag Gerhard Menz. Das Gesicht wächsern bleich unter dem Ruß. Hose, Strümpfe und Schuhe waren verkohlt.
    »Der Bewohner Menz?« fragte einer der Männer.
    Veit nickte.
    Der Arzt schloss seine Tasche. »Hier kann ihm nicht geholfen werden – wenn überhaupt. Rasch zum Rettungswagen!« Er bewegte den Kopf von Menz hin und her. »Da stimmt auch was an den Halswirbeln nicht.«
    Der Hals!
    Veit stützte sich beim Runtergehen an den Wänden. Wilde Ahnungen überfielen ihn.
    Im Notarztwagen fuhr er mit zum Unfallkrankenhaus. Dort gab er sein Wissen zu Protokoll und wartete allein auf der schmalen Bank vor der Intensivstation.
    Ein Pfleger trat zu ihm. »Sie möchten ’reinkommen.«
    Veit schwankte hinter ihm her.
    Gerhard Menz lag unter hochkerzigen Lampen, nackt, Brandflecken an vielen Körperstellen. Mehrere Ärzte bemühten sich um den geschundenen Leib, in dem kein Leben mehr zu sein schien.
    Ein älterer Arzt wies auf Menz und fragte Veit leise: »Sind Sie mit ihm verwandt?«
    »Nein, ein Freund. Schlimm?«
    »Mehr als das. Tot. Wir müssen noch gerichtsärztlich feststellen lassen, was die Todesursache war. Vergiftung oder Bruch des Halswirbels. Der zweite Umstand ist geradezu verblüffend, denn die Feuerwehrmänner fanden den Toten auf der Couch liegend. Eingeschlafen beim Rauchen. Das Zeug sengte an. Verdammter Leichtsinn!« Der Arzt sah zu seinen Kollegen, die halfen, den Toten auf eine fahrbare Trage umzubetten und mit einem weißen Leintuch zuzudecken.
    Der Arzt wandte sich wieder an Veit. »Vielleicht sind Sie so liebenswürdig und geben bei uns im Büro noch weitere Ihnen bekannte Einzelheiten zu Protokoll.«
    »Ja«, antwortete Veit automatisch.
    Er trottete hinter der Bahre her, die aus dem Saal geschoben wurde. Eine Schwester führte ihn ins Sekretariat des Direktors, wo Veit alle Fragen stereotyp beantwortete.
    Für Veit stand fest: Anna hatte ein neues Opfer ermordet. Womit hatte Menz ihren abgrundtiefen Hass erregt, dass er sterben musste? Er hütete sich, dem fragenden Beamten von seinen Überlegungen Mitteilung zu machen. Das Gespräch mit dem Staatsanwalt hatte ihn belehrt, dass kein Mensch ihm Glauben schenken würde.
    Als er nach einer Stunde aus dem Krankenhaus taumelte, beherrschte ihn nur ein Gedanke: Flucht. Nie wieder wollte er Anna unter die Augen treten. Vielleicht verflog ihr Groll gegen ihn allmählich, und er erhielt eine Chance, weiterzuleben.
    Aber wohin sollte er fliehen? Ohne Geld. Dazu musste er über seinen Beweggrund schweigen, wollte er nicht als Verrückter gelten. Dann fiel ihm Idusch ein. Ja – er war genau wie er von Annas Hexenkünsten überzeugt. Der würde ihm wahrscheinlich helfen.
    Veit lief durch die halbe Stadt. Als er bei Idusch ankam, lag das Haus im Dunkeln. Auch auf sein Klingeln hin öffnete niemand. Veit hockte sich auf die Steintreppe vor der Tür und fiel bald in einen bleiernen Schlaf.
     

     
    Zerschlagen und ausgelaugt kam Professor Idusch gegen Mitternacht zu Hause an. Er fand den Schlafenden und weckte ihn. Veit blinzelte erschrocken und beruhigte sich erst wieder, als er das Gesicht des Professors erkannte. Taumelig folgte er ihm ins Haus, setzte sich an den Küchentisch und erzählte von dem schrecklichen Ende seines Freundes.
    Idusch antwortete nicht. Schweigend brühte er Kaffee auf.
    Er erhob seinen Becher. »Auf ihr Ende, Kloss! Lebt sie weiter, verdirbt sie uns alle.«
    »Aber warum?« schrie Veit. »Warum bloß?«
    Idusch stellte den Becher ab. »Ich habe viel darüber nachgegrübelt, Kloss. Es ist
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