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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige
Autoren: Michael Cobley
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Hexe,
dröhnte die Stimme der Dämonenbrut in ihrer Nähe.
Wohin du auch fliegst, ich werde dich aufspüren.
    Dann war Nerek bei ihr. Sie war aufgesprungen, zu ihr geeilt und löste Kerens Griff von Suviels Bein. Suviel drückte das Kristallauge fest an ihre Brust und wich zu einem der Pfeiler zurück. Die beiden anderen Frauen rangen in einer mörderischen Umarmung miteinander, die Hände um die Kehle der anderen gelegt. Suviel drehte sich um. Die Dämonenbrut stand auf dem Vorsprung außerhalb der Pfeiler und beobachtete sie ruhig.
    Ich brauche das Auge, Magier-Weibchen. Freiwillig hergegeben, kann es meinem Volk große Dienste leisten.
    »Und dafür soll ich mein Volk verraten?«, erwiderte Suviel verächtlich. »Wohl schwerlich.«
Deine Gefährtin wird bald besiegt sein. Gib mir das Auge, und ich bringe Euch beide in Sicherheit.
Suviel lachte laut auf und trat zwischen den nächsten Pfeilern auf den Vorsprung hinaus. Hier draußen war es noch kälter, und der Schlund des schwarzen Nichts gähnte gefährlich unter ihr. Ihr Verstand jedoch war klar und gefasst. Während die Dämonenbrut sprach, hatte ihr das Kristallauge viele wichtige Dinge über ihn und seine Rasse verraten, und dieses Wissen konnte sie jetzt nutzen. »Wie du es im Reich des Vater Baumes getan hast?«, fragte sie. »Meine Antwort bleibt ›Nein‹.« Die Dämonenbrut drehte sich herum und musterte sie. Er umklammerte mit einem riesigen Arm einen Pfeiler, um seine dunkle, hünenhafte Gestalt im Gleichgewicht zu halten. Seine Augen glühten so heiß wie Gold in einer Esse.
    Hör mir gut zu, Magier-Weib: Wenn der Herrscher des Zwielichts wieder vereint ist, wird das Kristallauge nichts weiter sein als eine Seifenblase, die vor seiner Macht zerplatzt. In meinem Reich jedoch wäre es von großem Nutzen …
    »Dennoch bleibt es unsere einzige Waffe«, erwiderte sie, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Sie bemerkte die unmerkliche Veränderung in seiner Haltung. »Ich werde es nicht aufgeben. Und jetzt höre du mir zu, Orgraaleshenoth, Prinz und Verräter, du hast bereits zu lange die Zwischenwelt heimgesucht, und sie stöhnt unter deiner Anwesenheit!«
    Dein kümmerliches Jammern verärgert mich, und meine Geduld ist erschöpft.
    Bevor die Dämonenbrut sich jedoch auf sie stürzen konnte, ballte Suviel die Faust, als die Umhüllung, der erste Gedankengesang, den das Auge für sie beschworen hatte, wirkte. Ein Nebelschleier hüllte ihn ein, und einen Moment lang konnte er sich nicht rühren. Suviel wusste, dass seine Fesselung zwar nicht lange anhalten würde, aber lange genug.
    Ihre zitternde Hand sprühte blendende Funken, die eine brennende Linie durch die Luft beschrieben, bis sie schließlich aufriss. Sofort heulte ein starker Wind zwischen den Pfeilern, und eine Flut grauer Strahlen strömte aus dem Spalt auf die Dämonenbrut zu, umhüllte sie und versuchte, sie zurückzuziehen. Aber das Geschöpf hatte seine Arme um einen unbeschädigten Pfeiler geschlungen, und während es Suviel finster anstarrte, hob es einen Fuß und ließ ihn auf den Vorsprung hinabsausen. Der Turm schwankte, und ein Riss tat sich im Boden auf.
    Suviel merkte es nicht, so ausgelaugt fühlte sie sich. Als der Zauber sich entfaltete, schien er ihren Lebenssaft zu verzehren, der unstillbar wie Blut aus einem durchtrennten Hals floss. Sie sank auf dem Vorsprung in die Knie, hielt das Kristallauge mit einer Hand und klammerte sich mit der anderen an einem Pfeiler fest. Sie drohte, das Bewusstsein zu verlieren, und senkte den Kopf, doch sie zwang sich mit letzter Willenskraft, wach zu blei ben und ihre Aufgabe zu Ende zu bringen. Ihre Furcht überwältigte sie jedoch beinahe, als sie aufblickte und die Dämonenbrut nur eine Armeslänge entfernt vor sich sah. Die graue Strahlung zerrte den Prinzen mit einer Furchterregenden Gewalt zurück, bis seine massigen Beine gerade nach hinten gezogen wurden. Aber er hielt sich fest und arbeitete sich von Pfeiler zu Pfeiler an Suviel heran. Dann zerbarst die Säule, an der Orgraaleshenoth hing. Er heulte vor Wut, warf sich mit aller Gewalt nach vorn, und hieb mit seinen blanken Klauen Mulden in die Pflastersteine.
    Doch die Zugkraft der grauen Strahlung verstärkte sich bis zu dem Punkt, an dem er nachgeben musste.
    Suviel beobachtete die Anstrengungen der Dämonenbrut mit einer verschwommenen Mischung aus Ehrfurcht und Abscheu. Dann sah sie den Riss auf dem Turmboden, der sich immer mehr verbreiterte. Es knirschte, der Vorsprung unter ihr
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