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01 - Die verbotene Oase - Mein neues Leben im Harem der Frauen

Titel: 01 - Die verbotene Oase - Mein neues Leben im Harem der Frauen
Autoren: Choga Regina Egbeme
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ihre Ziehtöchter Florence und Elisabeth mit. Wir waren zwölf Frauen und sieben Kinder. Uns jüngere eint dasselbe Schicksal: In unseren Körpern lauert unser größter Feind, der HI-Virus. Nur die vier Ältesten hat die Seuche verschont - meine Patentanten Mama Ada und Mama Bisi sowie Mama Ngozi und Mama Funke.
    Wir genossen den Anblick der festlich gedeckten Tafel, als wir ein zaghaftes Klopfen an der Eingangstür hörten. Mama Bisi und ich wechselten einen überraschten Blick. Wir erwarteten keinen Besuch. Mein Sohn Josh sprang als Erster vom Stuhl und riss die Tür schwungvoll auf. Wie um diese Jahreszeit üblich, blies der Harmattan den rötlichen Saharastaub über das Land. Mit dem Öffnen der Tür wehte eine feine Wolke herein. Im matten Licht der Nachmittagssonne zeichneten sich die Umrisse einer Gestalt ab. Sie trug ein Bündel auf dem Kopf und ein Kind auf dem Rücken. Ihre Kleidung bestand wie unsere aus einer schlichten weißen Bluse und einem weißen Wickelrock.
    „Wer bist du?“, fragte Josh mit der Unvoreingenommenheit eines fünfjährigen Kindes. Die Einsamkeit der Frau, die ausgerechnet an Weihnachten gekommen war, machte ihn keineswegs beklommen.
    Neben mir erhob sich Mama Bisi ganz langsam. „Efe?“, flüsterte sie. Meine kleine rundliche Ziehmutter eilte um die Tische herum, die Arme zur Begrüßung ausgestreckt. „Efe! O Gott, mein Kind, wo kommst du denn her?“, rief sie.
    Durch unsere Reihen lief ein Raunen. Die wenigsten von uns kannten Efe. Als Zehnjährige war meine Halbschwester gemeinsam mit mir aus dem Harem unseres Vaters Papa David auf die Farm gezogen, hatte sie jedoch wenige Monate nach ihrem 15. Geburtstag wieder verlassen, weil sie verheiratet wurde.
    In unseren gemeinsamen fünf Jahren war so viel geschehen, dass uns Entfernung und Zeit niemals wirklich hatten trennen können.

Efe war heimgekehrt.
    Das Herz schlug mir bis zum Hals. Gebeugt und beladen wirkte sie wie jemand, den niemand mehr haben wollte. Sie tat mir unendlich Leid. Zuletzt hatte ich Efe vor neun Jahren gesehen. Auf meiner eigenen Hochzeit in Lagos. Damals war sie so glücklich gewesen, hatte ihren Erstgeborenen dabeigehabt, einen süßen Anderthalbjährigen mit Puppengesicht. Der Sohn, den sie nun mitbrachte, war etwa vier Jahre alt. Wo aber waren der Ältere und ihr Mann, Papa Sunday?
    Doch jetzt war nicht der Moment zu fragen, sondern zu helfen. Niemand ahnte, was diese beiden zu uns geführt hatte. Die weit über 60-jährige Bisi schloss ihre jüngste Tochter weinend in die Arme. Efes Sohn sah sehr krank aus.
    Seinen traurigen Augen fehlte jeder Glanz. Stark unterernährt konnte er sich kaum auf den Beinen halten. Efes schmaler Körper zitterte. Meine zwei Jahre ältere Halbschwester war am Ende ihrer Kräfte.
    Dennoch fragte sie: „Sind wir willkommen?“
    So etwas in diesem Augenblick zu fragen - das konnte nur Efe. Sie nahm sich selbst stets weniger wichtig als alle anderen. Schon früher hatte sie sich immer ihrer zwei Jahre älteren Schwester Jem untergeordnet. Da Jem sich der Ehe mit dem 40 Jahre älteren Papa Sunday widersetzt hatte, ordnete unser gemeinsamer Vater Papa David an, dass stattdessen Efe ihn heiraten musste. Ich werde den Augenblick nie vergessen, als Efe es erfuhr - sie spielte gerade im Hof mit Steinen ... Als halbes Kind folgte sie ihrem Mann nach Kaduna. Papa Sunday leitete eine der Familien, die Keimzellen der Kirche
    des Schwarzen Jesus, die mein Vater in den fünfziger Jahren gegründet hatte.
    Efe blickte sich scheu um. Unser Familienfest zählte jetzt nicht; wir alle hatten eine neue Aufgabe: einer Schutzlosen und ihrem kranken Kind ein Zuhause zu schaffen. Bisi und ich geleiteten die beiden in die alte Bibliothek, die mein Zimmer geworden war. Es kam nicht in Frage, den Kranken im Salon einzuquartieren, unserem Kinderzimmer. Wir entrollten Matten am Boden, wo sie sich erschöpft ausstreckten. Früher hatte es hier einmal Betten gegeben.
    Sie waren in jenen Jahren abhanden gekommen, in denen die Farm unbewohnt gewesen war.
    Mama Bisi deckte ihre Tochter und ihren Enkel liebevoll zu und gab ihnen frischen Tee und etwas zu essen. Der Junge trank durstig, wollte aber nichts essen. Wenigstens Efe nahm die angebotenen Speisen dankend an.
    Mama Ada empfing uns vor der Tür. „Kommen die beiden etwa aus Ibadan?“, fragte meine Patentante entsetzt.
    Soweit wir wussten, hatte Efe zuletzt im fernen Südwesten Nigerias gewohnt.
    Sollte sie mit ihrem kranken Jungen tatsächlich diesen
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