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0149 - Die Nacht der flammenden Augen

0149 - Die Nacht der flammenden Augen

Titel: 0149 - Die Nacht der flammenden Augen
Autoren: Jason Dark
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zwischen Nase und Mundwinkel hatten sich verstärkt.
    So sieht einer aus, der am Ende ist, dachte er. Zählte man noch die verschmutzte Kleidung hinzu, so konnte man ihn wirklich für einen Penner halten.
    An der rechten Seite des halbrunden Tresens fand er noch einen freien Platz. Ziemlich an der Wand. Hinter der Theke bediente ein unwahrscheinlich dicker Mann. Die schwarzen Haare waren auf dem kleinen Kopf auf Streichholzlänge geschnitten und standen hoch.
    »Was willst du trinken?« wurde Gibson von dem Wirt angesprochen.
    »Bier.«
    »Großes?«
    »Ja.«
    Er bekam es. Das Bier war schlecht gezapft, doch Garry störte sich nicht daran. Als er den ersten Schluck genommen hatte und den Krug wegstellen wollte, sah er die geöffnete Hand des Wirts auf der Theke liegen.
    »Wieviel?«
    »Ein Zehner.«
    Der Wirt bekam das Geld. Die anderen Männer und Frauen an der Theke nahmen von Garry keine Notiz. Ihre Aufmerksamkeit galt einer Frau, die, leicht angetrunken, auf einem der runden Tische einen Striptease produzierte und dabei Lieder aus dem Erfolgsmusical »My Fair Lady« sang.
    »Sie war mal Schauspielerin«, hörte Garry eine spöttische Frauenstimme. »Mann, wenn die so schlecht im Bett ist wie sie strippt, kann ich mir vorstellen, daß sie keinen Freier kriegt.«
    Andere lachten.
    Garry blieb ernst. Ihm war wirklich nicht spaßig zumute. Aber so hat jeder seine Probleme, dachte er.
    Er trank noch einen Schluck. Die ehemalige Schauspielerin schleuderte ihren Wickelrock fort. Einer der Gäste bekam ihn über den Kopf, worauf die anderen lachten und anfingen zu klatschen.
    Dieses rhythmische Geräusch störte die Gedankengänge des Detektivs. Jetzt hockte er hier zwischen wildfremden Menschen und wußte nicht, was er machen sollte. Oft schielte er zur Tür, doch nach ihm hatte niemand mehr die Bar betreten.
    Ob sie noch draußen lauerten?
    Bestimmt, die ließen sich nicht so leicht abschütteln, denn er war schließlich ein Zeuge, und den ließ man nicht am Leben.
    Garry griff zu den Zigaretten.
    Zwei Stäbchen befanden sich noch in der Packung. Als die Stripperin ihre Bluse fortwarf, brannte der Glimmstengel.
    Was tun?
    Ewig konnte er hier nicht hocken, das war ihm klar. Und auf der Straße lauerten seine Feinde. Sie warteten nur darauf, daß er sich zeigte.
    Es mußte ihm jemand helfen.
    Innerlich lachte Garry Gibson bei diesem Gedanken auf. Wer von diesen Typen sollte ihm schon zur Seite stehen? Er brauchte sich nur umzuschauen. Da hockten Fixer mit hungrigen Augen, Dealer mit festgeklebtem, arroganten Grinsen in den Mundwinkeln, Dirnen, Verbrecher, Totschläger, Zuhälter – eine wahrhaft illustre Gesellschaft. Nein, die würden für ihn, den Fremden, keinen Finger rühren.
    Garry knöpfte sich den Mantel auf. Ihm war warm geworden.
    Das kam von der verdammten Angst. Wäre er doch nur Diskjockey geblieben. Seine Gedanken streiften ab. Wie konnte er sich aus dieser verdammten Klemme befreien?
    Er steckte in London, einige hundert Meilen von Glasgow entfernt, kannte keinen Menschen…
    Moment mal. Plötzlich machte es »Klick« in seinem Hirn. Natürlich kannte er jemand.
    Allerdings nur eine Frau. Von der hatte er jahrelang nichts gehört. Sie war die Nichte seiner Stiefmutter. So um drei Ecken war sie mit ihm verwandt. Er hatte sie auch zweimal gesehen, als sie mal nach Schottland gekommen war.
    Wie hieß die Kleine denn nur?
    Kleine ist gut, dachte er. Die ist bestimmt über 20 und würde sich an ihn kaum noch erinnern können. Trotzdem ließ er sich das Telefonbuch geben.
    Der dicke Wirt warf es ihm hin. Der Luftzug stäubte Asche aus dem Becher.
    Als dann noch weitere Telefonbuchbände folgten, bestellte sich Garry ein neues Bier. Während er suchte, warf die Schauspielerin ihre knapp geschnittene Tanga-Hose ins Publikum. Nackt tanzte sie auf dem runden Tisch, wobei zwei Gäste sie mit Taschenlampen anleuchteten und sich köstlich amüsierten.
    Das alles sah Garry Gibson nicht. Er suchte den Namen seiner entfernten Cousine.
    Und er fand ihn.
    Als das Telefon vor ihm stand und er die Nummer wählte, war es genau eine Stunde vor Mitternacht…
    ***
    Um diese Zeit geht der Normalbürger ins Bett.
    Auch Glenda Perkins machte da keine Ausnahme. Sie hatte zwei Überstunden gemacht, über einer Statistik gebrütet, war nach Hause gefahren, hatte gegessen und keine Lust, in die Glotzkiste zu schauen. Sie rief eine Freundin an, die sich soeben mit neuer Frühjahrsgarderobe eingedeckt hatte, und darüber kamen die
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