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0121 - Ich suche Jerry Cotton

0121 - Ich suche Jerry Cotton

Titel: 0121 - Ich suche Jerry Cotton
Autoren: Heinz Werner Höber
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deshalb schwieg ich verdutzt. Dann kam mir die Erleuchtung.
    »No, Chef«, versprach ich. »Ich begehe nicht Selbstmord, weil Jerry tot ist. Ich war in den letzten Wochen vielleicht ein bißchen verrückt, Chef. Das müssen Sie bitte entschuldigen. Jetzt habe ich mich wieder gefangen. Ich glaube, Jerry würde an meiner Stelle dasselbe empfinden wie ich: Jetzt gerade weitermachen im Kampf gegen die Unterwelt. Es ist die Verpflichtung, die uns der Tod eines jeden gefallenen Kameraden auferlegt.«
    Mister High räusperte sich. Dann sagte er hastig:
    »Verdammt noch mal, ich wußte doch, daß Sie ein G-man aus dem richtigen Holz sind. Danke, Phil!«
    Es knackte, denn der Chef hatte aufgelegt, bevor ich etwas erwidern konnte. Aber es war das erste Mal in den langen Jahren, die er nun schon mein Chef ist, daß ich ihn fluchen gehört hatte…
    ***
    Neun Uhr zwölf.
    Ich stand auf, tastete mich zum Lichtschalter, denn ich hatte im Dunkeln gesessen, und knipste das Licht an.
    In den letzten Minuten hatte ich ein ums andere Mal den Einsatzplan durchdacht. Gab es eine Lücke? Ein Loch, durch das uns in letzter Minute ein oder ein paar Gangster entschlüpfen konnten? Einen schwachen Punkt in unserem Aufmarschplan, der vielleicht einem Kollegen das Leben kosten konnte?
    Ich hatte keinen Fehler entdeckt. So sehr ich auch gegrübelt hatte. Jetzt war die Zeit des Nachdenkens vorbei. Von jetzt ab würde alles ablaufen wie das Uhrwerk einer Maschine, die nicht mehr aufzuhalten ist, wenn sie erst einmal in Gang gesetzt wurde.
    Ein letzter Blick flog durchs Office. Vielleicht würde morgen früh ein anderer zum Schreibtisch gehen.
    Ein G-man muß täglich mit dieser Möglichkeit rechnen.
    Vielleicht hängt man nur dann so am Leben, wenn man es täglich riskieren muß.
    Ich schaltete das Licht aus, nachdem ich mir den Hut aufgestülpt hatte. Von draußen zuckten die Lichter der Wolkenkratzer herein.
    Im Dunkeln griff ich nach der Maschinenpistole, die auf dem Aktenschränkchen lag. Die Handgranaten fürs Tränengas klapperten in den Hosentaschen. Meine linke Rocktasche war ausgebeult von der Gasmaske, die ich dort hineingestopft hatte.
    Ich ging den Flur hinunter zu den Lifts. Jetzt war es ruhiger geworden im Distriktgebäude. Denn wenn hier auch niemals völlige Ruhe einkehrt, weder nachts noch an den Sonn- oder Feiertagen, so verebbt der Strom der Besucher doch mit den Tagesstunden.
    Leise surrend trug mich der Lift hinab ins Erdgeschoß. Ich ging zum Schalter und sagte:
    »Trag mich aus, Joe! Phil Decker mit vierzig Kollegen zum Einsatz gegen die Snyder-Gang in der 134sten Straße. Rückkehr unbestimmt.«
    Der Kollege am Schalter griff zum Buch, in dem jeder G-man eingetragen wird, der das Haus verläßt. Er nahm den Füllhalter und schrieb etwas in die Spalten. Dann nickte er mir zu.
    »Good luck, Phil, für euch alle.«
    Ich tippte schweigend mit dem Zeigefinger an die Hutkrempe und ging zur Hintertür, die in den Hof hinausführt.
    Der Hof des Distriktgebäudes war von Scheinwerfern taghell erleuchtet. In einer Reihe standen die einsatzbereiten Fahrzeuge für den Nachtstreifendienst. Hin und wieder gab es eine Lücke in der Reihe, verursacht von den Streifen, die unterwegs waren.
    Rechts lagen die Hallen der Fahrbereitschaft, wo unsere Wagen gepflegt, repariert und ständig kontrolliert werden.
    Vor der vierten Halle standen zwölf Wagen mit Sprechfunkantennen in Dreiergruppen hintereinander. Vierzig Kollegen standen rings um die Wagen und rauchten die letzten Zigaretten.
    Ich ging hin. Die Gruppenführer machten ihre Meldung:
    »Gruppe eins fertig, Phil!«
    »Gruppe zwei einsatzbereit… Gruppe drei… Gruppe vier… - - acht fertig.«
    Ich sah auf die Uhr.
    Noch drei Minuten.
    »Einsteigen«, sagte ich.
    Wir kletterten in die Fahrzeuge. Ich setzte mich in den ersten Wagen neben den Fahrer. Noch eine kurze Überprüfung des Sprechfunkgerätes - okay alles klar.
    Ein Blick auf die Uhr.
    Noch vierzig Sekunden.
    Ich nahm den Stadtplan und fuhr mit dem Finger die Route entlang, die ich mir längst ausgedacht hatte. Wir wollten die Third Avenue nach Norden bis zur 125sten Straße nehmen, dort nach links fahren bis zur Fifth Avenue und diese bis zur 134sten Straße, um nach rechts einzubiegen. Hinter uns würden die Kollegen der ersten drei Gruppen schon in die 13te einbiegen, damit sie von hinten her an die Mauer herankommen konnten.
    Okay, es war alles okay. Jede Kleinigkeit stimmte. Jetzt hing nichts mehr von uns allein ab.
    Wie
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