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0110 - Auf den Spuren der Antis

Titel: 0110 - Auf den Spuren der Antis
Autoren: Unbekannt
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selbst wenn er den Likör weiterhin trinken konnte, nach zwölf Jahren und vier Monaten - vom Tag des ersten Genusses an gerechnet - verfallen und sterben würde.
    Mulvaney erreichte die Haustür. Er blieb stehen und lauschte. Vorsichtig legte er sein Ohr an die Tür. Im Innern war es ruhig. Das Haus besaß zwei Stockwerke. Lansing hatte neben der Treppe einen Aufzug einbauen lassen, der ihn bei Bedarf nach oben oder unten trug. Mulvaney kannte sich in den Räumen gut aus, denn er war öfters bei Lansing erschienen, um mit dem Alten Schach zu spielen. Daher wußte er davon, daß der Gelähmte regelmäßig Liquitiv zu sich nahm. Lansing hatte Mulvaney gestanden, daß er sich davon eine Besserung oder Heilung seiner Krankheit erhoffte. Es war jedoch keine Gesundung eingetreten. Lansing war aufgeblüht, seine faltige Gesichtshaut hatte sich gestrafft, und er war seinen wenigen Bekannten irgendwie energischer erschienen. Die Lähmung aber war geblieben.
    Mulvaney nahm den Magnetschlüssel und schob ihn in das Schloß. Die Sicherung rastete sofort aus ihrer Halterung. Unter dem sanften Druck von Mulvaneys Händen schwang die Tür auf.
    Der Raum erschien dem heimlichen Besucher als schwarzes Loch, dessen Dunkelheit nicht durchdrungen werden konnte. Ohne zu zögern, trat der Mann ein. Er verriegelte die Tür hinter sich. Er hielt den Atem an und versuchte, etwas zu hören, was auf den jetzigen Standort Lansings schließen ließ. Es war still.
    Mulvaney machte einen Schritt nach vorn. Seine brennende Sucht hatte sich noch gesteigert.
    Er mußte Liquitiv bekommen! War da nicht das Rollen des näherkommenden Krankenstuhls? Mulvaney huschte zur Seite. Aber nichts näherte sich aus der Finsternis des Raumes. Die Finger des Einbrechers berührten die Wand. Weiter vorn stießen sie auf Widerstand: die Garderobe. Mulvaney spürte zarten Stoff - den Hausmantel des Dienstroboters. Das war auch einer von Lansings skurrilen Einfällen, daß er seinen Roboter einen Umhang anziehen ließ. Mulvaney war jetzt nicht in der Stimmung, sich darüber zu amüsieren. Er tastete sich weiter, bis die Wand unterbrochen wurde.
    Hier war der Eingang zur Küche. Im Innern des Hauses gab es keine Türen, da sie Lansings Rollstuhlfahrten nur behindert hätten. Die einzelnen Eingänge waren mit geteilten Vorhängen geschlossen.
    Mulvaney schob den schweren Stoff zur Seite und betrat die Küche. Ein eigenartiger Geruch lag in der Luft, als hätte jemand eine übermäßige Menge Reinigungsmittel über den Boden gegossen. Mulvaney stieß gegen den Tisch, der eine nierenförmige Einbuchtung enthielt, in die Lansing immer mit seinem Rollstuhl hineinglitt, wenn er zum Essen kam. Wo hielt der Alte den Likör versteckt? Mulvaney überlegte. Er konnte nicht einfach planlos drauflos suchen. Dazu hätte er Stunden benötigt. Außerdem wäre diese Arbeit nicht ohne Lärm auszuführen gewesen. Es galt also, erst einmal Lansing zu finden. „ Mulvaney glitt um den Tisch herum und stolperte dabei über einen Stuhl. Das war ein ungewöhnlicher Gegenstand in Lansings Wohnung. Glücklicherweise waren die Stuhlbeine mit einer nachgiebigen Masse überzogen, so daß es kein lautes Geräusch gab. Mulvaney war jetzt davon überzeugt, daß die Küche leer war. Lansing hielt sich hier nicht auf. Plötzlich dachte Mulvaney an die Möglichkeit, daß Lansing sein Eindringen bereits bemerkt haben könnte und irgendwo mit einer Waffe auf ihn lauerte.
    Die fixe Idee, daß der Alte eine Waffe besaß, ließ Mulvaney erschauern. Eine Zeitlang war er unfähig, überhaupt etwas zu tun. Zitternd stand er da. Doch dann meldete sich sein Körper wieder und forderte sein Quantum an Liquitiv. Dieses bohrende Gefühl war schlimmer als jede Furcht.
    Er verließ die Küche. Im Erdgeschoß befanden sich noch zwei weitere Zimmer, eine Bibliothek und ein sogenannter Arbeitsraum. Natürlich arbeitete Lansing niemals, wenn er sich auch oft in diesem Zimmer aufhielt. Er bezog eine monatliche Rente und außerdem eine freiwillige Unterstützung von Verwandten in Europa. Für einen Fremden bot Lansings Arbeitsraum einen eigenartigen Anblick. Vom Eingang führten zwei Metallstreben zum Fenster hin. Sie bildeten eine Art Gang und waren gerade weit genug voneinander entfernt, um den Rollstuhl durchlassen zu können. Ein einziges Mal hatte Mulvaney gesehen, was es mit diesem Zimmer auf sich hatte. Es bedeutete für den Gelähmten praktisch die einzige Möglichkeit, sein Gefährt ohne fremde Hilfe zu verlassen.
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