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0132 - Der Schwarze Graf

0132 - Der Schwarze Graf

Titel: 0132 - Der Schwarze Graf
Autoren: Hans Joachim von Koblinski
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im Dorf.
    Und doch schien Piecollo zu diesem Landstrich zu gehören, wie die alte Kirche mit dem wundervollen Altar, wie die Stille der Berge ringsum und wie die majestätische Ruine hoch über dem Ort, hinter der jetzt langsam die Sonne versank.
    »Piecollo! Du bist doch so oft an der Burg gewesen und weißt so vieles über ihre Geschichte, ihre Geheimnisse, viel mehr als jeder andere von uns. Und deshalb brauchen wir deine Hilfe. Ist dir dort in letzter Zeit vielleicht etwas Ungewöhnliches aufgefallen? Gab es irgendwelche Veränderungen? Hast du Spuren gesehen, die darauf hindeuten, daß sich dort jemand versteckt hält?«
    Marco Lancone bedrängte den alten Mann förmlich mit seinen Fragen. Dessen eisgraue, kalte Augen in dem zerfurchten, von Wind und Wetter gegerbten Gesicht schienen den jungen Carabinieri fast durchbohren zu wollen.
    »Verändert? Nicht das ich wüßte. Aber ich war auch schon eine ganze Weile nicht mehr dort. Und was diesen Unfall mit den beiden Touristen angeht - was kommst du damit zu mir? Wie soll ich dir denn helfen, Junge? Man hat der Frau den Schädel eingeschlagen, und weiter? Irgendein Irrer vielleicht. Ein Wahnsinniger, der sich droben herumtreibt.«
    »Das Mädel sah schrecklich aus,« sagte der dritte Mann am Tisch, Louis Walther, ein braungebrannter, gutaussehender Bursche, der ebenfalls die Uniform der Carabinieri trug. »Wenn man an die alten Geschichten glaubt, dann müssen so die Opfer…«
    »Jetzt hör bloß auf mit diesem Blödsinn, ich hab genug davon!« fuhr Lancone seinen Kollegen gereizt an.
    Keiner der Anwesenden bemerkte, wie sich in diesem Moment die Finger des Alten um sein Glas krampften.
    »Also darauf wollt ihr hinaus…« sagte er nach einer langen Pause, und es klang fast wie eine Frage. »Nun, in einem Punkt habt ihr sicher recht. Niemand hier weiß soviel über die Geschichte der Burg wie ich. Es stimmt, die Grafen von Alay führten ein wahres Blutregiment über die Menschen, die vor vielen hundert Jahren hier gelebt haben. Willkür und Schrecken herrschte, und der Tod hielt reiche Ernte. Wer den beiden in die Hände geriet, war dem Tode geweiht. Ihm wurde der Kopf zertrümmert, und es haben sich Dinge abgespielt, die ihr euch nicht vorstellen könnt.«
    Ein Lächeln huschte über das Gesicht Piecollos, während er seine beiden jungen Zuhörer interessiert musterte. Sie hörten ihm gespannt zu.
    »Es heißt, sie standen mit bösen Mächten in Verbindung«, fuhr der geheimnisvolle Alte fort. »Mit finsteren Dämonen, ja mit dem Höllenfürsten selbst. Deshalb haben viele Leute hier unten im Dorf immer noch eine Heidenangst vor der Burg. Angst vor diesen beiden Teufeln, obwohl sie schon so lange tot sind. Nun, ich habe zwar niemals den Grafen oder die Gräfin selbst zu Gesicht bekommen, aber ich besitze einen sechsten Sinn für solche Dinge und war oft in meinem langen Leben dort oben, öfter als jeder andere. Und glaubt mir oder glaubt mir nicht - manchmal fühlte ich, daß sie da waren, irgendwo, nicht zu sehen.«
    Die schmalen Lippen des Alten verzogen sich zu einem Grinsen, so daß seine gelben Zahnstummel sichtbar wurden.
    »Also gut, ich werde euch führen, wenn ihr wollt. Ihr habt mich neugierig gemacht, denn ich war selbst lange nicht mehr droben. Wollen wir also nachsehen, ob noch alles beim alten ist?«
    Der Alte ließ ein meckerndes Lachen hören, das überhaupt nicht zu ihm paßte.
    Marco Lancone blickte schweigend vor sich hin. Ihm war der Widerspruch in Piecollos Worten nicht verborgen geblieben. Erst ließ er es dort oben spuken, und dann war es wieder nichts als purer Aberglaube.
    Seltsam! Vielleicht war der Alte tatsächlich nicht mehr ganz richtig im Kopf. Dennoch - er war als Führer praktisch unentbehrlich.
    »Also, morgen in aller Frühe?« fragte der Carabinieri kurzentschlossen. Zu irgendeiner Entscheidung mußte er sich ja schließlich durchringen, und er hatte sich entschieden. Für den Weg zur Ruine. Und für Piecollo.
    »Ja, morgen früh.« erwiderte der Alte knapp, und in seine kalten Augen trat ein seltsames Funkeln. »Wenn das Wetter nicht wieder umschlägt. Ich werde euch erwarten. Um fünf Uhr.«
    »Wir werden da sein.«
    Die drei Männer erhoben sich. Marco Lancone ging hinüber zu Burger und beglich die gesamte Zeche. Er bemerkte sofort die mißtrauischen Blicke, die der Wirt ihm zuwarf. Lancone beugte sich vor. Leise sagte er: »Glaubst du vielleicht, ich lasse mich gerne mit dem da ein? Aber möglicherweise kann er uns ja
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