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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut
Autoren: Deborah Crombie
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hinausgefahren, und Kincaid hatte sich in seine Wohnung in Hampstead geschleppt und den traumlosen Schlaf des total Erschöpften geschlafen. Und nun - ganz gleich, ob er es verdiente oder nicht - war er entschlossen, aus diesem unerwarteten Geschenk das Beste zu machen.
      Als er, immer noch unsicher, ob er sich auf dem richtigen Weg befand, auf einer Anhöhe anhielt, kam die Sonne ganz durch und brannte heiß auf das Verdeck des Wagens. Plötzlich war es ein vollkommener Septembertag, warm und golden und voller Verheißung. »Ein gutes Omen für einen Urlaub«, sagte er laut und spürte förmlich, wie ein Teil seiner Schlappheit von ihm abfiel. So, jetzt brauchte er nur noch Followdale House zu finden. Der Wegweiser für Woolsey-under-Bank zeigte direkt über eine Schafweide hinweg. Besser, er warf noch einmal einen Blick in die Karte.
      Er hatte den Ellbogen im offenen Fenster des Midget und atmete bewußt den würzigen Duft der Hecken ein. Er fuhr langsam und hielt nach einem Anzeichen dafür Ausschau, daß er auf dem richtigen Weg war. Die Straße führte in Windungen an verstreut liegenden Bauernhöfen mit behäbigen, solide gebauten Häusern aus dem grauen Schiefer Yorkshires vorbei, und über ihnen zogen sich einladend Ausläufer bewaldeten Landes vom Hochmoor in die Weiden hinein. Kühle Nächte mußten diesem plötzlichen Auflodern spätsommerlichen Glanzes vorausgegangen sein, denn das Laub der Bäume färbte sich schon, Kupfer und Gold mit einem gelegentlichen Klecks Grün gesprenkelt. In der Ferne, oberhalb des Flickenteppichs von Feldern und Weiden und Moorlandschaft, stieg das Gelände steil zu einer hohen Wand an.
      Als Kincaid die nächste Kurve umrundete, sah er sich plötzlich am Rand eines Bilderbuchdorfs. Kleine Steinhäuser, typische Cottages, säumten die Straße, und aus Töpfen und Kästen fielen Geranien und Petunien in farbigen Kaskaden zur Straße hinunter. Zu seiner Rechten stand ein wuchtiger Stein mit der Aufschrift »Woolsey-under-Bank«. Die hohe Steilwand, die jetzt direkt hinter dem Dorf in die Höhe zu ragen schien, mußte Sutton Bank sein.
      Ein paar Meter weiter zeigte sich durch eine Lücke in der hohen Hecke ein steinerner Torpfosten mit einem eingelegten Messingschild. »Followdale« stand darauf, und unter dem Namen war eine voll erblühte Rose auf leicht gebogenem Stengel eingraviert. Kincaid stieß einen tonlosen Pfiff aus. Sehr vornehm, in der Tat, dachte er, als er den Wagen durch das schmale Tor lenkte und auf dem gekiesten Vorplatz anhielt. Er betrachtete Haus und Park überrascht und erleichtert. Er wußte selbst nicht recht, was er von einem englischen timesharing-Hotel erwartet hatte, verpflanzte Costa del Sol vielleicht oder prätentiöse viktorianische Wuchtigkeit. Ganz sicher nicht dieses georgianische Haus - elegant und beeindruckend in seiner Schlichtheit -, das in honigfarbenem Glanz im Licht des späten Nachmittags stand. Efeu nahm dem unteren Mauerabsatz die Strenge, und wilder Wein leuchtete in kräftigem Rot am oberen Teil des Hauses.
      Bei näherem Hinsehen zeigte sich, daß der erste Eindruck trog - das Haus war nicht wirklich symmetrisch, wenn auch das von einem Giebelfeld gekrönte Portal rechts und links von je einem Seitenflügel flankiert war; die linke Seite des Hauses war geräumiger und ragte in den Vorplatz hinein. Er fand diese Illusion von Ausgewogenheit angenehm, nicht so streng im Anspruch wie echtes Ebenmaß.
      Er nahm sich einen Moment Zeit, um seine Glieder zu strecken, ehe er aus seinem alten MG Midget stieg. Nur die Tatsache, daß die Sprungfedern im Fahrersitz schon Vor Jahren den Geist aufgegeben hatten, verhinderte, daß er beim Fahren mit dem Kopf ans Verdeck stieß. Er blieb stehen und sah sich um. Im Westen eine Reihe niedriger Bungalows, aus dem gleichen goldbraunen Stein gebaut wie das Haus, im Osten gepflegter Park im Schatten des Sutton Bank.
      Wohlgefühl schien durch jede Pore in seinen Körper zu sickern, und erst als er merkte, wie langsam und tief er atmete, wurde er sich bewußt, wie angespannt er gewesen war. Er verbannte die letzten hartnäckigen Gedanken an Arbeit, holte seinen Koffer aus dem Kofferraum und ging zum Haus.
      Die schwere Eichentür war nur angelehnt. Sie öffnete sich unter Kincaids Berührung, und er fand sich im typischen Vorsaal eines Landhauses, komplett mit Gummistiefeln und Schirmständer. Im Flur dahinter stand auf einem Seitentisch eine chinesische Vase mit Chrysanthemen,
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