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012 - Der Schatten des Vampirs

012 - Der Schatten des Vampirs

Titel: 012 - Der Schatten des Vampirs
Autoren: Maurice Limat
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des Gesichts zerstört.
    „Mein Geliebter“, weinte Concha.
    „Ah, ah“, stöhnte Santiago. „Das wilde Tier! Er hat mir … Er hat mir die Augen ausgebrannt! Ich bin blind! Bring ihn um, Concha, bring ihn um!“
    Er sah nichts mehr. Aber er hörte den Knall.
    Concha hatte den kleinen Revolver aus der Bluse gezogen. Zweimal hatte sie auf Felipe abgedrückt, der unter den Schüssen zusammengebrochen war. Sein Blut floss über den Boden und er blieb ohnmächtig liegen.
    Concha kümmerte sich nicht um ihn. Sie rannte auf Santiago zu, umarmte ihn leidenschaftlich und bedeckte sein hübsches Gesicht, das jetzt nur noch eine einzige schwarze Wunde war, mit Küssen. Sie schluchzte hemmungslos vor Abscheu und vor Mitleid.
     

     

Die Seringueiros waren außer sich vor Begeisterung. Endlich war es einem von ihnen in der späten Nacht gelungen, den Vampir zu erlegen. Mit schweren Flügelschlägen war er vor ihm her geflogen, als er von der Posada nach Hause ging. Mit einer einzigen Kugel hatte er ihn abgeschossen.
     

     
     
    Das Tier, frisch gestärkt mit Santiagos Blut, wollte in seinen Schlupfwinkel zurück, als der Arbeiter ihn erlegte. Jetzt waren
    ein paar Männer unter fröhlichem Gelächter dabei, ihn mit ausgestreckten Flügeln an der Wand seiner Hütte anzunageln.
    Die anderen feierten den Schützen, und die Mädchen aus der Posada lachten ihm gefällig zu.
    Es war nötig, dass man sich entspannte, denn das Drama, das sich in ihrer nächsten Nähe abgespielt hatte, verbreitete Unbehagen auf der ganzen Pflanzung. Wie üblich beschlossen die Arbeiter, Gerechtigkeit zu üben, so gut es ging, und zu retten, was zu retten war.
    Ein Reiter war mitten in der Nacht losgeschickt worden, um in der Nachbarpflanzung den Arzt zu holen. Dieser war erst im Morgengrauen gekommen, obwohl er sich sehr beeilt hatte. Über Santiagos verbranntes Gesicht konnte er nur den Kopf schütteln. Dennoch hatte er bei den ersten vorsichtigen Untersuchungen festgestellt, dass der Verletzte nicht erblinden würde.
    Und Concha, ganz närrisch vor Freude, durfte erfahren, dass ihr Geliebter geheilt werden konnte.
    Conchas Schüsse hatten Felipe doch nicht so schwer verwundet, wie es zunächst den Anschein gehabt hatte. Man hatte ihn zwar verbunden, ihm jedoch ohne Umschweife mitgeteilt, dass er am nächsten Morgen in aller Frühe an einer Hevea baumeln würde, den Hals in einer Schlinge, ehe dann sein toter Leib den wilden Tieren des Dschungels zum Fraß vorgeworfen würde. Nun war er allein.
    Er fühlte sich trotz allem wie erleichtert, denn die Besessenheit durch das Hexenlied war von ihm gewichen. Im Angesicht des Todes, während seiner letzten Stunden, zog Conchas verlassener Geliebter Bilanz. Er dachte an seine Leidenschaft, die ihn erst in den Wahnsinn und dann zur Todsünde getrieben hatte. Und nun musste er sterben.
    Der Kreis hatte sich geschlossen. Er hatte Concha noch einmal besessen – nur einmal und gegen ihren Willen. Er hatte das Unglück über Santiago entfesselt, und als er ihm ausgeliefert war, das Werk Joses und des Vampirs vollendet.
    Das alles erschien ihm jetzt so nebensächlich, so nutzlos. Die Bruja hatte es ja prophezeit: er würde bekommen, was er sich damals wünschte, alles, außer Conchas Liebe. Weil die Liebe nicht in der Hölle gedeiht.
    Der Seringueiro, der für seine Bewachung bestimmt worden war, brachte ihm etwas zu essen und erzählte ihm eine Neuigkeit, die ihn bewegte.
    Wieder allein gelassen, dachte Felipe über die merkwürdigen Wege der Vorsehung nach, die den bestrafen, der sich auf den Weg zur Hölle gemacht hat. Es handelte sich um José. Man hatte sein Skelett gefunden, total abgenagt, und man hatte es nur identifizieren können, weil ein paar Lumpen an den weißen Knochen hängen geblieben waren.
    Der Mörder hatte ein schlimmes Ende gefunden. Felipe dachte über diesen Tod nach. Er hatte die Szene so deutlich vor Augen, als sei er dabei gewesen.
    Ein Mann irrte durch den Urwald. Seine Angst wuchs, und er versuchte zu fliehen. Aber hinter ihm her jagte ein Heer von dunklen, glänzenden Tieren, Millionen von Insekten, die über ihm zusammenschlugen wie eine Brandung.
    Der Mann rannte um sein Leben, mit Riesenschritten, um zwischen sich und seine gierigen Verfolger einen Abstand zu legen. Und dann stolperte er über eine Wurzel oder einen Stein, wenn ihn nicht eine Liane aufhielt.
    Er fiel hin und blieb für ein paar Sekunden auf dem Boden ausgestreckt.
    Und schon kam das Heer der Ameisen über
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