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011 - Das Mädchen in der Pestgrube

011 - Das Mädchen in der Pestgrube

Titel: 011 - Das Mädchen in der Pestgrube
Autoren: Dämonenkiller
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näher wir dem Haus kamen, desto langsamer wurde mein Schritt.
    »Versuchen Sie sich zu erinnern, Dorian!« drängte Olivaro. »Bleiben Sie stehen und schließen Sie die Augen!«
    Ich gehorchte.
    »Sie sehen das Haus und den Dom, den Friedhof und die Leute vor dreihundert Jahren. Erinnern Sie sich daran!«
    Ein Zittern ging durch meinen Körper. Olivaro packte meine rechte Hand. Endlich überwand ich meinen inneren Widerstand. Olivaro führte mich wie einen Blinden.
    »Erinnern Sie sich, Dorian, erinnern Sie sich!«
    Ich knickte ein, und er riß mich hoch. Schweiß stand auf meiner Stirn. 1713. Ferdinand Dunkel. Vor meinen Augen flimmerte es. Ich riß sie auf und lebte plötzlich in der Vergangenheit.

    Frauen in bodenlangen Kleidern gingen an mir vorbei. Eine Kutsche kam auf mich zu, und ich mußte ausweichen. Ich hatte Steffi versprochen, sie abzuholen. Und ich mußte auch mit den Schwestern sprechen. Ich hatte sie ein paarmal gesehen. Sie waren recht hübsch, sahen sich ziemlich ähnlich und waren an die Dreißig. Ich zog den Rock zurecht und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Es war ein unerträglich heißer Tag, und mein Hemd war unter den Achseln verschwitzt. Die Perücke juckte. Unschlüssig blieb ich vor dem Haus stehen. Nach mehr als einer Minute erst öffnete ich die Tür.
    Im Hausflur war es angenehm kühl. Wie in allen Häusern roch es faulig. Zögernd betrat ich den kunstvoll verzierten Treppenaufgang und stieg die Stufen hoch. Ich hörte eine singende Frauenstimme und begann zu laufen. Keuchend blieb ich im zweiten Stock stehen und klopfte. Mein Herz schlug schneller. Ich hatte Angst, aber ich wußte nicht, wovor. Wieder klopfte ich.
    Schritte näherten sich. Ich wollte umkehren, doch etwas hielt mich zurück. Wie angewurzelt stand ich da und spürte, wie meine Hände feucht wurden.
    Die Tür wurde geöffnet. Ich hatte Steffi erwartet und war überrascht, Maria Reichnitz zu sehen. Das kastanienbraune Haar fiel über ihre nackten Schultern. Ihre dunklen Augen blickten mich forschend an. Sie trug ein hellgrünes Kleid, das ihre großen Brüste betonte.
    »Küß die Hand … gnädige Frau«, stammelte ich unsicher.
    »Guten Tag«, sagte sie knapp und hob die rechte Braue. »Was führt Sie zu mir, Herr Dunkel?«
    »Es geht um Steffi«, stammelte ich.
    »Um Steffi?« fragte sie verwundert. »Treten Sie ein!«
    Ich betrat die Diele. Sie schloß die Tür.
    »Was ist mit Steffi?« fragte sie.
    Bevor ich noch antworten konnte, tauchte Elisabeth Reichnitz auf. Sie war etwas jünger als ihre Schwester, ihr Haar um eine Spur heller. Ihr Kleid war ebenfalls tief ausgeschnitten und der Farbton ein dunkleres Grün.
    »Ah, Herr Dunkel!« sagte sie und der spöttische Unterton war nicht zu überhören. »Der Galan unserer Steffi.«
    »Er will mit uns über Steffi sprechen«, sagte Maria.
    Elisabeth kam näher. »Können wir dieses Gespräch nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschieben? Wir erwarten Besuch und sind in ziemlicher Eile.«
    »Es ist wichtig«, sagte ich heftig. »Sehr wichtig.«
    »Nun gut«, seufzte Elisabeth.
    Sie führten mich in ein kleines Zimmer, und ich setzte mich. Die beiden saßen mir gegenüber.
    »Was ist nun mit ihr?« fragte Maria.
    »Ich will sie heiraten«, platzte ich heraus.
    »Das ist allerdings eine interessante Neuigkeit«, sagte Maria. »Und was sagt Ihr Vater dazu? Er wird wohl kaum einverstanden sein. Sie ist ein einfaches Stubenmädchen.«
    Ich suchte nach Worten. »Darauf kommt es nicht an«, sagte ich schließlich. »Ich will Steffi heiraten, und sie will mich auch.«
    Die Schwestern wechselten einen raschen Blick.
    »So einfach geht das aber nicht, Herr Dunkel«, sagte Elisabeth.
    »Ich will mit ihr noch heute Wien verlassen«, sagte ich.
    »Weshalb diese Eile?« fragte Maria.
    »Steffi fühlt sich nicht wohl«, sagte ich. »Außerdem habe ich Angst, daß sie von der Pest befallen wird.«
    »Alles recht schön und gut, Herr Dunkel«, sagte Maria, »aber da haben wir auch noch ein Wort mitzureden.«
    Die Tür zur Diele stand offen, und ich hörte das ungeduldige Klopfen.
    »Das ist unser Gast«, sagte Maria. »Entschuldigen Sie uns, bitte!«
    Beide standen auf, und ich blieb verwirrt sitzen. Sie verließen das Zimmer und schlossen die Tür hinter sich. Ich hörte Stimmengemurmel. Neugierig stand ich auf und preßte den Kopf gegen die Tür.
    »Wo ist Steffi?« fragte eine tiefe Männerstimme.
    »Im Salon«, sagte Maria. »Alles ist vorbereitet.«
    »Gut«, sagte der
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