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01 - So nah am Paradies

Titel: 01 - So nah am Paradies
Autoren: Nora Roberts
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warm, gemessen an den an der Ostküste üblichen Temperaturen. Doch sie fröstelte trotz Jacke und war nur froh, bald wieder im südlichen Kalifornien zu sein. Doch vorher hatte sie noch etwas zu erledigen.
    Die meisten Pferde waren auf der Koppel. Carrie lehnte sich an den Zaun. Früher oder später würde er herauskommen. Sie konnte warten.
    Dorian führte die zwei Wallache hinaus und sah sie. Seit Tagen wusste er, dass sie ihm etwas zu sagen hatte. Offensichtlich war es jetzt so weit.
    Nachdem er das Gatter hinter den Pferden verschlossen hatte, trat er wortlos neben sie an den Zaun. Sie nahm die Zigarette, die er ihr anbot. Sie rauchte selten, es war bei ihr eine Frage der Stimmung. Sie inhalierte tief und beobachtete die Pferde, während sie sprach.
    „Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich Sie mag. Aber das ist nicht wichtig. Alanas Gefühle sind wichtig."
    Wie ähnlich ihre Worte doch denen von Maddy sind, dachte Do- rian. Das zeigte nur wieder ihre tiefe Verbundenheit. Gemeinsam beobachteten sie, wie Eve ihr Fohlen geduldig säugte.
    „Ich habe Sie nicht gemocht, als Sie mich wegen Millicent Drisc- oll für Ihr letztes Buch interviewt haben. Es hatte etwas mit dem Zeitabschnitt meines Lebens zu tun, das Übrige aber mit Ihrem Verhalten.
    Ich fand Sie zynisch und unsympathisch. Darum konnte ich Ihnen gegenüber auch nicht so offen sein, wie ich vielleicht hätte sein sollen. Wenn ich es gewesen wäre, dann hätten Sie vielleicht in Ihrer Geschichte etwas mehr Mitgefühl gezeigt. Aber Alana ist meine Schwester."
    Zum ersten Mal drehte sie sich zu ihm um und sah ihn direkt an. Selbst in dem unbarmherzig starken Licht der Sonne war ihr Gesicht fantastisch. Ein klassisch ovaler Schnitt mit leicht betonten Wangenknochen und makelloser Haut. Ein Mann konnte bei diesem Gesicht leicht vergessen, dass es noch etwas außer dieser Frau gab. Aber es waren ihre Augen, denen Dorians Interesse galt. Er konnte sich vorstellen, dass sie mitleidslos schon viele Männer gemustert und sie als unwürdig befunden hatten.
    „Ich weiß, dass Sie Alana mögen. Aber ich bin mir nicht sicher, was das bei Ihnen bedeutet. Ich will Ihnen von Chuck Rockwell erzählen, in einer Weise, wie Alana es wahrscheinlich nicht könnte." Wieder nahm sie einen tiefen Zug und genoss das kräftige Aroma der Zigarette. „Dies ist übrigens inoffiziell, Dorian. Wenn Alana zustimmt, können Sie alles benutzen, was ich sage. Wenn nicht, haben Sie Pech gehabt. Einverstanden?"
    „Einverstanden. Erzählen Sie."
    „Als Chuck den ersten Abend in den Club kam, war er schrecklich vernarrt in Alana. Vielleicht hat er sie sogar eine kurze Zeit geliebt. Ich weiß nicht, mit welchem Typ Frau er sich vorher abgegeben hat, aber ich kann es mir vorstellen. Alana war unerfahren, was selbst das geschmacklose Kostüm und die Bühnenschminke nicht verbergen konnten.
    Leichtgläubigkeit ist ein hartes Wort, es sei denn, man versteht den Menschen. Und Alana war und ist immer noch leichtgläubig." Sie lächelte, nicht das distanzierte, kühle Lächeln, das sie so oft zeigte, sondern ein weiches Lächeln, das die Mundwinkel leicht nach oben zog, das ebenso schön war wie aufschlussreich. „Sie hat an die Liebe geglaubt, an Hingabe, an das ,Bis dass der Tod uns scheidet'. So ist sie in die Ehe gegangen -
    mit einem beinahe kindlichen Vertrauen."
    Er konnte sich Alana damals genau vorstellen: offen, unschuldig und vertrauensvoll. „Und Rockwell?"
    „Er hat sie wohl geliebt, soweit er dazu in der Lage war und solange er dazu in der Lage war.
    Manche meinen, Schwäche macht einen Menschen nicht böse." Etwas flackerte kurz in ihrem Blick auf, wurde aber schnell verdeckt. „Ich bin nicht dieser Meinung. Chuck war vom Gefühl her schwach. Ich könnte Entschuldigungen für ihn finden, da ich weiß, dass er von einer unglaublich herrischen Mutter und einem arbeitswütigen Vater erzogen wurde. Doch ich persönlich gebe nichts auf Entschuldigungen."
    Sie warf ihm einen Blick zu, als warte sie auf Einwände. Doch Do- rian kannte die Hintergründe von Rockwells Erziehung schon. „Es gab praktisch von Anfang an Probleme", fuhr Carrie fort. „Alana hat versucht, sie zu verheimlichen, doch das ist bei Drillingen schwierig. Sie hat Chuck nach Paris und London begleitet, trug schöne Kleider und verkörperte einen Lebensstil, von dem viele Frauen nur träumen. Nicht so Alana. Nicht, dass sie es anfangs nicht genossen hätte, doch Alana hatte sich schon immer nach Beständigkeit
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