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0145 - Die fliegenden Särge

0145 - Die fliegenden Särge

Titel: 0145 - Die fliegenden Särge
Autoren: Jason Dark
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Hälfte voll. Gewaltige Container, in denen sich die Ware stapelte, sahen wir ebenso wie große, vollbeladene Holzpaletten, um deren Ladung Metallbänder oder Kunststoffplanen gepresst waren. Zwischen der aufgestellten Fracht gab es Wege genug. Viel zu warm schien die Sonne vom Himmel. Das Thermometer war über zehn Grad Celsius gestiegen. Die Arbeiter schwitzten. Ohne Helm kam ich mir ziemlich deplaziert vor, aber auf die Schnelle konnte ich mir auch keinen leihen.
    Zudem wollte ich mir nur die Särge anschauen.
    Eric Ladween führte mich nach links. Er ging vor und hatte den etwas schaukelnden Gang eines Seemanns.
    Ein Mann mit dem roten Helm eines Vorarbeiters trat uns in den Weg. Mich schaute er finster an.
    »Was haben Sie hier zu suchen?«
    »Der Herr ist von der Polizei, Matt«, erklärte Ladween.
    »Bulle?«
    Ich zückte meinen Ausweis. »Scotland Yard.«
    Der Vorarbeiter räusperte sich. »Sag bloß, du hast den wegen deiner komischen Särge geholt.«
    »Genau.«
    Der Vorarbeiter riss den Mund auf und begann zu lachen. »Habt ihr Bullen nichts anderes zu tun, als auf das Gewäsch von betrunkenen Spinnern zu hören?«
    »Ich war nicht betrunken!« stellte Eric richtig.
    »Hör auf, Mann.« Der Vorarbeiter wandte sich an mich. »Wissen Sie, Mister, er kann nicht zugeben, dass er einen hinter die Binde gegossen hat. Dann würde er nämlich fliegen. Aber gleich die Polizei…«
    »Wo stehen die Särge?« Ich kam zur Sache.
    Marc zog die Nase hoch. »Sie können gleich zusehen, wie die zweite Partie anrauscht. Sie wird nämlich gerade gelöscht.«
    »Eine zweite Ladung?«
    »Ja, Mister. So ist das.«
    »Lassen Sie sehen.«
    Der Vorarbeiter ging vor. Bald hatten wir die Container- und Plattenstapel hinter uns gelassen und konnten direkt ans Wasser, wo nicht nur der Frachter ankerte, sondern auch ein Kran stand, von dessen Arm ein langes Seil lief und im Bauch des Schiffes verschwand.
    Auf Deck liefen einige Schauerleute umher. Sie verständigen sich durch lautes Zurufen und in der Zeichensprache.
    Die Kranwinde drehte und das Seil spannte sich. Es bestand aus Stahl und hielt noch stärkere Lasten als die Särge aus. Ich suchte die anderen Särge, sah sie aber nicht, und als ich den Vorarbeiter danach fragte, erwiderte er:
    »Die stehen schon in der Lagerhalle.«
    Damit war ich zufrieden.
    Die Winde des Krans quietschte. Vom Fluss her wehte ein lauer Wind und fuhr mir unter den offenen Mantel.
    Stück für Stück hievte der Kran die Ladung aus dem Bauch des Frachters. Noch konnte ich nichts sehen, aber gleich darauf erschienen sie.
    Ja, es waren Särge.
    Von einer guten Qualität sogar und pechschwarz lackiert. Sie machten einen makabren Eindruck. Obwohl die Strahlen der Sonne auf sie fielen, wirkten sie irgendwie düster.
    Ich wandte mich an den Vorarbeiter. »Werden die Särge noch hier kontrolliert?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »So, wie ich es gesagt habe. Schaut hier irgend jemand nach, ob die Dinger auch leer sind?«
    »Nein.«
    »Und warum nicht?«
    »Das ist schon in Italien geschehen.«
    Ich nickte.
    Die Särge schwebten bereits über Deck. Sie standen auf einer Palette. Damit sie nicht kippten, waren sie ebenfalls mit einem Band befestigt. Es lief einmal längs und einmal quer über die Totenkisten.
    »Schwenken!« schrie jemand.
    Den Ruf hätte er sich sparen können, denn der Kranführer wusste auch so, was er zu tun hatte.
    Der große Hebearm setzte sich in Bewegung und schwenkte nach links, dem Pier zu, wo auch wir standen.
    Alles lief normal ab, schien glatt zu gehen. Ich legte meine Hand gegen die Stirn und schirmte mich so vor den Sonnenstrahlen ab.
    Es war doch ein komisches Gefühl, wie diese Masse an Särgen auf mich und die anderen beiden Männer zuschwebte.
    Da geschah es.
    Als würden unsichtbare Hände daran zerren und reißen, so plötzlich platzte die Verspannung weg. Es gab einen lauten peitschenden Knall, und dann war der Teufel los…
    ***
    Hatte Eric Landween nicht von fliegenden Särgen gesprochen? Es stimmte, die Särge flogen tatsächlich. Seine Worte waren auf makabre Weise wahr geworden.
    Nach allen Seiten rasten sie weg, und drei von ihnen auch auf uns zu.
    Wie die anderen, war auch ich in den ersten Sekunden wie gelähmt gewesen. Der Schock hatte mich einfach unbeweglich gemacht. Doch als die Särge Kurs auf mich nahmen und ich sah, wie sie immer größer wurden, wurde es mir doch ein wenig mulmig.
    »Weg!« brüllte ich.
    Das Kommando galt auch den anderen.
    Der Vorarbeiter
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