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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut
Autoren: Deborah Crombie
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verblüfft.
      »Ja. Ich hörte von Martha Trevellyan, daß Sie einen Sohn haben, der in einem Pflegeheim untergebracht ist.«
      »Barry. Er heißt Barry.« Eine Spur Zorn schimmerte durch ihre Lethargie. »Er ist neunundzwanzig.«
      »Warum haben Sie uns nicht gesagt, daß Sie aus Dorset stammen? Sie und Jasmine hatten da doch etwas Gemeinsames.«
      »Ich habe nicht daran gedacht. Ich lebe seit vielen Jahren in London, und Jasmine und ich haben nie darüber gesprochen.«
      »Aber Sie wußten, daß Jasmine in Dorset gelebt hatte, auch wenn Sie nie darüber gesprochen haben.«
      Felicity kniff eine Falte ihres Morgenrocks zwischen ihren Fingern zusammen. »Sie wird es wohl erwähnt haben, aber ich kann mich nicht erinnern, daß wir je genauer darüber gesprochen haben. Ich habe viele Patienten, Mr. Kincaid. Ich kann nicht die Lebensgeschichte jedes einzelnen im Kopf behalten.«
      Ein kleiner Fehltritt, dachte er, erfreut darüber, sie aus ihrer Apathie gerissen zu haben.
      »Aber diese Parallele war doch sicher ungewöhnlich genug, um darüber zu sprechen? Ich meine, in der Zeit, als Sie in Blandford Forum lebten, hat Jasmine in der Anwaltskanzlei am Marktplatz gearbeitet. Kennen Sie die Kanzlei? Gleich neben der Bank. Sie ist heute noch dort.«
      Er stand vom Sofa auf und holte sich den Schreibtischstuhl, setzte sich so, daß er Felicity ins Gesicht sehen konnte. Ihre Knie berührten einander beinahe.
      »Sagen Sie mir genau, was Ihrem Sohn fehlt, Felicity. Warum ist er in einem Pflegeheim?«
      Kincaid hielt den Atem an. Er wußte, daß er nicht den Schatten eines Beweises hätte. Seine Frage beruhte lediglich auf einer wilden Vermutung, die ihm urplötzlich in den Sinn gekommen war.
      Felicity starrte auf ihre Hände, die den Stoff des Morgenrocks umkrampft hielten. Dann sah sie auf und blickte Kin-caid direkt in die Augen. »Er ist beinahe völlig blind und taub. Er reagiert auf nahezu keinerlei Reize, aber er kennt mich.«
      »Martha Trevellyan sagte etwas von einer Verletzung in der Kindheit. Was ist Barry zugestoßen, Felicity?«
      »Er hat als Säugling eine schwere Hirnverletzung erlitten. Damals war über derartige Verletzungen so wenig bekannt, daß häufig Fehldiagnosen gestellt wurden.«
      Kincaid lehnte sich seufzend zurück. »Ich glaube«, sagte er langsam, »daß Ihnen gar nicht gesagt werden mußte, daß Jasmine aus Dorset kam, weil Sie sich nämlich sehr klar an sie erinnerten. Ich verstehe nur nicht, wieso Jasmine in ihren Tagebüchern nichts davon schrieb, daß sie Sie kannte.«
      Felicity stand auf und ging zum Fenster. Seit Kincaids letztem Besuch waren die Büsche im kleinen Garten grün geworden, und im Gras blühten einige späte Narzissen.
      »Immer nehm ich mir vor, den Garten in Ordnung zu bringen«, sagte sie, ihm den Rücken zugekehrt. »Aber dann mache ich Überstunden, und an meinen freien Tagen besuche ich Barry und komme nie dazu, etwas im Garten zu tun.«
      Kincaid wartete. Nach einem Moment sah er, wie ihre Schultern sich lockerten, und wußte, daß sie ihren Entschluß gefaßt hatte. Sie fuhr zu sprechen fort, als sei sie noch beim selben Thema. »Vielleicht hat sie es als Verurteilung gesehen. Als Strafe. Und anfangs, glaube ich, war sie gar nicht sicher, hat ihrem eigenen Gedächtnis nicht getraut. Ich hatte ja auch einen anderen Namen.« Sie drehte sich zu ihm um, aber da das Licht hinter ihr war, konnte er den Ausdruck ihrer Augen nicht erkennen. »Früher wurde ich Janey genannt - mein erster Mann fand Felicity zu viktorianisch, und ich habe ihm seinen Willen gelassen. Später habe ich ein zweites Mal geheiratet, und damit änderte sich auch mein Nachname. Es waren immerhin fast dreißig Jahre vergangen, und die Menschen verändern sich auch äußerlich, auch wenn jeder versucht, es zu verhindern.« Sie lächelte dünn.
      »Und woher kannten Sie Jasmine?«
      Wieder lächelte sie. »Ich schätzte mich glücklich, sie als Babysitterin für Barry gefunden zu haben. Sie war nur zwei Jahre jünger als ich, verantwortungsbewußt, ehrgeizig, fleißig. Sie wollte es zu etwas bringen. An den Abenden und den Wochenenden, wenn sie nicht zum alten Mr. Rawlinson in die Kanzlei mußte, verdiente sie sich gern etwas dazu.«
      Sie ging zu ihrem Sessel zurück. Ihr Morgenrock öffnete sich ein wenig, als sie sich setzte, und enthüllte ein Stück Nylonnachthemd.
      »Es war ein ganz gewöhnlicher Samstag. Ich war beim Einkaufen
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