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0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten

0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten

Titel: 0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten
Autoren: Franc Helgath
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Zamorras Brust, weil sie nicht länger zusehen konnte. Sie mochte Ren nur, wenn es im Ritz nach Art des Hauses serviert wurde. Eine Zeitlang würde sie keinen Appetit mehr auf diese Köstlichkeit haben.
    Die Fenna tranchierten das Tier mit ihren Schwertern. Gruppen bildeten sich und zogen mit den einzelnen Fleischbrocken zu ihren Feuern, wo sie den Braten auf Spieße steckten und in die Flammen hielten.
    Bald darauf war die Brutalität, mit der die Schlachtung vor sich gegangen war, vergessen, und ein verlockender Duft zog durchs Lager. Nicole machte sich wieder frei.
    Die Fenna aßen geräuschvoll schmatzend. Fett rann ihnen in die Bärte. Ihren Frauen warfen sie die Knochen zu, die dann von ihnen noch völlig abgenagt wurden. Eine halbe Stunde verging, ohne daß sich jemand um Nicole und Zamorra gekümmert hätte.
    Eine steife Brise kam auf und vertrieb die Nebelfetzen, die über dem Lager schwebten, legten einen blaßblauen nordischen Frühjahrshimmel frei. Zamorra kam es in den Sinn, daß es damals in Skandinavien noch nicht so winterkalt wie in seiner Zeit gewesen war. Seither hatte die Erdachse sich wieder um ein paar entscheidende Gradsekunden geneigt.
    Irgendwo zwitscherte ein Vogel, und Zamorra wurde es um so schmerzlicher bewußt, daß sie hier eingesperrt waren wie die Kaninchen im Stall eines Hinterhofs.
    Wann würden die Fenna sich wieder um sie kümmern? Lange dauerte es bestimmt nicht mehr, denn die meisten hatten schon gegessen. Die Blicke, die zu ihnen herübergeworfen wurden, kamen häufiger. Neugierige Blicke. So wie ein Kind ein Tier im Zoo betrachtet. Sie wurden mit ihrer blassen Haut als exotisch bestaunt.
    Dann zeigte es sich, daß das Interesse der Männer Nicole mehr galt als Zamorra. Die Männer vollführten zotige Gesten, die der Phantasie keinen Spielraum mehr ließen, und lachten dümmlich-derb auf. Krüge machten die Runde, und die Männer legten die Köpfe weit in den Nacken, wenn sie daraus tranken. Das Stimmengewirr wurde lauter, das viehische Gelächter häufiger.
    Doch abrupt herrschte Stille, als Narko um die Ecke seines Tempels bog. Er trug dasselbe Gewand wie in der Nacht davor, und bei Tageslicht sah Zamorra auch die Blutspritzer darauf, die rostrot gegen das makellose Weiß stachen.
    In der einen Hand hielt er seinen Pokal mit dem Auge, das gebannt zum Verschlag herüberglotzte. Zamorra gewann den Eindruck, als wären Narko und sein goldener Pokal eine untrennbare Einheit, als würde er mit dem Auge des Grals sehen.
    Unwillkürlich griff Zamorra nach dem Amulett, das er sich wieder um den Hals gelegt hatte. Er spürte, wie es vibrierte. Ein untrügliches Zeichen dafür, daß Narko nicht nur ein grotesk herausgeputztes menschliches Wesen war, das sich nur maskierte, um noch mehr Eindruck auf seine Untergebenen zu machen. So wie das bei manchen Negerstämmen in der Sahelzone früher praktiziert worden war, wo sich die Häuptlinge und Medizinmänner ihren Stammesgenossen nie in ihrer eigentlichen Gestalt zeigten.
    Narko brauchte diesen Humbug nicht.
    Er war ein wirklicher Dämon.
    Verändert hatte sich bei ihm nur, daß er jetzt um seine schmalen Hüften einen Ledergürtel mit einem Kurzschwert trug. Nur der Griff ragte aus der Scheide, und er funkelte auf, wenn die Sonne auf die Diamanten fiel.
    Wieder ließ Narko rund fünf Meter Raum zwischen sich und dem Verschlag mit Zamorra. Er hob den Gral vor die Brust, und das rote Zyklopenauge glitzerte den Dämonenjäger kalt an. Der Blick schien ihn durchbohren zu wollen.
    »Es ist soweit«, sagte Narko in seinem altertümelnden Schwedisch. »Eure Stunde ist gekommen. Doch du wirst noch Zusehen müssen, Magier aus der Zukunft. Vielleicht macht dich das bereiter, deinen dummen Widerstand aufzugeben, wenn du mit eigenen Augen erblickst, wie ich mit meinen Feinden verfahre. Holt euch das Mädchen, Männer, und tut nach eurem Belieben.«
    Rufe wurden laut, die Zamorra unschwer als Äußerungen des Jubels erkannte. Ein paar der Männer verneigten sich tief vor ihrem Herrscher, bevor sie an den Verschlag herangetrottet kamen.
    Nicole klammerte sich an Zamorra.
    »Nein!« schrie sie entsetzt. »Bitte, Chef. Tu was!«
    Narko lachte höhnisch. Er lachte sich schier seine verdammte Seele aus seinem verdammten Leib. Er weidete sich an Nicoles Angst und blieb stehen, wo er war.
    Die Fenna legten sich keine weitere Zurückhaltung auf. Johlend und grölend machten sie sich daran, den Riegel vor dem Bronzegatter zurückzuschieben. Ihre Blicke hingen
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