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0106 - Hügel der Gehenkten

0106 - Hügel der Gehenkten

Titel: 0106 - Hügel der Gehenkten
Autoren: Jason Dark
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werden davongejagt wie Hunde. Aber in diesem Fall wird sich mein Vater wehren, das weiß ich.«
    »Dann bin ich auf seiner Seite.«
    Sie erschrak. »Nein, auf keinen Fall, das könnte sonst sehr schlimm für dich werden.«
    »Verdammt noch mal, warum?«
    Sie stand auf und deutete auf die Tür. »Frag nicht, sondern nimm es hin.«
    Gulliver O’Flynn stammte aus Irland. Wenigstens kamen seine Eltern von der grünen Insel, und er hatte von seinen Erzeugern die Dickköpfigkeit geerbt.
    So einfach ließ er sich nicht abspeisen. Was er die ganze Zeit über bereits gespürt hatte, wurde für ihn langsam zur Gewißheit. Dieses Zigeunermädchen, in das er sich verliebt hatte, umgab ein Rätsel.
    Und das wollte er lösen.
    Vor der Tür blieb er stehen und breitete beide Arme aus. »Ich gehe nicht«, sagte er fest.
    Scharf atmete Saffi ein. »Das kannst du mir und dir nicht antun«, hauchte sie.
    »Und ob ich das kann.« Gulliver deutete auf den Vorhang. »Dahinter schläft dein Vater. Ihn will ich wecken. Ich will von ihm allein erfahren, weshalb du dich so anstellst.«
    »Nein, nicht!«
    »Unsinn, was ich mir einmal vorgenommen habe, führe ich auch durch. Du hinderst mich nicht daran.« Er ging vor.
    Rasch sprang ihm Saffi in den Weg. »Willst du unbedingt sterben?« fragte sie.
    Abrupt blieb O’Flynn stehen. »Jetzt spiel nicht verrückt, Mädchen. Ich möchte noch sechzig Jahre leben. Wenn es geht, mit dir zusammen. Doch bevor ich dich heirate, werde ich erst euer Geheimnis lüften.«
    Ohne auf den Protest des Mädchens zu achten, schob er Saffi kurzerhand zur Seite und ging auf den Vorhang zu.
    Die Zigeunerin schlug ein hastiges Kreuzzeichen, dann zog sie die Hand so heftig zurück, als hätte sie sich verbrannt.
    Der junge Student griff nach dem Vorhang. Seine Finger hatten sich bereits in eine Stoff alte gewühlt, als er abrupt innehielt.
    Er hatte ein Geräusch gehört.
    Stöhnen!
    Und es war hinter dem Vorhang aufgeklungen.
    Der Blinde war erwacht.
    O’Flynn schluckte. Um so besser, wenn er wach war, dann brauchte er ihn wenigstens nicht zu wecken, dachte er.
    »Laß es sein«, flüsterte Saffi hinter ihm. »Bitte, laß es sein. Du rennst in dein Unglück!«
    »Nein!« Gulliver holte noch einmal tief Luft, um den Vorhang zur Seite zu ziehen.
    Da spürte er plötzlich etwas Spitzes, Kaltes im Nacken, und er blieb steif stehen.
    Nahe an seinem rechten Ohr vernahm er die Stimme des Mädchens. »Ich halte hier ein Messer in der Hand«, raunte Saffi. »Wenn du den Vorhang öffnest, stoße ich zu!«
    Plötzlich zitterte er. »Du… du bist wahnsinnig!« keuchte Gulliver.
    »Nein, ich war noch nie so klar wie jetzt. Ich will dich vor großem Schaden bewahren.«
    Der Student zögerte. Sekunden vergingen. Eine Zeit, in der die Spannung wuchs. Dann entspannte sich Gulliver.
    »Okay, Saffi, du hast gewonnen.«
    Der Druck verschwand. Zurück blieb ein leichter Schmerz. Etwas Feuchtes rann ihm in den Hemdkragen. Sein Blut.
    Saffi trat zurück. Die Hand mit dem Messer hatte sie sinken lassen. »Es tut mir leid«, entschuldigte sie sich, »aber ich sah keine andere Möglichkeit.«
    O’Flynn drehte sich um und nickte. »Schon gut«, erwiderte er.
    Noch im gleichen Moment schnellte seine rechte Hand vor und umklammerte das Messergelenk des Mädchens.
    Saffi schrie auf, als O’Flynn ihren Arm wuchtig herumriß. Ihre Faust öffnete sich, das Messer rutschte ihr aus der Hand und fiel zu Boden. Gulliver trat es mit dem linken Fuß weg. Die Waffe glitt unter das Sofa.
    Dann schleuderte er das Zigeunermädchen auf das Sitzmöbel.
    »So!« zischte er, »jetzt wollen wir uns einmal vernünftig miteinander unterhalten. Wenn du mir ja nicht soviel bedeuten würdest, hätte ich jetzt anders reagiert. Warum bist du mit dem Messer auf mich losgegangen? Warum, zum Henker?«
    »Weil ich dich retten will«, lautete die gequält klingende Antwort. »Wirklich, Gulliver…«
    O’Flynn lachte auf. »Das gibt’s doch nicht. Du wolltest nicht mich retten, sondern irgend etwas vor mir verbergen. Aber da hast du dich geschnitten, Mädchen. Ich schaue mir deinen Vater an. Angst habe ich nämlich keine.«
    Saffi begann zu weinen. »Es war deine letzte Chance«, schluchzte sie. »Wirklich…«
    »Quatsch.« O’Flynn ließ sich jetzt nicht mehr beeinflussen und schritt auf den Vorhang zu. Mit einem heftigen Ruck zog er den Stoff zur Seite und starrte in die dahinterliegende Hälfte des Wohnwagens.
    Er sah ein altes Feldbett.
    Mehr nicht.
    Und auf dem
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