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012 - Der Schatten des Vampirs

012 - Der Schatten des Vampirs

Titel: 012 - Der Schatten des Vampirs
Autoren: Maurice Limat
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Mondlicht einen Pfahl, der einsam am Ufer stand. Undeutlich glaubte er, eine Art weißer Kugeln zu erkennen, die aufgespießt waren. Beim Näher kommen entpuppten sie sich als menschliche Schädel.
    Eine böse Genugtuung überfiel ihn. Er war da. Dieses abstoßende Mal wies auf die Nähe der Hexe hin. La Brujas Hütte konnte nicht mehr weit sein.
    Abrupt hielt er das Pferd an. Er band es an einen Baum, nahm die Gitarre, hängte sie über und ging los.
    Hinter dem Schädel-Pfahl dehnte sich eine weite, öde Ebene. Der Sumpf verlor sich im Urwald.
    Im Mondlicht tauchte eine Strohhütte auf, die einzige Behausung weit und breit. Instinktiv bekreuzigte sich der Seringueiro, wie man die Kautschukarbeiter hierzulande nannte.
    Ganz bestimmt war das die Hütte der Hexe La Bruja. Hunderte von Schauergeschichten wurden über sie erzählt. Man hielt sie für die letzte Überlebende eines Stammes, den die roten Ameisen vernichtet hatten. Auch sollte sie von den Majas abstammen, die vor langer Zeit über Mexiko geherrscht hatten. Sie war berühmt wegen ihrer magischen Kräfte, und es hieß dass sie schon mehr als einen verflucht hätte.
    Sie stand in Verbindung mit den Indianerstämmen des
    Urwalds, da sie von der gleichen Rasse war. Weiße wagten es nur selten, bei ihr Hilfe zu suchen, denn die Gerüchte um ihre Person konnten einem Furcht einflößen. Ihre Macht sei unermesslich, hieß es, sie könne sich die Kräfte des Urwalds dienstbar machen und habe mit den giftigen Dünsten aus den Sümpfen schon manchen Zauber vollbracht.
    Felipe atmete tief. Endlich war er im Tal des Todes. Jetzt kam es darauf an, der Alten seine Fragen zu stellen, wenn sie ihn überhaupt anhörte.
    Leise näherte er sich ihrer Hütte und fürchtete schon, sie aus dem Schlaf zu wecken. Aber da ein leichter Rauch über ihrem Strohdach aufstieg, musste sie wohl wach sein. Felipe ging um die Hütte herum. Er kam zu der Öffnung, die offenbar als Tür diente. Als er die Schwelle überschreiten wollte, wäre er fast gegen eine ekelhafte Masse gestoßen, die irgendwo im Dunkeln lauerte. Bei seiner Annäherung stieß sie ein Geräusch aus, das ihm durch Mark und Bein ging. Jeder Mann im Urwald kannte diese Laute, und sie versetzten ihn in Schrecken. Da half nämlich keine Kraft und keine Schläue: Wenn eine Klapperschlange zum Angriff überging, musste man blitzschnell an Verteidigung denken. Er zog sofort sein Messer, die Navaja, und stieß zu. Aber – er stieß ins Leere.
    Suchend schaute sich Felipe um und sah im Mondlicht, dass die Hütte auf Pfählen stand, die sich bis unters Dach fortsetzten. Um solch einen Pfosten oberhalb der Tür hatte sich die Schlange gewickelt. Ihr hässlicher Kopf züngelte auf den Besucher los. Bei jeder Bewegung ihres Körpers verfärbten sich die Schwanzschuppen und drohten blitzartigen Tod.
    Felipe zögerte. Sollte er sie töten? Er hätte natürlich die
    Navaja schleudern können. Mehr als einmal hatte er so eine Schlange geköpft, ohne sich in ihre Reichweite begeben zu müssen.
    „Lass das Messer und komm herein.“
    Die Stimme traf ihn unerwartet. Wie vom Donner gerührt blieb er stehen. Er sah niemanden, und doch hatte jemand gesprochen, eine Frau, die Stimme einer sehr alten Frau. Unentschlossen blieb er stehen. Da kam La Bruja aus ihrer Behausung. Er sah ihre gebückte Haltung, die dürren Arme, die aus einem schwarzen Umhang herausragten, der um ihren mageren Leib schlotterte. Lange ungepflegte Strähnen verdeckten fast das Gesicht, in dem Felipe nur sehr kleine, aber lebhaft funkelnde Augen erkennen konnte.
    Sie hob die Hand gegen die Klapperschlange und streichelte das scheußliche Tier wie ein Hündchen. Darauf entspannten sich die Ringe des Reptils langsam. Es wickelte sich friedlich um den Arm der Alten.
    Felipe stand stumm und wäre am liebsten geflohen. Er hörte das Klappern der Schlange und die geflüsterten Worte der Bruja, die ihrem Liebling zuredete. Er spürte ein Würgen im Hals und hatte schon Angst, er müsse sich vor Ekel übergeben. Dabei war er sich darüber im Klaren, wie idiotisch er sich benahm, nachdem er stundenlang geritten war, um sich bei der Hexe Rat zu holen. Er wollte sich ihrer Zaubereien bedienen und nun, da er eine Probe von ihrer Kunst gesehen hatte, wollte er weglaufen? Er drehte sich schon auf dem Absatz herum.
    Aber er machte keine drei Schritte, als ihn die Bruja zurückrief. Er verstand zwar nicht, was sie sagte, aber es kam ihm vor, als falle ein Eisregen plötzlich auf ihn
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